Drei Gräber bis Atlantis
Ich dachte an Funde der Archäologen auf Kreta oder im Zweistromland. So ähnlich hatten deren Soldaten auch ausgesehen, und man sagte der minoischen Kultur auf Kreta ja nach, dass sie etwas von Atlantis übernommen hatte.
Der Hufschlag verklang.
Wenig später erreichten wir den großen Platz vor dem Haus des Delios. Und hier kannte ich mich wieder aus. Meine Blicke glitten an dem rechteckigen Säulenbauwerk in die Höhe. Ich dachte daran, als ich auf dem Dach gestanden und gegen die Helfer des Schwarzen Tods gekämpft hatte, den auf Flugdrachen sitzenden Skeletten. Diesmal war alles anders.
Äußerlich friedlich, aber trotzdem gefährlich, das spürte ich mit jeder Faser meines Körpers. Meine Begleiter waren bereit, den Frieden brutal zu zerstören.
Auf der freien Fläche zwischen zwei Säulen blieben wir stehen. Schräg zu den beiden Wachsoldaten, die mit gekreuzten Speeren vor dem breiten Eingang standen. Auch die anderen Eingänge an den verschiedenen Seiten wurden bewacht. Es würde für uns nicht einfach werden, den Palast ungesehen zu betreten, aber auch da wusste Mason Oriol eine Möglichkeit.
Ohne sich mit seinen beiden Begleitern abgesprochen zu haben, trennte er sich von uns. Ich folgte ihm mit meinen Blicken und sah ihn lautlos auf die beiden Soldaten zuhuschen. Da er von der Seite kam, sahen sie ihn erst sehr spät. Zu spät, denn plötzlich war er über ihnen. Ein wildes Handgemenge entstand. Waffen klirrten. Ich hörte die hellen Laute, wie sie über die Straße hallten, und einen Moment später hielt Oriol beide Speere in den Händen. Die Wachen lagen verkrümmt am Boden, als Mason seine Arme hob und die Spitzen der Speere senkte. Ich wollte schreien, das Wort blieb mir im Hals stecken, als ich sah, wie die beiden Waffen nach unten rasten und die Körper dort trafen, wo sie nicht geschützt waren. Die Soldaten hatten nicht die Spur einer Chance. Sie starben, wo sie lagen.
Spilker lachte leise. »Ist er nicht gut?« fragte er mich.
Ich gab ihm keine Antwort und folgte den beiden, weil Oriol ihnen zugewinkt hatte.
Er erwartete uns. Seine Augen leuchteten in dem durchsichtigen Gesicht. »Der Weg ist frei«, erklärte er uns. »Jetzt kommen wir in den Palast. Los, gehen wir!«
Ich warf noch einen Blick auf die beiden Toten. Sie lagen auf den breiten Stufen einer Treppe. Das Blut quoll aus ihren Körpern und rann allmählich die Treppe hinab.
Kaum hatten wir die große, kühle, säulengestützte Halle betreten, als wir leichte Schritte hörten. Ein Mädchen lief quer durch die Halle, so dass wir gezwungen waren, Deckung zu suchen. Die fanden wir hinter zwei Säulen. Auf eine lief das ahnungslose Mädchen zu.
Es schien aus dem Bad gekommen zu sein. Seine dunklen Haare waren nass und lockig. Um den Oberkörper trug es nur mehr ein helles Tuch gewickelt. Schuhe hatte die Kleine nicht an. Ihre nackten Füße patschten auf den Marmorboden.
»Hol sie, Spilker!«
Oriol hatte den Befehl gegeben. Ich ahnte, dass Spilker wie sein Meister reagieren würde, aber das Leben des Mädchens wollte ich retten und kam ihm zuvor. Blitzschnell huschte ich aus meiner Deckung und tauchte wie ein Geist vor der Kleinen auf.
Selten habe ich in ein so erschrecktes Gesicht geschaut, wie in diesem Augenblick. Die zierliche, schwarzhaarige Person wusste nicht, was überhaupt geschehen war, und ich ließ sie auch nicht dazu kommen, einen Schrei auszustoßen, denn blitzschnell hatte ich ihr eine Hand vor den Mund gepresst. Reflexhaft ließ sie das Handtuch los. Es fiel zu Boden, und sie stand in voller Blöße da.
Das Mädchen wehrte sich auch dann nicht, als ich sie hinter eine Säule schleifte, wo sie von der Halle aus zunächst nicht so leicht gesehen werden konnte. Erst jetzt nahm ich die Hand von ihrem Mund und legte gleichzeitig einen Zeigefinger auf meine Lippen, wobei ich hoffte, dass sie diese Geste verstand und keinen Laut von sich gab. Sie blieb auch ruhig. Dafür kamen die anderen und rahmten uns ein. Mason Oriol sprach mit mir. »Sie wird mir gehören…«
Ich stach meinen Zeigefinger vor. »Du wirst sie nicht töten. Hast Du verstanden?«
Wir starrten uns an. Dann grinste er hinterlistig. »Ich will nur etwas von ihr wissen.«
»Frag sie.«
Mason Oriol beugte sich vor. »Kennst Du mich noch, Kleine? Hast Du mich schon einmal gesehen?«
Das Mädchen war noch nicht aufnahmebereit. Es atmete hektisch, und Oriol sah sich gezwungen, seine Frage zu wiederholen. Wie schon bei meinem ersten Besuch in Atlantis
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