Drei Unzen Agonie
Bürste nachlässig auf den Toilettentisch fallen und griff nach einem
schwarzen Morgenmantel, der über der Stuhllehne hing. »Was würde wohl der
kleine Bruder sagen, wenn er uns jetzt sehen könnte ?«
»>Typisch meine mannstolle
Schwester<, würde er sagen«, meinte ich.
Sie preßte die Lippen zusammen
und schlüpfte rasch in den Morgenmantel. Ich streckte ihr das Glas entgegen,
und sie riß es mir fast aus der Hand. Sie trank gierig einen langen Zug und
blickte mich dann über den Rand des Glases hinweg an.
»Finden Sie mich nicht
attraktiv, Danny ?«
»Ich verschwende meine
männliche Brutalität erst dann an eine Auftraggeberin, wenn der Scheck eingelöst
worden ist«, versetzte ich. »Wollen Sie nicht den Rest meines Berichts hören ?«
»Doch. Erzählen Sie .« Jetzt wurde sie nachdenklich, doch nicht meinetwegen.
»Cindy Vickers behauptet,
Jonathan gäbe kein Geld für sie aus. Er zahlt lediglich die Miete für ihre
Wohnung. Das ist alles .«
»Ha!« Sie verdrehte die Augen.
»Wollte sie Ihnen auch weismachen, daß sie noch unberührt ist ?«
»Leo Stahl meint, Sie hätten
durch das ständige Beisammensein zueinandergefunden. Zwei einsame Menschen, die
Tag für Tag nebeneinander arbeiten und dann eines romantischen Abends — ich war
zu Tränen gerührt.«
»Sie haben mit Mutter Malone
gesprochen«, stellte sie gelassen fest. »Sie ist der Meinung, ich wäre mit dem
Satan im Bunde und hätte nichts anderes im Sinn, als die Männer mit Haut und
Haar zu fressen .«
»Ursula Owen machte mir den
Eindruck eines sehr netten Mädchens, wenn auch ein wenig befangen und hölzern«,
fuhr ich fort. »Slessor habe ich noch nicht kennengelernt .«
»Slessor?« Sie hob die Brauen.
»Wer ist denn das ?«
»Ich habe läuten gehört, daß er
Ihr neuester Freund sein soll«, log ich.
»Ich habe keinen Freund und
kenne niemanden mit dem Namen Slessor .« Ihr Ton war
gleichgültig. »Haben Sie denn sonst keine faszinierenden Informationen
gesammelt? Haben Sie denn gar nichts festgestellt, was uns helfen könnte, den
Dieb der Formel zu finden ?«
»Eine Theorie lautet, daß Sie
selbst den Diebstahl begangen haben. Ihnen liegt angeblich ungeheuer viel daran
zu vermeiden, daß Ihr Bruder Sie an seinem Geburtstag aus dem Sattel hebt. Aus diesem
Grunde haben Sie die ganze Sache inszeniert, natürlich mit dem Ziel, ihn zum
Dieb abzustempeln. Ich vermute, daß das Testament Ihres Herrn Vaters einige
Klauseln darüber enthält, unter welchen Umständen Jonathan von der
Geschäftsführung ausgeschlossen bleibt .«
»Stimmt .« Sie nickte. »Und was halten Sie von der Theorie, Danny ?«
»Ich halte sie für plausibel«,
antwortete ich. »Es liegt im Bereich des Möglichen, daß Sie Ihre Romanzen mit
Fremont und Stahl nur deshalb anfingen, um sich der Hilfe der beiden zu
versichern. »Wenn Sie sich mit Fremont arrangierten, dann haben Sie vielleicht
doch nicht das gesamte Geld, das Sie in das neue Parfüm steckten, verloren .«
»Wenn Sie jemals den Beruf des
Privatdetektivs aufgeben, können Sie sich bei mir als Taktiker melden, Danny .« Sie lächelte breit. »Das wäre eine tolle Neuerung in der
Parfümbranche .«
»Die ganze Sache ist so
verschwommen«, sagte ich. »Nichts ist greifbar. Man hat das Gefühl, in einem
Sumpf zu versinken. Sie gaben mir den Auftrag festzustellen, wer die Formel
gestohlen hat. Jetzt bin ich nicht einmal mehr sicher, ob Ihre Formel überhaupt
gestohlen wurde. Vielleicht gaben Sie sie freiwillig an Fremont weiter, um
Jonathan loszuwerden .«
»Und ich dachte, ich wäre durcheinander«, rief sie lachend.
»Erzählen Sie mir von Ihrem
Verhältnis zu Fremont«, forderte ich sie auf.
»Lassen Sie mich nachdenken .« Sie hob das Glas zum Mund und leerte es. »Unsere Firma
hat mich schon von Kind an fasziniert. Meine Mutter starb, als Jonathan zur
Welt kam, deshalb schloß ich mich meinem Vater sehr an. Er nahm mich häufig mit
ins Büro, und als ich älter wurde, lernte ich auch die Fabrik und das Labor
kennen. In den Semesterferien arbeitete ich im Geschäft. Charles Fremont war
damals unser erster Chemiker. Ich betrachtete ihn als eine Art höheres Wesen.
Sie dürfen nicht vergessen, daß ich damals ganze achtzehn Jahre alt und sehr
romantisch war. Eines Tages während der Sommerferien sagte er, er müsse länger
im Labor bleiben, weil er an einem Spezialprojekt arbeitete, und ich könne
helfen, wenn ich Lust hätte. Ich war Feuer und Flamme. Der große Mann bat mich,
das kleine unwissende
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