Drei Maenner fuers Leben
Schrank und griff dann nach ihrem Mantel. »Gestatten Sie?«
Sie bezweifelte, dass ihr Ego noch viele derart harte Schläge aushalten konnte. Sie verabscheute sich für ihre Ungeschicklichkeit, nein, sie verfluchte sich dafür. Doch dann erinnerte sie sich daran, dass es eine Zeit gegeben hatte, in der sie in einer solchen Situation Zuflucht bei einer Riesentüte Kartoffelchips gesucht hätte.
Also kehrte sie ihm den Rücken zu und befahl sich, tief durchzuatmen, während er ihr den Mantel um die Schultern legte.
Mit mehr Hast als Anmut duckte sie sich dann, schlüpfte unter seinem Arm hindurch und schnappte sich ihre Handtasche. »Wir können gehen.«
In dem Restaurant mit dem sanften Kerzenlicht und dem guten Wein entspannte sich Naomi allmählich. Ian war ein wunderbarer Gesprächspartner, und er konnte gut zuhören. Und sie war höchst überrascht, dass sie so viele gemeinsame Interessen entdeckten.
»Ich mag den Geist und den Charme von Folkloremusik«, sagte sie. »Deshalb habe ich sie auch für unseren Laden gewählt. Ich glaube, dass Folkloremusik die Stimmung der Kundschaft hebt, ohne aufdringlich zu wirken.«
»Waren Sie im Sommer auch auf dem Keltenfestival?«
»Leider nicht. Ich arbeite im Moment viel und habe so gut wie nie einen ganzen Tag frei.«
»Geht mir genauso.« Er hatte ein Stück von seinem gegrillten Portobellopilz auf seine Gabel gespießt und hielt es ihr hin. »Ich war aber trotzdem dort. Herrliche Musik … und die Tänzer, ganz erstaunlich.«
»Ich liebe Stepptanz.« Ohne nachzudenken beugte sie sich vor, um mit dem Mund den Bissen von seiner Gabel zu nehmen. »Ist es nicht seltsam, wie etwas so Diszipliniertes und Präzises so sexy aussehen kann? Mmm.« Sie schluckte. »Schmeckt köstlich.«
»Möchten Sie noch mehr?«
»Nein, danke. Ich habe übrigens eine Schwäche für italienisches Essen.«
»Ich auch. Wenn Sie möchten, mache ich Ihnen irgendwann einmal eine echt tolle Hähnchen-Piccata.«
»Sie kochen?« Sie versuchte sich vorzustellen, wie er in seiner Küche herumhantierte, gab es dann aber schnell wieder auf, weil sie befürchtete, ihr Blutdruck würde steigen. »Ich könnte mich mit einer Venusmuschelsoße revanchieren.«
»Dann werden wir wohl bald einmal ein großes Essen anberaumen müssen.« Als sie nur vage lächelte, ermahnte er sich, kein allzu schnelles Tempo vorzulegen. Sein Großvater war nicht der einzige MacGregor, der Ränke schmieden konnte. Und einen Plan hatte er schon.
»Naomi, ich möchte Sie um etwas bitten.«
»Ja?« Sie warf ihm einen verständnislosen Blick zu, während ihre Vorspeisenteller abgeräumt wurden und der nächste Gang aufgetragen wurde.
»Es ist etwas, das Ihnen vielleicht ebenso viel Spaß machen würde wie mir. Ich will nämlich eins meiner Zimmer in eine Bibliothek umwandeln. Ich habe auch schon bestimmte Vorstellungen im Kopf und wollte Sie fragen, ob Sie nicht Lust hätten, sie mit mir durchzusprechen und mir womöglich noch ein paar Tipps zu geben. Und dann könnten Sie mir auch ein bisschen helfen, meine Sammlung aufzustocken.«
»Ja, gern.« Sie schluckte ihre Enttäuschung herunter und sagte sich, dass es so besser sei. Natürlich war er nur auf geschäftlicher Ebene an ihr interessiert. Was hatte sie anderes erwartet? »Sie sammeln Erstausgaben und andere Raritäten als Kapitalanlage?«
»Nein, nicht unbedingt. Ich wünsche mir eine richtig schöne, behagliche Bibliothek und will meinen Bestand ausweiten. Anfangen möchte ich mit meinen Lieblingsautoren, und dann bin ich bereit, ein bisschen zu experimentieren.«
»Ich helfe Ihnen gern dabei. Wenn Sie mir eine Liste von dem geben, was Sie bereits haben und wonach Sie suchen, können wir von dort aus anfangen.«
»Großartig. Haben Sie irgendwann Zeit, sich den Raum und meine Pläne anzuschauen?«
»Ja, sicher. Sagen Sie mir einfach nur, wann es Ihnen passt.«
»Wie wäre es mit Sonntag, gegen sechs?«, fragte er und lächelte entwaffnend.
Mehr als ein Nicken brachte sie nicht zustande, sie war einfach zu überrascht und verwirrt von seinem Lächeln.
Als Ian vor Naomis Apartmenthaus anhielt, kam ein Wind auf und rauschte durch die Blätter der Bäume. Der Mond ergoss sein Licht über die Straße und den Bürgersteig, und aus dem Autoradio erklang leise verträumte Musik.
Es war seiner Meinung nach ein perfekter Abend.
Ihr dezenter Duft erfüllte das Auto. Sie war lockerer geworden, und als sie auf der Heimfahrt weiter über Bücher gesprochen hatten, war sie
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