Drei Tage voller Leidenschaft
mir die Butter aufs Kinn tropft?«
»Du kannst sie überall hintropfen lassen, mein Liebling.« Nikkis Stimme hatte einen samtigen Unterton bekommen.
»Ich bete den Freigeist in dir geradezu an«, gestand Alisa mit einem lustvollen Lächeln und griff herzhaft nach einer Spargelstange.
»Das ist mir … das eine oder andere Mal schon aufgefallen.« Nikki grinste wolfsartig.
Alisa, die bereits den ersten zarten Spargel verzehrte, lächelte und erwiderte mit vollem Mund: »Iß, Schatz, du brauchst all deine Kraft.«
Dieses harmonische, freundliche Geplauder setzte sich durch alle vier Gänge des köstlichen Mahls fort. Nikki schenkte sich als Gentleman die Zigarren und den Portwein allein und konzentrierte sich vollständig auf die Unterhaltung seiner Dame.
Als sie später an diesem Abend am Kamin saßen, zog er sie an sich, blickte ihr tief in die Augen und sagte noch einmal: »Ich liebe dich.«
Alisa blickte ihn ungläubig und mit Tränen in den Augen an. »Ich dachte, das war ein Traum. Du hast das schon einmal gesagt, auf unserem Heimweg.«
»Ich habe dich fast verloren«, sagte er leise.
»Ich habe dich von Anfang an geliebt«, flüsterte Alisa.
»Liebe ist ein Wort, das ich bisher immer vermieden habe – bis jetzt.«
»Aber … ich bin einfach zu liebenswert«, neckte sie ihn.
Er lächelte auf sie herab und fühlte sich wie gesegnet – ein ungewöhnliches Gefühl für einen Mann mit seinem Ruf. »Ja«, sagte er, und dann wurde seine Stimme ganz rauh. »Ich bin ein glücklicher Mann.«
In den Tagen, die nun folgten, entwickelte sich zwischen diesen beiden Liebenden, die in ihrem aufbrausenden Temperament einander so ähnlich waren, eine intime Beziehung. Sie schliefen und aßen, sie lachten und redeten – und sie waren einer Meinung. Sie spielen mit Katelina und lasen zusammen oder machten gemeinsame Spaziergänge Hand in Hand. Der Rhythmus ihrer Tage war heiter und gelassen, der Rhythmus ihrer Nächte leidenschaftlich und intensiv. Sie lebten in einem Kokon der Liebe, dachten nur an die eigenen Belange und vergaßen die Welt draußen.
Die Sommernächte waren nun sehr kurz, und an vielen Abenden saßen sie nach der Sauna auf der Veranda des Badehauses, die auf den See hinausging, und sahen zu, wie die schimmernden Farben der untergehenden Sonne bis weit in die Abendstunden hinein über den See spielten. Das Land der Mitternachtssonne schien ihnen einen extravaganten, großartigen Hintergrund für diese wunderbaren Tage der Glückseligkeit zu bieten. An diesen Abenden, wenn es warm und still war und die Luft schwer vom Duft der Gräser und des Klees, sangen sie oft zusammen die alten finnischen Volkslieder. Nikkis Baß und Alisas Sopran klangen mit Katelinas kindlich-hoher Stimme in perfekter Harmonie. Ihre Beziehung, zuvor so ungestüm und wild, war nun perfekt.
Spät eines Abends, nachdem sie Katelina zu Bett gebracht hatten, saßen Nikki und Alisa in der Bibliothek zusammen. Nikki nahm seinen Schlaftrunk, wie er es gewohnt war, aber in Maßen und nicht mit der gleichen leichtsinnigen Unmäßigkeit wie zuvor. Der Prinz war glücklich – nicht in seiner üblichen manischen Überschwenglichkeit, die er oft für Freude gehalten hatte, oder mit der befriedigten Lust, die einen gewissen Trost geboten hatte, sondern mit einem tiefen, glücklichen Gefühl von Zufriedenheit. Er sah Alisa unter gesenkten Wimpern her an, die auf einem kleinen Sofa auf der anderen Seite des türkischen Teppichs saß und in Wickelmanns Pompeji-Buch vertieft war. Sie war die Seine und stolz darauf, und sie würde ihm sein Kind schenken. Ein seltsames Gefühl von Erfüllung durchdrang sein Herz. Darauf freute er sich wirklich. Er war nicht bloß glücklich, weil sie glücklich war, sondern glücklich in sich selbst.
Hätte er die Zeit anhalten können, dann wäre es jetzt geschehen. Er war zufrieden. Früher hatte er immer auf eine unsichere Zukunft hin gelebt, in der Hoffnung, morgen die Erfüllung seiner rastlosen Sinne zu finden. Doch nun wünschte er sich weder die Vergangenheit noch die Zukunft. Er erlebte ein Glück, das ihm seit zwanzig Jahren versagt geblieben war, und er wollte, daß die Zeit einfach stillstand.
Den Angehörigen dieses sonnigen, zufriedenen Haushalts in Mon Plaisier war es nicht bekannt, daß Nikkis Vater von dem gefährlichen Entführungsversuch durch Waldemar Forseus informiert war.
Prinz Michail tobte und fluchte, während er an diesem warmen Sommermorgen in seinem Arbeitszimmer in Petersburg
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