Drei Schwerter für Salassar (Gesamtausgabe): Die Saga der Adamanten-Welt (German Edition)
dürre, schmalbrüstige Gestalt, dessen Muskelkraft gerade ausreichte, Schriftrollen zu tragen und den Federkiel über Pergament zu schwingen!«
»Und was geschah mit ihm?« fragte Churasis in seinem Traum und kam sich vor wie ein Herrscher, der sich in einer Mußestunde vor geschickten Dichtern Märchen erzählen lässt.
»Dieser Narr träumte den Traum weiter, nachdem er mich verlassen hatte. Und so hielt er sich tatsächlich für den großen und tapferen Barbarenkrieger! Also gürtete er sich das Schwert, das er sich heimlich gekauft und seit Jahren hinter denn Schrank versteckt hatte um. Und dann ging er in die Taverne >Zum Goldenen Stiefel »Die ist mir bekannt!« gab Churasis zu.
»Dann kannst du dir vorstellen, was geschah, als diese Schreiber den >Goldenen Stiefel< betrat, dort in rüdester Barbarenmanier die Gäste anrempelte, nach Wein grölte, die anwesenden Frauen auf unflätigste Weise unterhalb des Gürtels berührte und schließlich mit dem Schwert herumfuchtelte!« In der Stimme des Scamittar lag ein ironischer Unterton.
»Man hat ihm sicher das Schwert zerbrochen und ihn dann >weitergereicht<, wie man dort so zu sagen pflegt." mutmaßte Churasis, der sich in allen Tavernen und Weinhäusern von Salassar bestens auskannte.
"Richtig!" nickte Scamittar. "Man nennt dieses 'Weiter reichen' auch, das >Rondo des Goldenen Stiefels< tanzen. Man wird reihum geschoben und erhält von jedem der Anwesenden einen gehörigen Puff oder eine Ohrfeige. Jedenfalls ist der Schreiber des Oberherrn auf eine mehr als unglückliche Art endlich aus seinen Barbarenträumen erwacht.
Bedauerlicherweise gelang es ihm, nachdem er sich vom Gassenkot gereinigt hatte, sofort eine Abteilung der Stadtwache zu finden, mich zu ergreifen und hierher zu bringen. Jetzt sitze ich hier - alles nur wegen der Großmut, einem Schreiber des Oberherrn die kühnsten Phantasien seines Inneren jedweder Art eine Traum-Realität werden zu lassen. Hüte dich also, beim Erwachen das Benehmen eines Sultans zu zeigen. Die Wächter hier unten haben dafür nicht das geringste Verständnis!«
»Ich habe verstanden!« gab Churasis zurück. »Doch so lange ich hier im Kerker bin - lass mich an deinen Phantasien teilhaben!«
»Gern!« Scamittar lachte lauthals. »Gemeinsam machen die Träume viel mehr Spaß. Doch höre - man trägt auf. Lehne dich also zurück und ergötze dich an dem, was geschickte Küchenmeister zubereiteten!«
Der Kerkermeister, der in diesem Augenblick die Zelle betrat, schüttelte nur den Kopf, als er die beiden Gefangenen mit verklärten Augen auf dem Stroh liegen sah. Er stellte das kärgliche Essen in den tönernen Näpfen vor sie hin. Hirsebrei mit fettem Fleisch, altes Brot, einen Krug mit Wasser und eine kleine Karaffe mit saurem Wein - das war hier unten die Tagesration.
In den Traumwelten, in denen sich Churasis unter der Führung des Scamittar bewegte, wurden diese kärglichen Speisen jedoch zu einem exzellentes Menü, das auch der Kyrios von Decumania nicht abgewiesen hätte. Befremdet verließ der Kerkermeister die Zelle, als er sah, dass ihm die beiden Zauberer auf eine unnachahmliche Art hoheitsvoll-dankend winkten. Er schlug die Tür zu und schob knirschend den Riegel ins Schloss.
»Nun, mein Bester. Geruhen wir also zu speisen!« vernahm Churasis die Stimme Scamittars. Gleich dem Illusionszauber griff er mit bloßen Händen in das für ihn köstlich duftende Gericht und brach etwas von dem weißen Brot ab. Auch einen Schluck Wein ließ er sich munden.
Merkwürdig, vor seinen Augen waren die raffiniertesten Delikatessen kunstvoll angerichtet, seine Zunge spürte jedoch nur den Geschmack von Hirsebrei, ranzigem Brot und Wein, der langsam in Essig überging. Gut so - denn dann war der Übergang in die tatsächliche Welt für ihn doch nicht mehr so schlimm. Falls ihm das Schicksal gestattete, die Zelle lebendig zu verlassen. Churasis schluckte den letzten Bissen Brot herunter und trank den Rest Wein.
»Und nun werden wir uns an den schönsten Dingen erfreuen, die das Leben für einen Mann bereithält! Lass dich nun verzaubern und erfreuen von der Schönheit und Grazie des weiblichen Körpers. Kommt herbei, meine Schönen, und erfreut uns mit eurem Tanz!«
Von irgendwoher ertönte plötzlich die leise Musik einer kunstvoll geblasenen Flöte. Dazu der sanfte Klang einer Harfe. Schöne junge Mädchen in goldenen Gewändern tauchten aus dem Nichts auf und begannen, einen Reigen zu
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