Drei Wunder (German Edition)
größten Teil des ganzen Straßenblocks in den Pacific Heights einzunehmen schien.
»Kein Problem«, sagte Calla, nahm eine Handvoll Stifte aus einem Becher von ihrem Nachttisch und reichte sie herum.
Es war eigenartig, sie in ihrem eigenen Zimmer zu sehen. In einem Schrank mit Glastüren lagen ordentlich gefaltet ihre exklusiven Kleidungsstücke, die Kissen türmten sich am Kopfende ihres Bettes, als seien sie frisch aufgeschüttelt worden und der elfenbeinfarbene Teppich war weich und ohne einen einzigen Fleck. Das ganze Zimmer sah eher nach einem Ausstellungsraum als nach einem Mädchenzimmer aus, in dem Übernachtungspartys stattfanden. Sogar Calla selbst wirkte leicht fehl am Platze.
»Okay«, begann Calla und teilte die CDs in kleinere Stapel auf. »Denkt daran, wir suchen nach etwas, was cool ist, aber nicht zu einschüchternd. Wir kennen unsere Eltern und wissen, sie glauben gerne, sie gehen mit der Zeit, aber insgeheim hoffen sie auf irgendwas mit Bob Dylan und Joni Mitchell.«
»Ich liebe Bob Dylan«, warf Eve schmollend ein.
»Ja klar, das tun viele«, scherzte Calla, »aber niemand will ihm beim Jammern zuhören, während man versucht, sich einen anzutrinken.« Sie stand auf und durchquerte das Zimmer, um zu Olivia zu gelangen. »Und, wie Graham so treffend erklärt hat, je betrunkener die Leute werden«, fuhr sie fort, »desto großzügiger sind die Schecks, die sie ausstellen, oder?«
Olivia nickte, während Calla ihr einen Stoß CDs und Promo-Material reichte.
»Madonna, du bist viel zu weit weg«, stellte sie fest, als sie sich wieder aufs Bett setzte. »Komm rüber zu uns. Wir beißen nicht.« Calla streckte ihren schmalen Hals und blickte nach rechts und links, was Olivia an einen Vogel oder eine geschmeidige Dschungelkatze erinnerte.
»Lark vielleicht schon«, warf Eve ein, und Calla und sie bekamen einen Lachanfall. Lark bohrte ihren Stift in Eves Knie, während Olivia zu ihnen hinüberging und sich vorsichtig auf eine Bettkante setzte.
»Na, ist doch schon mal ein Fortschritt.« Calla lächelte und drehte sich zu ihrem Nachttisch, wo ein teurer Radiowecker und CD-Player inmitten einer Reihe von gerahmten Fotos stand.
Olivia kniff die Augen zusammen, um die Personen auf den Fotos besser erkennen zu können, als Eve sich auch schon vorbeugte und eines in die Hand nahm.
»Was ist das denn?«, fragte sie trocken. Ihre dunklen Augen wurden schmal, und sie zog die Mundwinkel abfällig nach unten.
Nun konnte Olivia erkennen, dass es ein Schwarzweiß-Foto von Calla und Soren war, wie sie auf einer Bank im Schulhof saßen. Calla lag in seinen Armen, und Sorens Kinn ruhte in ihrer Halsbeuge. Sie lachte gerade, ihre Haut war glatt und makellos, ihre Augen strahlten. Sein Lächeln war zweifellos glücklich – das ruhige Lächeln von jemand, der verliebt ist.
Olivias Fingerspitzen kribbelten, und ihr Nacken wurde heiß.
»O nein«, sagte Lark, packte den Rahmen und öffnete die oberste Schublade des Nachtkästchens. »Das kann ja wohl nicht hier stehen.«
Calla nahm ihr das Foto ab und stellte es zurück. »Was ist schon dabei?«, sagte sie abwehrend. »Nur weil wir eine Beziehungspause machen, heißt das doch nicht, dass wir keine Freunde mehr sind. Ich muss nicht so tun, als sei er tot oder so was.«
Lark starrte Eve nachdrücklich an, die Arme vor der Brust verschränkt. »Also?«, fragte Lark gedehnt. »Sagst du es ihr oder nicht?«
Eve zog die Ärmel ihres gepunkteten T-Shirts über die Daumen und fummelte nervös am Saum.
»Was soll sie mir sagen?«, fragte Calla, und ihr Blick eilte von einer zur anderen.
Olivia rutschte das Herz in die Hose. Hatte Eve sie damals doch gesehen? Würde man sie jetzt vor allen anderen zur Rede stellen?
»Was ist los, Leute?«, fragte Calla, leise und langsam und auf eine Weise, die deutlich machte, dass sie die Antwort eigentlich gar nicht wissen wollte.
»Nichts«, murmelte Eve und warf Lark einen bösen Blick zu, bevor sie eine tröstende Hand auf Callas Knie legte. »Es ist nur, na ja, Graham sagte, dass Soren ihm letztes Wochenende beim Üben etwas erzählt hat, und ich überlege schon die ganze Zeit, ob ich es dir sagen soll oder nicht …«
»Er trifft sich mit einer anderen!«, platzte Lark dazwischen. Sie atmete tief ein und aus und drehte sich zu Calla. »Es tut mir wirklich leid, Cal. Aber ich dachte, du solltest das wissen.«
Callas Blick war immer noch auf den Stoß mit CDs in ihrem Schoß gerichtet. Einen langen, sehr langen Moment
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