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Drei Frauen im R4

Drei Frauen im R4

Titel: Drei Frauen im R4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Weiner
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dicht ans Auto heran. »Hilfe!«, rief ich ängstlich.
    »Jetzt ist aber mal gut«, gab Dieter Max Moors entfernter Cousin genervt zurück. »Die tun Ihnen nichts. Fahren Sie einfach los, dann können wir hier durch.« Er wedelte unbestimmt mit der Hand.
    Etwas überstürzt verabschiedeten wir uns von dem lauschigen Plätzchen. Fuchur war bestens ausgeruht und lief wieder, als wäre es nie anders gewesen. Nach ein paar engen Kurven führte der Weg zu einem langweiligen Ort.
    »Guckt mal, ein Rotkreuzladen!«, rief Nele plötzlich. »Das ist ja eine original Altkleidersammelstelle. So wie früher.«
    Renate trat auf die Bremse, und wir kamen direkt vor der Sammelstelle zum Stehen. »Die haben bestimmt einen BH für dich«, sagte Renate und grinste mich an.
    Zum Beispiel echte Lusttöter, halber Preis, die Körbchen spitz wie Eistüten, dachte ich. Unnachgiebiges Material in Brauntönen, die Perle oder Natur hießen und die nicht mal den Anschein von edel oder natürlich hatten.
    Aber Nele und Renate hatten schon Feuer gefangen. Sie sprangen aus dem Auto und eilten auf den Laden zu, dass man denken konnte, dort gäbe es Freibier. Widerwillig trottete ich hinterher. BH s und Slips in verschiedensten Farben und Formen, Riesengrößen und Tangaslips, Körbchen, so groß wie Schwalbennester, und dann auch wieder so kleine, die gerade mal einen Fingerhut beherbergen konnten. Ein einziges Durcheinander, das streng riechend auf einen Haufen geschichtet war, genau das war zu erwarten.
    »Muss das wirklich sein?«, fragte ich, als ich ein paar Schritte später angeekelt vor einem Haufen BH s und Slips in verschiedensten Farben, Formen und Größen stand. Ein streng riechendes Durcheinander, das Gott weiß was für Keime beherbergte. Ich sah meine Freundinnen an. »Wir lieben uns, aber wir sind zu verschieden für diese Reise.«
    »Nun mach schon«, Nele war ganz begeistert und verschwand beinahe mit dem Kopf in einem Unterhosenberg. »Da sind ganz schicke Sachen dazwischen.« Mit spitzen Fingern tastete ich mich an den Kleiderberg heran. Mir wurde etwas leichter ums Herz, als ich ein paar Exemplare entdeckte, die offensichtlich aus einer Geschäftsauflösung stammten. Die Preisschildchen waren ein deutlicher Hinweis auf die Unschuld der Teile.
    »Sieh dir diesen Fang an«, freute sich Nele. »Ungetragen und günstig.« Sie nahm mir die Teile aus der Hand und untersuchte das Preisschild. »Du, der hat mal fünfundvierzig Euro gekostet. Und jetzt nur noch einen. Die gehen bestimmt mit dem Preis noch runter, wenn wir mehr als ein Teil kaufen.«
    Mit »die« meinte sie eine ältere Dame, die Schuhe und Regenjacken in ein wackeliges Regal stopfte. Offenbar machte sie das ehrenamtlich. Sie sah nicht so aus, als hätte sie es nötig, sich mit gebrauchter Kleidung zu befassen. Im Gegenteil, ihr Parfum konnte ich von weitem riechen.
    »Ich dreh da noch was mit dem Preis«, erklärte Nele siegessicher.
    Bei dem Gedanken, dass Nele an der Kasse für mich feilschen würde, schämte ich mich jetzt schon zu Tode. Raus hier, dachte ich, nichts wie raus hier. Aber ich musste die Dinger ja noch anprobieren, denn als Hüterin der Niveadose ließ Nele sicher nicht zu, dass ich fünf BH s mitnahm, in der Hoffnung, dass einer passte. Gab es in diesem Etablissement überhaupt eine Kabine, oder war man aufgefordert, die Kleider öffentlich anzuprobieren?
    »Hey!«, rief Renate und zog ein lilafarbenes T-Shirt aus dem Regal. »Das kauf ich mir.«
    Nele rollte mit den Augen. »Wenn wir mit unserer Reisekasse so umgehen, dann sind wir bald pleite.« Sie drückte die Niveadose fest an ihre Brust. Mir war das so peinlich. Wir konnten uns doch Hunderte von diesen T-Shirts leisten.
    Die Ehrenamtliche tat, als würde sie uns und unser heiteres Gespräch nicht bemerken. Sie faltete ein paar Kinderpullover und rief aus sicherem Abstand: »Melden Sie sich einfach, wenn Sie so weit sind, ich komm dann nach vorne.« Dann bückte sie sich und ging hinter einem Mantelberg in Deckung.
    »Gammellook hieß das damals«, erinnerte sich Renate. »Wisst ihr noch? Alle wollten Gammler sein.«
    »Sind wir doch auch geworden«, antwortete ich. »Schau dich mal im Spiegel an.«
    Gerade dachte ich, schlimmer kann es nicht kommen, da hörte ich Nele fragen: »Könnte man bei Ihnen vielleicht duschen?«
    Ich erstarrte zur Salzsäule.
    Die Frau war sichtlich irritiert. »Duschen? Na ja, hm … Tja, also wir haben hier eine Dusche, aber ich weiß nicht …«, stotterte sie, und

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