Drei Tage voller Leidenschaft
Lächelns.
»Darf ich etwas vorschlagen, Alisa«, sagte er, sorgsam seine Worte auswählend, weil er das feine Gleichgewicht zwischen ihren Wünschen und den Gefahren, die sie offensichtlich wahrnahm, nicht zu stören gedachte. »Wenn Sie vielleicht zufällig morgen nachmittag wieder in diese Gegend spazieren, könnte ich die Schischkin-Landschaft von einem meiner Diener herbringen lassen, damit Sie sie sehen können, da Sie ja glauben, nicht zum Tee in mein Schlößchen kommen zu können.«
Alisa zögerte nur flüchtig. Sie wollte so gerne das Gemälde kennenlernen und Prinz Kuzan wiedersehen, und er versicherte ja, daß ein Diener zugegen sein würde. Nikkis Erwähnung des Dieners gab Alisa, die bereits empfänglich gestimmt war, die notwendige Respektabilität, um alle Bedenken auszuräumen.
»Das würde mir sehr gut gefallen. Bis morgen also«, winkte Alisa fröhlich und rannte durch die schlanken Birkenstämmchen davon.
Gott sei Dank war ihr Mann geschäftlich in Helsinki, dachte Alisa dankbar. Normalerweise überwachte er ihre sämtlichen Schritte, aber sein Sohn, der die scharfe Bewachung in Abwesenheit seines Vaters übernahm, war weniger umsichtig als der alte eifersüchtige Forseus. Alisa hatte innerhalb ihres Anwesens zudem wesentlich mehr Freiheit. Das Gelände war so groß und abgelegen, daß Waldemar Forseus glaubte, sein kostbarster Besitz sei vor fremden Augen hier völlig sicher.
Am folgenden Morgen war es bewölkt, und es nieselte.
Alisa war schon beim Erwachen seltsam erregt, als sie die Vorhänge aufzog und den grauen, wolkigen Morgen sah. Sie wollte Prinz Kuzan wiedersehen, aber sie wußte nicht, warum, und das Wetter erlaubte es vielleicht nicht, daß sie ausging. Sie saß fast den ganzen Morgen beim Fenster, las ihrer Tochter vor und versuchte, nicht an die beunruhigenden Gefühle in ihrer Brust zu denken.
Auch Nikki wachte mit sonderbaren Gefühlen auf. »Merde«, fluchte er. Eine Verführung im Regen würde unangenehm, auch wenn sie trotz des Wetters kam. Es war immerhin der dritte und letzte Tag, um seine Wette zu gewinnen.
Warum drängte es ihn so sehr, mit Madame Forseus zu schlafen? überlegte Nikki. Er, der sich gerade erst wieder über die Monotonie der Frauen beschwert hatte. Es war nicht das Geld von der Wette. Das brauchte er kaum, und eine Wette zu gewinnen oder zu verlieren machte ihm auch nicht viel aus. In den seltenen Fällen, wenn Nikki einmal verlor, verlor er mit dem gleichen Anstand, wie beim Gewinnen. Aber er spürte eine seltsame, bemerkenswerte Anziehungskraft, die von dieser zierlichen Frau ausging, eine Anziehung, die nichts mit seiner sonstigen Lust zu tun hatte. Alisa war zu tugendhaft, überlegte er. Eine zuvor unüberwindbare Tugend, die nun zu erobern war. Genau das schenkte ihm die prickelndste Vorfreude.
Gegen Mittag kam die Sonne in all ihrer Pracht zum Vorschein. Nikki rief nach seinem Kammerdiener Jukko und ließ ihn das Gemälde holen.
Man brachte den Picknickkorb, den er bestellt hatte, und die beiden Männer machten sich auf den Weg zum Rendezvous. Jukko war ebensosehr Diener wie ein Freund Nikkis, denn er war seit den Kindertagen des Prinzen sein Gefährte – und zwar ein besserer als die meisten aller höhergestellten Freunde. Außerdem war er der beste Messerwerfer, den Nikki jemals gesehen hatte. Nikki nahm den gutmütigen Spott des jungen Mannes gern entgegen.
»Keine Sorge, Jukko, ich passe schon auf. Tu nur alles, was ich dir gesagt habe. Wenn Madame Forseus Gelegenheit hatte, das Gemälde ausgiebig zu betrachten, nicke ich dir versteckt zu, und du bringst das Bild zurück und läßt uns allein. Urho hat mir gestern beim Satteln erzählt, daß der alte Händler in Helsinki ist und erst in zwei Wochen wieder zu Hause erwartet wird. Urhos Schwester ist Kammerjungfer bei den Forseus’. Du siehst, ich brauche nicht mit einem wütenden Ehemann zu rechnen.«
»Dann brauche ich bloß mit meinem pukko Wache stehen und alle Eindringlinge abwehren.«
»Nein, Jukko, diesmal nicht. Geh einfach zurück hierher, wenn ich dir zunicke, und probier’ eine Flasche von meinem neuen Branntwein. Frag Aleksej danach, der weiß, wo sie stehen.«
Nikki war absichtlich wieder zu früh da und sah zu, wie Jukko das große Gemälde gegen einen Stamm lehnte.
Dann streckten sich beide Männer im Gras aus und warteten auf Madame Forseus.
Kurz darauf erschien sie – leicht außer Atem, weil sie über die letzten Felder gerannt war. Sie hatte bis zur letzten
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