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Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Dreibettzimmer: Roman (German Edition)

Titel: Dreibettzimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Glubrecht
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schwören bei unserer Mannesehre, alles, was wir hören, mit ins Grab zu nehmen.« Dann sieht mich Mr. Perfect auffordernd an.
    »Ich bin gar kein echter Vater«, bekenne ich leise. Stanley schaut überrascht, Mr. Perfect nicht.
    »What’s the news?«, pöbelt er.
    Ich seufze. Vielleicht liegt es an dieser Extremsituation, vielleicht muss das alles auch einfach mal aus mir raus, jedenfalls erzähle ich von meinem Geheimauftrag – die ganze Geschichte, sogar, dass es nur eine Redakteursstelle gibt und Anne wahrscheinlich kurz nach Erreichen ihrer Halbtagsstelle gefeuert werden wird. Es tut gut, mein Geheimnis loszuwerden, auch wenn ich nicht gerade im allerbesten Licht dastehe.
    »Arschloch«, stellt Stanley fest, der nun wieder aufzuwachen scheint. Mr. Perfect stimmt verächtlich zu.
    »Jetzt bist du dran!«, fordere ich ihn auf.
    Als er hochblickt, hat er wieder diesen fiesen Blick drauf. »Ihr wollt die Wahrheit hören?«, fragt er wie ein Ausbilder im Army-Camp. Die Flammen werfen gefährlich flackernde Schatten auf sein Gesicht. Wir nicken. Er nimmt ein paar Schlucke aus dem Flachmann.
    Mit schwerer Zunge packt Leonhardt ein Geheimnis nach dem anderen aus: Er verrät uns, dass er seit der Geburt seiner Tochter keinen Sex mehr mit seiner Frau hat und deshalb ständig fremdgeht.
    »Auch mit Adoré?«, frage ich leise. Schließlich war sie in unserer gemeinsamen Nacht eigentlich mit Mr. Perfect in der Reicher-Onkel-Suite verabredet.
    »Bis jetzt noch nicht. Sie ist mit einem Kumpel von mir zusammen.« Er wirft mir einen bedeutungsschweren Blick zu. »Echte Männer wildern nicht im Revier von anderen.«
    Schon verstanden – auch wenn ich die Liebe nicht unbedingt mit Jägerei vergleichen würde. Eines will ich trotzdem wissen: »Wie kommt ein Mann wie du zu einer Frau wie Anne?«
    Er verdreht die Augen. »Ich war ihr Fitnesstrainer, damals voll auf Anabolika, hatte ein paar Wettbewerbe gewonnen und die Nebenwirkungen der Pillen unterschätzt. Sie hat mich aus der Depression geholt.« Daraufhin hat er ihr »im Rausch« einen Heiratsantrag gemacht.
    »Sie ist genau die Frau, die sich meine Eltern immer für mich gewünscht haben: stark, intellektuell, eigensinnig. Wenn ich die nicht geheiratet hätte, dann hätte ich mein Erbe nicht bekommen, das Grundkapital für die Fitnesskette. Aber im Bett ist sie kalt wie ein Fisch«, erklärt er mit rauem Lachen. »Man kann nicht alles haben.«
    Er nimmt den letzten Schluck aus meinem Flachmann und spuckt den kostbaren Schnaps ins Feuer, wo er in einer idiotischen Stichflamme verpufft.
    »Riesenarschloch«, folgere ich, aber Mr. Perfect zuckt nur mit den Schultern. Stanley zaubert trotz aller Authentizität mit entschuldigendem Blick auch eine kleine Metallflasche Papa Ice Tea hervor. Offenbar hat Herr Béla uns allen das gleiche Carepaket geschnürt.
    »Trinkt, das braucht ihr, wenn ihr meine Geschichte hört.«
    Ich gehorche. Wahrscheinlich folgen jetzt die allerhärtesten Storys aus seinen Swinger- , Rocker- oder Hooliganzeiten. Unter Umständen mache ich mich schon durchs Zuhören strafbar. Am Ende stellt Stanley vermutlich eine größere Gefahr dar als Bären und Minusgrade zusammen.
    Während wir den Flachmann herumreichen, beichtet unser Verletzter, dass er beim Kreisverwaltungsreferat München eine Liste mit Kita- und Kindergartenplätzen verwaltet. Wer diese Plätze erhält, bestimmt ein Gremium aus einflussreichen Persönlichkeiten, Promis und Geldgebern. Stanley hält die Liste geheim, lässt aber gern mal einen Platz springen – wenn die entsprechende finanzielle Gegenleistung stimmt. Als Mitarbeiter des Jugendamts kennt er sich bestens mit Supervisionen aus – kein Wunder, dass Stanley beim Bubsi so gut abschneidet.
    Kurz überlege ich, ihn für sein Geständnis einfach erfrieren zu lassen. Dann hätte sich auch unser blöder Wettbewerb erledigt. Aber das ist wahrscheinlich gar nicht mehr nötig, denn Stanley dreht sich jetzt zur Wand und brabbelt etwas von Höhlenmalereien, auf denen kleine Kinder seine Liste mit Buntstiften übermalen. Offenbar quält ihn sein Job mehr als der gebrochene Knöchel.
    »Das Fieber steigt«, stellt Mr. Perfect mit der Hand auf Stanleys Stirn fest. »Unsere Körper werden schwächer.«
    »Wir wollten doch hier ausharren?«
    »Aber wie lange? In der Hütte werden die Veranstalter bis zum Einbruch der Dunkelheit auf die Teams warten. Und im Dunkeln finden die Suchmannschaften uns hier bestimmt nicht. Morgen ist es für Stanley

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