Drei Hände Im Brunnen
dem kurzen Weg über den Aventin begegnen mochte.
Petro und ich gingen in die andere Richtung. Wir waren unterwegs zur Zyklopenstraße auf dem Caelius. Wir wollten Asinias Freundin befragen.
Ihr Name war Pia, aber das schmuddlige Mietshaus, in dem sie wohnte, überzeugte uns im Voraus davon, dass ihr hochtrabender Name unpassend sein würde. Schwer zu sagen, wie sie sich mit jemandem anfreunden konnte, der sich in einem so guten Ruf sonnte wie Asinia, doch wir hatten gehört, dass die Freundschaft schon Jahre zurückreichte. Ich war zu alt, um mir Gedanken darüber zu machen, wie Mädchen ihre Freundinnen auswählten.
Wir stiegen mehrere Stockwerke über stinkige Treppen hinauf. Ein Hausmeister mit einem Kropf ließ uns ein, lehnte es aber ab, uns zu begleiten. Wir kamen an dunklen Eingängen vorbei, kaum erleuchteten Schlitzen in den geschwärzten Wänden. Unsere Tuniken bekamen Schmutzflecken, wenn wir das Geländer streiften. Wo Licht einfiel, tanzten dicke Staubflocken. Petronius hustete. Es gab ein hohles Echo, als wäre das Haus unbewohnt. Vielleicht hoffte irgendein Magnat, auch noch die letzten Mieter zu vertreiben, damit er das Haus abreißen und mit kräftigem Gewinn neu aufbauen konnte. Während es des Abrisses harrte, hatte sich die Luft mit dem dumpfigen Geruch von Verzweiflung gefüllt.
Pia schien auf Besuch zu warten. Sie schaute sogar noch interessierter, als sie sah, dass wir zu zweit waren. Wir gaben ihr zu verstehen, dass wir nichts kaufen wollten, und sie verfiel in eine weit weniger freundliche Stimmung.
Sie rekelte sich auf einer Leseliege, wenn auch offenbar nicht zur geistigen Erbauung. Es gab nichts zu lesen. Ich bezweifelte, dass sie überhaupt lesen konnte. Sie hatte langes Haar in einem seltsamen Zinnoberrot, das sie wahrscheinlich als Kastanienrot bezeichnen würde. Ihre Augen waren unter den dunklen Ringen aus Holzkohle und gefärbtem Blei kaum zu sehen. Ihre Wangen waren gerötet, was nichts mit guter Gesundheit zu tun hatte. Sie trug eine kurze Untertunika in Gelb und darüber eine längere, durchsichtigere in einem hässlichen Türkis; das Obergewand hatte Löcher, aber sie zog es trotzdem an. Gazestoff ist nicht billig. Jeder Finger war protzig beringt, sieben grünliche Ketten lagen eng um ihren dürren Hals, sie hatte Armbänder, sie hatte Glücksbringer aus minderwertigem Metall an dünnen Fußkettchen, sie hatte klimpernden Haarschmuck. Pia übertrieb alles, bis auf den Geschmack.
Trotzdem konnte sie ein warmherziges, aufrichtiges Püppchen sein.
»Wir möchten mit dir über Asinia reden.«
»Haut ab, ihr zwei«, entgegnete sie.
XXXI
»Du liebst doch Herausforderungen, fang du an«, sagte ich zu Petronius.
»Nein, du bist der Experte für unfreundliche Trullas«, gab er höflich zurück.
»Gut, dann entscheidest du«, lud ich Pia ein. »Welchen willst du?«
»Ihr könnt mich mal.« Sie streckte die Beine aus. Wenn sie weniger dreckig gewesen wären, hätten sie mehr hergemacht.
»Nette Stelzen!«, log Petronius in seinem leichten, bewundernden Ton. Ein Ton, den die Mädchen drei Sekunden lang für echt hielten, bis sie merkten, dass er höhnisch war.
»Verpisst euch.«
»Lass dir doch mal was Neues einfallen, Süße.«
»Wie lange kanntest du Asinia?«, erkundigte ich mich. Petronius und ich würden uns bei der Befragung abwechseln, und jetzt war ich dran.
»Seit Jahren.« Trotz ihres Getönes konnte sie nicht widerstehen, die Frage zu beantworten.
»Wo habt ihr euch kennen gelernt?«
»In dem Laden, in dem sie bedient hat.«
»Der Kerzenmacherei? Hat man dich da zum Einkaufen hingeschickt?« Ich hatte erraten, sprach es aber nicht aus, dass Pia früher Sklavin gewesen war. Inzwischen musste sie unabhängig sein, wenn auch nicht gut betucht.
»Wir plauderten gern.«
»Und seid zusammen zu den Spielen gegangen?«
»Da ist doch nichts dabei.«
»Ist es auch nicht – wenn ihr tatsächlich dort wart.«
»Aber ja!« Das kam schnell und entrüstet heraus. Bisher log sie nicht.
»Hatte Asinia einen Freund?« Petronius übernahm.
»Die doch nicht.«
»Vielleicht einen, von dem sie selbst dir nichts erzählt hat?«
»Das würde ich gern mal erleben. Die kann doch kein Geheimnis für sich behalten. Nicht, dass sie je welche gehabt hätte.«
»Sie liebte ihren Mann?«
»Ganz schön blöd. Haben Sie ihn kennen gelernt? Das reinste
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