Drei Wunder zum Glück (German Edition)
Gelegenheit, ihre Mutter kennenzulernen.
Nicht, dass sie dachte, es würde einfach. Jetzt war ein neuer Tag, und die gestrige Fahrt in die Klinik schien fast unwirklich. Und nun war Hazel hier vor dem Eiscafé, kam einfach unangemeldet vorbei und rief Jaime damit in Erinnerung, dass all das Wirklichkeit war. Wie war Hazel nur auf die Idee gekommen, Jaime würde sich darüber freuen?
Nur weil sie plötzlich einen Grund hatte, Jaime kennenzulernen, hieß das noch lange nicht, dass Jaime ein Interesse daran hatte, sich kennenlernen zu lassen!
Hazel schloss die Augen und lehnte sich gegen das Schaufenster. Sie holte gerade zum wiederholten Mal tief Luft, als Jaime herauskam und sich neben sie auf die Stufen setzte.
»Mir reicht’s«, murrte sie. »Heute geht es zu wie beim Meldeamt. Man sollte meinen, die Leute hätten bessere Laune. Meine Güte, die holen sich bei mir doch kein neues Nummernschild, sondern ein Eis!«
Hazel lächelte. Es tat gut zu hören, dass Jaime wie immer klang.
»Was machst du denn hier?«, fragte Jaime.
»Rosanna hat mich in die Stadt geschickt«, antwortete Hazel, »und da wollte ich einfach mal hallo sagen.«
»Hallo«, murrte Jaime und stieß mit dem Fuß nach einer klebrigen, getrockneten Eiscremespur auf dem Boden.
»Hast du vielleicht Zeit zum Mittagessen?«, fragte Hazel. Sie hatte diesen Plan noch nicht richtig durchdacht und musste improvisieren. Vielleicht wäre es gut, etwas zusammen zu essen.
Hazel reckte den Hals und entdeckte an der Ecke einen Pizzastand, vor dem sich bereits eine Schlange gebildet hatte. »Du solltest wahrscheinlich etwas essen, weißt du.«
Sie trat auf die Straße und wich ein paar Studenten aus, die alle das gleiche braungraue T-Shirt ihrer Uni trugen.
»Halt«, hörte sie Jaime hinter sich rufen. »Auf keinen Fall. Nein. Nein und nochmals Nein. Auf keinen Fall!«
»Auf keinen Fall was?« Hazel drehte sich um.
»Du wirst auf keinen Fall anfangen, mich zu bemuttern«, sagte Jaime und verschränkte nachdrücklich die Arme vor der Brust. »Wenn ich eine Gouvernante hätte haben wollen, hätte ich es Rosanna erzählt.«
»Was meinst du denn?«, fragte Hazel. »Ich habe nur gefragt, ob du was essen willst.«
»Ich werde essen, wenn ich Hunger habe«, gab Jaime zurück. »Nur weil bei mir ein … Ding im Bauch wächst, heißt das nicht, dass ich plötzlich vergessen habe, was man als Mensch im Allgemeinen so tut.«
Hazel wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Ein Ding ? Ein Baby war doch kein Ding. Sie war kein Ding. Und sie hatte nur helfen wollen.
»Okay«, Hazel seufzte. Ihr wurde klar, dass es nach Jaimes Bedingungen ablaufen musste, wenn sie mit ihr zusammen sein wollte. »Was willst du dann machen?«
»Als Erstes«, sagte Jaime, stand auf und ging in die andere Richtung, »will ich so schnell wie möglich von hier weg.«
Hazel beeilte sich, mit ihr mitzuhalten, und folgte ihr zum Hafen und den Kai entlang, wo es Cafés und alle möglichen Läden gab. Die meiste Zeit liefen sie schweigend, aber ab und zu deutete Jaime auf die verschiedenen Buden. Sie kannte den Stand mit den besten gebackenen Muscheln oder mit der fettigsten Pizza. Genauso wusste sie, welche die Touristenfallen mit den hässlichsten T-Shirts oder total überteuerten Souvenirs waren. Schließlich landeten sie vor dem Karussell, das Hazel schon bei der Ankunft auf der Insel aufgefallen war.
»Das Flying Horses «, verkündete Jaime stolz. »Es ist das älteste Karussell im ganzen Land.«
Sie stürmte die breite Vordertreppe hinauf und nahm gleich drei Stufen auf einmal, Hazel folgte ihr. Gleich am Eingang wurde sie vom aufdringlichen, buttrigen Duft nach Popcorn willkommen geheißen. Im Inneren herrschte ein Durcheinander aus Farben und Lärm, Zirkusmusik und Kindergeschrei, das wellenartig von der drehenden Plattform her auf sie einströmte.
»Es geht darum, den Messingring zu bekommen«, erklärte Jaime und deutete auf einen langen Metallarm, der aus einer Wand ragte. Während das Karussell sich drehte, streckte jeder Reiter auf dem äußeren Kreis des Karussells den Arm aus und versuchte, die dort aufgereihten Ringe zu fassen und auf einen kleinen silbernen Stab zu stecken, der aus der langen Mähne jedes Pferdes ragte. Manche Reiter schnappten sich einfach einen Ring, während andere mit geschickten Fingern gleich drei oder vier auf einmal erwischten.
»Ich glaube, mein Rekord waren sieben auf einmal«, erzählte Jaime strahlend. »Ich habe es schon ewig nicht mehr
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