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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Rabbinertochter. Es ist lange her. Ich war vielleicht ... neun Jahre? Hab kaum Erinnerung daran. Ich gab nur einen bösen Buben, der die Thora nicht lernen wollte. Eine ganz kleine Rolle. Aber ich erinnere mich, da waren Buchstaben.«
    »Und wo finden wir das? Hier? Da?« Sie deutet nach rechts und links.
    »Mehr am Anfang. Ist ja lange her.«
    »Hier, wo wir gerade gesucht haben?«
    Er schüttelt den Kopf. »Umgekehrt. Wir schreiben von rechts nach links, also wir werden auch stapeln von rechts nach links«, meint er.
    »Also?!«, sagt sie. Sie kann ihre Ungeduld kaum noch bremsen. Schlomo streckt zwei Finger aus wie ein Wünschelrutengänger,schreitet die Reihe ab, den Kopf zurückgelegt, die Lider gesenkt, und murmelt die Titel von Stücken vor sich hin. Leonie folgt ihm beklommen.
    »Irgendwo zwischen >Die beiden Waisen‹ und >Hochzeit zum Spaß‹«, sagt er träumerisch. »Das war in dem Jahr, als ich ...« Er vollendet den Satz nicht, öffnet den Deckel einer weiteren Kiste. Leonie stürzt sich auf den Inhalt, wühlt sich mit Schlomo gemeinsam durch bunte Bandschleifen, »goldene« Ringe, blecherne Kaffeetassen, rot lackiert, Spazierstöcke, Brillen ohne Gläser, Pfeile, Äpfel aus Wachs, bis sie auf den Grund kommen. Nichts.
    Schlomo hebt den nächsten Deckel hoch. »Mirale Ephras!«, verkündet er feierlich. »Bitte sehr!«
    Unter einem Satz Schreibtafeln, neben Kippas (den Käppchen, die Männer zu tragen haben und wie sie sie vom Sabbatmahl her kennt) und blechernen Gewürzständern, löcherigen Körben und Wasserkrügen, nachgebildeten Thorarollen, leeren Tintenfässern und einem Satz Gänsekielen zum Schreiben fi nden sie eine Kassette, ähnlich dem Schmuckköfferchen der Selde Laskarow, aber unverschlossen.
    »Elies Rachmones!«, staunt Schlomo. Die Kassette ist angefüllt mit goldglänzenden hebräischen Buchstaben.
     
    Schlomo hat drei Kisten aus der Reihe gezogen und im Kreis aufgestellt. Auf einer sitze ich. Auf der anderen liegen unsere »Schätze« ausgebreitet. Auf der dritten sitzt er, breitbeinig, die Füße nur mit den Zehen auf dem Boden wie an dem Abend in seiner Garderobe, und sortiert vorn übergebeugt die Buchstaben.
    Ich knete meine Hände. Mein Mund ist trocken. »Die Zeichen warten auf dich!«, hat Isabelle gesagt. Müsste ich jetzt nicht etwas spüren? Aber da sind nur Leere und Aufregung.
    »Hm. Also dreimal Aleph, einmal Mem und zweimal Taw.« »Und welcher ist der Richtige?«, frage ich heftig.
    »Ich weiß es nicht.«
    »Und nun?«, sage ich hilfl os und starre auf diese sechs Zeichen, die infrage kommen. Ich fühle mich wie im Märchen, wo jemandein Haus mit einem Kreidekreuz kennzeichnete, um es wiederzuerkennen, und wer anders übertölpelte ihn, indem er den ganzen Straßenzug mit Kreuzen versah ... Irgendwie hege ich immer noch die aberwitzige Hoffnung, dass mir der richtige, der mystische Buchstabe, eine Botschaft zukommen lässt, dass von ihm ein Strahlen ausgeht, eine Aura, ein – was weiß denn ich.
    Aber die sehen alle gleich aus. Vergoldetes Nickel wahrscheinlich und nicht einmal besonders gut gearbeitet.
    »Wozu wurden die eigentlich angefertigt?«, frage ich.
    Schlomo runzelt nachdenklich die Stirn. »Ich glaube«, beginnt er gedehnt, »Tate hatte eigentlich eine Abmachung getroffen mit einer Schul, also wo die Kinder Hebräisch lernen. Die wollte sie ihm hinterher abkaufen, als Lernmittel sozusagen. Und dann haben sie Nein gesagt. Ich weiß das noch, weil er sich aufgeregt hat damals, dass es so Peschoremacher gibt, so Leute, die ihr Wort nicht halten. In unserm Stück haben sie gedient, zu zeigen, wie wichtig ist Lernen.« Er verzieht den Mundwinkel. »Ist, glaube ich, ein ziemlich schlechtes Stück gewesen.«
    Er hat in jeder Hand einen der Buchstaben, wiegt sie gleichsam.
    Ich bin aufgesprungen. »Das ist es! Wenn einer davon aus Gold ist und die anderen sind nur nachgemacht aus irgendwelchem Buch, da muss der doch schwerer sein!«
    Mit Feuereifer beginnen wir, die einzelnen Stücke auf den Händen abzuwägen. Aber sie sind alle gleich.
    Das echte Zeichen kann nicht darunter sein.
    Mir schießen die Tränen in die Augen.
    Schlomos Arme umfangen mich von hinten, halten mich fest. »Duschenju! Mein Leben, meine Seele! Ist es so schlimm?«
    »Ich habe diesen Auftrag«, sage ich mühsam. »Isabelle wartet.«
    Mit einem Seufzer lässt er mich los. Wir setzen uns wieder auf unsere Kisten und starren dieses unselige Sortiment von hebräischen Buchstaben an, diese

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