Dreibettzimmer: Roman (German Edition)
Sander hieß er. Nein, irgendwas anderes mit Sand. . . Sandro? Nein, der Sandmann war es, ja genau.«
»Anne will, dass du sofort wieder nach unten kommst.«
Er geht zum Schrank, holt ein paar Joggingsachen heraus und zieht sich so selbstverständlich um, als wäre das hier die Kabine eines seiner Fitnessstudios.
»Darf ich noch duschen, Schatz?«
»Nein.«
Seufzend zwänge ich mich in die nach Rauch stinkenden Kleider. Trotzdem fühle ich mich großartig. Mr. Perfect reicht mir meine Schuhe. Als ich meinen Arm danach ausstrecke, lässt er sie fallen, schnellt vor, kneift mir in die Wange und schlackert daran.
»Der Kleine hat ja ganz rote Bäckchen. Wo warst du denn gestern Abend? Hast du in dieser Einöde einen Puff gefunden?«
Schon wieder so ein ungepflegter Herrenwitz. Der Typ muss entweder schizophren sein oder im tiefsten Innern ein Arsch. Eine kluge, wenn auch schrullige Frau wie Anne müsste ihn doch locker durchschauen, oder? Offenbar nicht, sonst würde sie ihn wohl kaum heiraten.
»War mir eine Freude«, ätze ich tonlos zum Abschied.
»Mir nicht.«
Offenbar stinkt ihm meine Anwesenheit ebenso sehr wie mir die seine. Was will er hier überhaupt noch? Jedes Kind kann sich ausrechnen, dass er Leonies echter Vater ist, und dann kann ich mich von der Kolumne verabschieden. Dazu kommt, dass ich so aufgeblasene Typen wie Mr. Perfect noch nie ausstehen konnte. Ich baue mich vor ihm auf, nicht Nase an Nase, dafür ist er zu groß, aber immerhin meine Nase an seinem Kinn – wenn ich mich ein bisschen strecke.
»Setz dich, Arnie.«
»Damit du mir in die Augen schauen kannst?«, frotzelt er.
»Was ist dein Problem?«, frage ich.
Er sieht mich spöttisch an und winkt ab. »Kein Problem. Was stört es die Eiche, wenn sich ein Schwein an ihr reibt?«
Mist, kein schlechter Spruch. Muss kurz nachdenken.
»Wenn das Schwein lange genug reibt, fällt die Eiche«, kontere ich halblaut.
Mr. Perfect lächelt siegesgewiss und beugt sich zu meinem Ohr herunter. »Hör mal, Caspar. Wir können die Sache gern unter Männern austragen. Ich will dich aber nicht verletzen.«
Deine ganze Anwesenheit hier verletzt mich schon seit Tagen, will ich rufen, aber stattdessen flüstere ich leider: »Wähle die Waffe.«
Jetzt grinst er noch etwas breiter und raunt drohend: »Lindenblütenaufguss.«
Ich schaue ihn fragend an.
Mr. Perfect grinst. »Wer am längsten in der Sauna bleibt.«
Ich komme schon mal ins Schwitzen. Vielsagend ziehe ich die Augenbrauen hoch, nicke, bedanke mich versehentlich für die Nacht in seiner Suite und schreite auf etwas wackeligen Beinen den Herausforderungen des Tages entgegen.
Anne räumt mit starrem Gesicht das Zimmer auf, als wäre es ihr durcheinandergeratenes Leben. Keine Ahnung, was da gestern Nacht zwischen ihr und Mr. Perfect vorgefallen ist. Paare streiten sich ja eh ständig. Ich setze mich in den Sessel und sehe ihr zu.
»Was ist los?«
Als hätte sie nur auf ein Stichwort gewartet, fährt sie herum und stemmt die Hände in die breiten Hüften.
»Du kippst um, übergibst dich, wir fahren dich in die Notaufnahme, und dann verschwindest du einfach für eine Nacht? Dir hätte sonst was passieren können.«
Ich versuche einen Hundeblick, aber Anne ist kein Tierfreund. »Mr. Perfect, ich meine, Leonhardt hat mich doch gesehen. Ich habe ihn ja runtergeschickt.«
Kurz stutzt sie. Alles klar, er hat ihr nichts davon erzählt.
»Außerdem stinken deine Kleider nach Rauch. Wir hatten vereinbart, dass du mit dem Rauchen aufhörst.«
»Das kann dir doch egal sein«, halte ich dagegen.
Anne baut sich vor mir auf. »Gestern wollte ich mit Leonie üben, dass sie Papa zu dir sagt. Doch dieser Papa war nicht hier! Du setzt unsere Geschichte aufs Spiel, unsere Jobs! Aber das kann mir wahrscheinlich auch egal sein.«
Meine Güte, sie steigert sich wirklich etwas zu sehr in ihre Rolle hinein. Wahrscheinlich hat sich Mr. Perfect vorhin Ähnliches anhören müssen. Wenn die so weitermacht, fange ich auch noch an zu joggen. Ist eh nur eine gesellschaftlich tolerierte Form, um mal kurz vor seiner Familie zu flüchten.
»Gestern habe ich recherchiert«, erkläre ich.
»In irgendeiner Bar oder einem Bett vermutlich.« Sie beginnt wie manisch, die Kissen und die Decke auszuschütteln und in Form zu klopfen. Das wird ja immer unheimlicher. Wenn sie gleich ein Kissen mit akkuratem Handkantenschlag spaltet, fliehe ich.
»Wo ich war, geht dich überhaupt nichts an«, halte ich entgegen. »Wir
Weitere Kostenlose Bücher