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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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»Also, das ist nun die neue Dina, die du geben willst? Diese – diese aufmüpfi ge Person?«
    »Ja«, erwidere ich fest.
    Er springt auf. »Gut!«, sagt er fröhlich. »Dann machen wir das so!« Und ist draußen.
    Ich schnappe nach Luft. Eigentlich müsste man auf ihn einprügeln, auf diesen Hundesohn, der mich so gekonnt zappeln lässt. Aber ich bin viel zu erleichtert und froh, um mich aufzuregen.
    Das Theater hat mich angenommen. Nun wirklich. Und er ? Wir spielen wieder zusammen ...
     
    Sie tritt auf die Straße und sieht sich um. In diesem Augenblick ver steht sie nicht, warum sie damals, als sie das Künstler-Theater Laskarow gesucht hat, so entsetzt über diese Gegend war. Einige Frauen und ein paar von den Händlern, die vor ihren Läden stehen, grüßen sie freundlich. Bestimmt hat man sie als Sulamith gesehen und erkennt sie wieder. Außerdem ist es ja ihr täglicher Weg.
    Der Buchhändler, bei dem sie sich damals nach dem Theater erkundigt hat, kommt gerade von einer Besorgung zurück, den Zigarrenstummel schief im Mund. »Guten Tag, Fräulein Lamedé. Na, der Gang zu den Laskarows hat sich ja gelohnt für Sie.« Sie nickt ihm zu und geht weiter.
    In der Durchfahrt zu einem der vielen Hinterhöfe sitzt ein alter bärtiger Mann mit Schirmmütze und spielt eine exotisch klingendeMelodie auf der Ziehharmonika und ein paar Kinder versuchen zu tanzen.
    Sie kommt an dem Taubengeschäft vorbei. In großen Buchstaben steht mit Kreide auf einer Tafel: »Eins a Brieftauben jetzt verbilligt«. Sie könnte heute einen ganzen Schwarm von Brieftauben versen den. Heute ist ihr so. Heute ist ihr Tag. Sie muss lächeln.
    Beschwingt geht sie nach Hause und hat das Gefühl, dass sie nach dem heutigen Erfolg im Theater vielleicht noch mehr erreicht. Auch bei ihrem Vater ...
    Es kann doch gar nicht sein, dass er, ein sonst so kluger und so feinsinniger Mann, sich wirklich und wahrhaftig mit diesen Typen von gestern Abend gemein macht. Sie will versuchen, ihm ins Gewissen zu reden. Vielleicht wird sie doch zu ihm durchdringen, so wie sie sich jetzt fühlt, so selbstbewusst.
    Das Erste, was sie sieht, ist: Im Flur sind die merkwürdigen Armbinden verschwunden. Dafür steht der kleine Vulkanfi berkoffer ihres Vaters hinter der Tür.
    Harald Lasker kommt aus dem Schlafzimmer, bereit zur Abreise, schon in Hut und Mantel. Er sieht bleich aus.
    »Ich habe auf dich gewartet«, sagt er fi nster und bleibt im dunklen Flur stehen. »Wollte nicht fort, ohne dir auf Wiedersehen zu sagen. Ich hab es eilig.« Er mustert sie. »Das gestern Abend ... das war eine üble Sache.«
    »Das fi nde ich auch!«, entgegnet Leonie vorsichtig. Sollte er bereit sein, sich zu entschuldigen für seinen Umgang mit diesen fürchterlichen Leuten? Das wäre ja ein Anfang. Sie sieht ihn erwartungsvoll an. »Hast du nicht doch noch ein paar Minuten Zeit, mit mir in Ruhe zu reden?«
    Er schüttelt den Kopf. »Geht nicht. Gut, dass du gekommen bist. Ich muss dir das noch sagen: Diese Andeutungen von dir – wolltest du mich ... auffl iegen lassen vor den Kameraden? Ich will mal voraussetzen, dass du keine Ahnung hast, was du angerichtet hättest, wenn die dich richtig verstanden hätten, wie ich denn ›das Weltjudentum in den eigenen vier Wänden bekämpfe‹. Mit mir wäre es aus gewesen im Frontkämpferbund! Aus und vorbei!«
    Er geht nervös in dem kleinen Flur auf und ab.
    Leonie kommt es vor, als wenn man sie mit kaltem Wasser übergossen hätte. Ihre Hoffnungen schwinden und ihre gute Stimmung verwandelt sich in Enttäuschung. »Wenn du mich fragst, ich wäre froh, wenn es so käme, Papa! Warum siehst du das nicht ein?« sagt sie, und es klingt hitzig.
    Harald Lasker steht seiner Tochter gegenüber. Er ballt die Fäuste, öffnet sie, schließt sie wieder. Sein Wangenmuskel zuckt.
    »Dass die paar Tage in Frankreich dich so verderben könnten – das habe ich wahrhaftig nicht vermutet!«, sagt er böse. »Das, was wir vorhaben, das geschieht doch für euch, für jemanden wie dich, du dummes Ding, damit es dir einmal besser gehen kann. Ohne diesen Dreck überall, diese Arbeitslosigkeit, all das ...« Er atmet schwer. »Sieh dich doch um, wie wir hier leben, in dieser Wohnung, in diesem Land! Und so geht es Hunderttausenden! Da fragt man sich, wozu man überhaupt ...« Er bricht ab, es scheint ihm die Kehle abzuschnüren.
    »Papa!« Leonie fällt es schwer, ihn so verzweifelt zu sehen. Hilfl os steht sie ihm gegenüber. Sagt dann: »Wenn du dich das fragst

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