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Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1

Titel: Drei Zeichen sind ein Wort - Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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haben vielleicht bei sich zu Haus eins der Zeichen. Mein Herz klopft. Ich muss da rein. Aber dann lese ich ganz unten: Ende der Vorstellung elf Uhr. Und: Billetts nur gegen Naturalien.
    Abgesehen davon, dass ich es meinem Vater nicht zumuten kann, ohne vorherige Absprache erst kurz vor Mitternacht nach Haus zu kommen – ich habe ja keine »Naturalien«, mit denen ich bezahlen könnte. Natürlich ist das ein grandioser Einfall, in Zeiten, wo das Geld jeden Tag weiter an Wert verliert, ein Billett sozusagen einzutauschen gegen etwas Greifbares. Neben dem Plakat entdecke ich dann noch eine kleine »Preisliste«, eine Art Umrechnungsangebot, beginnend mit »Billett Loge und Parkett Reihe 1-10 = 1 Pfd. Zucker oder 2 Pfd. Mehl oder wahlweise eine Spitztüte Kaffeebohnen oder 1 koschere Wurst. Von Eiern oder Butter bitten wir abzusehen.« Und so geht das dann weiter nach unten. Der billigste Platz ist ein halbes Pfund Mehl wert. Ich muss lachen. Natürlich. Die Butter wird ranzig und die Eier gehen kaputt!
    Als ich durch das Tor in den weiten Innenhof gehe, sehe ich, dass sich gegenüber vor dem Quergebäude eine lange Schlange gebildet hat. Dort müssen also wohl der Haupteingang und die Theaterkasse sein. Außerdem steht vor einer Tür eine Gruppe junger Mädchen in mei nem Alter, tuschelnd und kichernd. Das kenne ich. Der Eingang für die Künstler, und die Verehrerinnen warten auf ihren Lieb lings schau spieler. Ich muss ans Schauspielhaus am Gendarmenmarkt denken und mein Warten dort auf Fritz Kortner... Das war ganz ähnlich – nur mit dem Unterschied, dass icherst nach der Vorstellung da gestanden hatte, nicht schon zuvor, wie diese da.
    Forsch gehe ich an den Mädchen vorbei und öffne die Tür, bin drin – und sofort stürzt sich ein Pförtner in speckiger Livree auf mich, die Mütze schräg auf dem Kopf, und packt mich am Arm. Ganz normal, um dem »Star« die lästigen Anbeterinnen vom Hals zu halten. »Nix da, Frolleinchen! Hier schmuggelt sich keene rin!«
    Ich lächle ihn an. Habe schließlich Erfahrungen, in Theater hineinzukommen.
    »Ich bin wegen der Requisite hier. Der Prinzipal sucht doch eine Aushilfe!«, lüge ich.
    »Hab ich nischt von jehört!«, sagt der Pförtner misstrauisch. »Wartense mal hier, Herr Laskarow is noch nich im Hause.«
    In diesem Moment geht die Tür hinter mir wieder auf; die Mädchen draußen haben sich gesagt: Was die kann, können wir auch, und gleich drei oder vier drängen sich herein. Der Portier rückt sich entschlossen die Mütze gerade und tritt den Eindringenden mit ausgebreiteten Armen entgegen, als wolle er Hühner verscheuchen.
    Ich nutze die Chance und renne die Treppe hoch, höre den Mann nur noch brüllen: »So jeht det aba nich, Frollein!«, aber da er ja »an zwei Fronten kämpfen« muss (ein häufi ger Ausdruck von meinem Vater, den Krieg betreffend), kann er nicht hinter mir her, und ich biege um die Ecke und bin weg.
    Ein langer Gang, Pappschilder an den Türen. »Garderobe Damen«, »Garderobe Herren«, dann schließlich »Garderobe Frl. Minas« – das dürfte dann wohl die weibliche Hauptdarstellerin sein, die Sulamith. Ganz am Ende des Gangs noch ein Raum, beschriftet mit: »Garderobe M.+ S. Laskarow«.
    Ich halte die Luft an. Ob das Brüder sind? Dann hätte ich gleich zwei Onkel ...
    Von unten höre ich das Gekreisch der Mädchen, die sich offenbar immer noch gegen den Pförtner durchsetzen wollen, dann schlägt eine Tür, und dann ist es still.
    »Herr Laskarow is noch nich im Hause...«, so hieß es doch. Ganz vorsichtig drücke ich die Klinke herunter. Die Tür ist unverschlossen. Ich stecke den Kopf in den Raum. Schnuppere. Schließe kurz die Augen. Der unverkennbare, für mich berauschende Geruch von Schminke und parfümierter Vaseline, von getragenen Kleidern und Staub und welken Blumen.
    Dann bleibe ich auf der Schwelle stehen, sehe mich um. Chaos. Auf den Garderobentischen ein Durcheinander an bunten Farben, Pinsel verschiedener Größen, offene Schminktöpfe. Benutzte Abschminktücher. Eine Perücke und ein falscher Bart in Grau. Ein vergoldeter Haarreif. Der Kleiderständer ist kaum noch zu sehen unter orienta lischen Fantasiekostümen. Ein Theaterschwert. Zwei Paar ausgetretene Schuhe mit hochgebogenen Spitzen, wie sie die Mohrensklaven in der »Zauberfl öte« tragen. Eins davon hat höhere Absätze. Als Kontrast daneben ein paar Kamelhaarpantoffeln. Und in der Ecke ein Stapel unabgewaschener Teller.
    »Das ist doch wirklich der Gipfel von

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