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Drei Frauen im R4

Drei Frauen im R4

Titel: Drei Frauen im R4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Weiner
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vorgestellt und hatte Rastazöpfchen, die von einem bunten Tuch zusammengehalten wurden, und in der Hand hielt sie eine bunte Leine, die wohl zu dem kleinen Hund gehörte, der schwanzwedelnd auf mich zulief. Es war ein Terrier, braun-weiß gefleckt mit einem dunklen Auge, und er sah fast aus wie der Hund von den kleinen Strolchen.
    »Das ist Fips«, stellte Sonja den Hund vor.
    »Du bist also der kleine Herr, von dem Nele geschwärmt hat.« Ich ging in die Hocke und wuschelte Fips durchs Fell. Er gab mir brav die rechte Pfote.
    »Der ist ja wirklich zauberhaft«, sagte ich und richtete mich auf. Ich wusste, dass nicht nur Mütter, sondern auch Hundebesitzer gern ein Kompliment über ihren Liebling hörten. Schwanzwedelnd stupste Fips gegen mein Bein.
    »Na, na«, wehrte ich ihn freundlich ab. Mein Interesse an Tieren hielt sich eigentlich in Grenzen. Nele dagegen war hingerissen von Fips und strahlte übers ganze Gesicht.
    »Sonja arbeitet hier als Aushilfe. Und in den Ferien fährt sie nach Spanien, Hunde retten.«
    Die beiden waren mit der Rastafrau offensichtlich schon ganz auf Du und Du. Der Kaffee, den sie uns gekocht hatte, machte es mir allerdings auch ziemlich leicht, sie ebenfalls zu mögen. Er übertraf alles, was ich seit unserer Abreise zu mir genommen hatte.
    »Du«, begann Renate, während ich den heißen Kaffee Schluck für Schluck genoss. »Sonja hat gefragt, ob wir nicht Fips bis nach Luzern mitnehmen könnten. Der ist nämlich auch ein Hund aus Spanien, und in Luzern wartet sein neues Frauchen.«
    »Genau, Gritli heißt sie«, ergänzte Sonja, und Fips sah mich treuherzig an.
    »Hat er denn Papiere?«, fragte ich. Mit den Schweizern war nicht zu spaßen, wenn es um illegale Mitbringsel ging.
    »Nein, ihr müsstet ihn so mitnehmen«, erklärte Sonja. »Er kommt ja von der Straße.« Sie legte Tabak auf ein Blättchen und bröselte grünes Zeug darauf. Kein Zweifel, sie drehte einen Joint.
    »Das geht nicht«, erklärte ich kategorisch. »Die lochen uns glatt ein, mit so einem blinden Passagier. Oder noch schlimmer, sie denken, wir hätten den Hund entführt.«
    »Ach komm, jetzt sei nicht so ein Schisser«, ereiferte sich Renate. Typisch. Erst fragte sie mich, und wenn ich nicht gleich in die Luft sprang und hurra rief, stellte sie mich als konservativ und spießig hin. Allein ihr Blick genügte.
    »Jetzt trink erst mal deinen Kaffee«, sagte Sonja versöhnlich. »Wir können ja gleich in Ruhe drüber reden.«
    Sie zündete den Joint an. Ich dachte mir, so, ihr Pfeifen, jetzt zeig ich’s euch. Von wegen Schisser und spießig. Ohne abzuwarten, bat ich sie ganz forsch: »Lässt du mich mal ziehen, oder reichst du die Tüte eh herum?« Renate und Nele kifften nämlich nicht, weil sie sich davor fürchteten, dass ihnen schwindlig wurde.
    »Du willst da dran ziehen?« Sonja hielt mir den Joint hin. »Das sind Teeblätter aus Tibet, die bei Halsweh helfen.«
    Mein Mund verzog sich zu einem ertappt-enttäuschten Strich.
    Plötzlich gab der Tisch in unserem Rücken ein komisches Geräusch von sich. »Ich muss nach hinten, das Telefon klingelt«, sagte Sonja und sprang auf. Auf dem Tisch lag ein altes Babyphon, was ich erst jetzt bemerkte.
    »Damit hören wir das Telefon hinten klingeln. Wir haben nämlich keinen Anrufbeantworter«, erklärte uns die Ehrenamtliche, die noch immer die Regale sortierte.
    Fips nagte wieder an meinem Hosenbein. »Na«, machte ich etwas hilflos. »Na.«
    »Ach, lass ihn doch«, verteidigte Nele das Tier. »Der ist doch so süß!«
    Sie setzte sich im Schneidersitz auf den Boden und drückte Fips wie ein Baby an sich. Mütterliche Gefühle waren jetzt das Letzte, was ich brauchen konnte. »Lasst uns ihn mitnehmen, ist doch nur für ein paar Stunden. Und wir tun etwas Gutes.«
    »Es geht mir nicht um die paar Stunden im Auto, sondern um die Minuten an der Grenze«, brummte ich. Fips hatte sich auf den Rücken gelegt und ließ sich den Bauch kraulen. Auch Renate bückte sich nun und kraulte mit.
    »Wie goldig«, gurrten sie, »der ist noch so klein.«
    »Und wieso trägt er dann keine Windeln?«, fragte ich.
    »Komm schon, Trudi. Wir können da echt mal anarchomäßig einen Hund retten«, versuchte Renate mich zu beschwatzen.
    Gerade als ich zu einer Wehklage über die strengen Schweizer Behörden ansetzen wollte, rief Sonja aus dem Lager: »Margot, da war jemand am Telefon, der sagt, er hätte unsere Nummer auf dem Display gehabt. Ein Wolfgang oder so, aus Mannheim. Kennst du

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