Drei Gräber bis Atlantis
sind sie so gut wie unbesiegbar. Begreifst Du das, John Sinclair? Es sind nicht die einzigen, die mir gehorchen. Ich habe noch mehr Diener, die dem Hüter der Zeit zugetan sind, aber sie halte ich noch in Reserve. Delios, der mich verbannte, wird dafür büßen. Nicht umsonst hat er mich in die trockenen Sümpfe gejagt und ein magisches Band darum gezogen, das ich jetzt durchbrechen kann.«
Nach dieser Antwort wusste ich endlich, wo wir uns befanden. In den trockenen Sümpfen also. Und so sah mir die Umgebung auch aus. Eine in graues Zwielicht getauchte, leer wirkende Landschaft. Ich kam mir dabei vor wie in einer gewaltigen Schüssel stehend. Es gab keinen Bewuchs, kein Wasser. So ähnlich musste es auch in den weiten Salzwüsten des Staates Utah aussehen. Das Zwielicht wirkte wie eine Glocke.
Sie hing über unseren Köpfen und ließ keinen Blick auf den Himmel zu. Wenn ich zurückschaute, sah ich in der Ferne, wie ein Fanal der Hoffnung einen roten Punkt, der immer kleiner wurde. Es war das A!
Und es trieb von uns weg.
Mason Oriol musste erraten haben, was ich dachte, denn er begann feist zu lachen. »Ja, wir treiben im Meer der Zeit. Wir drehen uns, treiben weg, nähern uns gleichzeitig und kommen doch nicht vom Fleck. Es ist die Zeit, die vierte Dimension, in der wir uns befinden. Sie dehnt sich hier aus, und sie bleibt trotzdem stehen. Sie wird größer, aber auch kleiner, so dass sich beide Kräfte aufheben können. Eigentlich befinden wir uns in einem Gefängnis ohne Zeit. Sie vergeht hier nicht. Aber es gibt auch noch einen anderen Begriff dafür. Es ist das Gefängnis des alten Atlanten«
»Das Du durchbrechen kannst?«
»Nur durch den Untergang des Kontinents, der vieles mit sich riss und manche Kräfte zu einiger Bewohner Gunsten oder Ungunsten verschob. Ich hatte Glück gehabt und konnte dieses zeitlose Gefängnis überwinden, aber ich bin wieder zurückgekehrt, denn es ist mir gelungen, ein Spiel zu konstruieren und es mit meiner Magie zu füllen. Das Spiel der drei Gräber war der Schlüssel, um das Tor zur Vergangenheit zu öffnen. Da ich diesmal aus der Zukunft komme und mir Wissen angeeignet habe, ist es mir auch möglich, das Zeitgefängnis zu verlassen. Und auch diejenigen, die an meiner Seite kämpfen, werden mich auf meinen Rachezug begleiten. Wie auch Du, John Sinclair. Wenn wir gewinnen, werde ich Dich möglicherweise wieder in Deine Zeit zurückkehren lassen, damit Du siehst, was sich dort inzwischen ereignet hat.«
»Soll ich denn da etwas tun?« erkundigte ich mich gespannt.
»0 ja«, erwiderte er. »Ich habe meine Falle genau aufgebaut, denn innerhalb gewisser Grenzen ist es mir gelungen, die Gegenwart zu manipulieren. Das heißt, ich habe die Grenzen abgesteckt, und sie sind mein Geschäft, mein Laden. Weißt Du, wer sich dort befindet?« erkundigte er sich mit hohnlachender Stimme.
Mir rann es kalt den Rücken hinab. Gleichzeitig bildete sich in meinem Magen ein dicker Kloß. »Ja, ich weiß es. Meine beiden Freunde, nehme ich an.«
»Genau die, John Sinclair. Sie leben in der Gegenwart, doch durch meine Manipulation der Zeit werden sie ein Phänomen an sich feststellen, das schrecklicher als jede Folter ist. Sie erleben das, was sonst Jahrzehnte dauert, innerhalb einer Stunde. Deine beiden Freunde werden zu Greisen und zerfallen anschließend, wenn ihre Knochen keinen Schmelz mehr besitzen, zu Staub…«
Er hatte mich bei den letzten Worten scharf angesehen. Wahrscheinlich wollte er sich an meinem Schrecken weiden, den Gefallen tat ich ihm nicht. Es fiel mir verdammt schwer, so ruhig zu bleiben und nüchtern zu denken, aber mir fiel plötzlich ein Name ein.
Es war der Name des Dämons Kel-Aba. Er, der versucht hatte, die Zeit zu überwinden, um die Ewigkeit zu erleben, war ebenfalls gescheitert. Auch mit meinem, dem Blut eines Gerechten, in den Adern, war ihm dies nicht gelungen. [1]
Und dieser Gedanke gab mir Hoffnung. Leider nur für mich persönlich. Was mit meinen beiden Freunden wurde, stand in den Sternen. Sie würden sich kaum gegen das Grauen wehren können.
»Macht es Dir etwas aus?« fragte mich Mason Oriol.
»Ja, bestimmt. Wer je in seinem Leben Freunde gehabt hat, dem muss es etwas ausmachen.«
»Du wirst sie bestimmt noch einmal sehen. Die Frage ist nur, ob Du sie dann erkennst, wenn höchstens die mit Spinnweben überdeckten Schädel von ihnen zurückgeblieben sind und Du kaum erkennen kannst, welcher nun zu wem gehört.«
Spilker, der Totengräber ließ
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