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Dreifach

Titel: Dreifach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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werdenden Spirale, während Hassan den trüben, verregneten Horizont durch ein Fernglas absuchte.
    »Du hast einen Fehler gemacht«, sagte Mahmud.
    »Nicht unbedingt.« Hassan war entschlossen, keine Panik zu zeigen. »Dies war nur der früheste Zeitpunkt, zu dem wir sie treffen konnten. Sie braucht aber nicht mit Höchstgeschwindigkeit zu fahren.«
    »Wieso sollte sie sich verspätet haben?«
    Hassan zuckte mit gespielter Gleichgültigkeit die Achseln. »Vielleicht funktionieren ihre Maschinen nicht einwandfrei. Vielleicht war das Wetter schlechter als bei uns. Es gibt eine Menge möglicher Gründe.«
    »Was schlägst du also vor?«
    Hassan merkte, daß auch Mahmud sich unbehaglich fühlte. Auf diesem Schiff hatte er nicht wie sonst alles unter Kontrolle; nur Hassan konnte Entscheidungen treffen. »Wir schlagen südwestlichen Kurs ein und fahren auf der Route der Coparelli zurück. Früher oder später müssen wir ihr begegnen.«
    »Gib dem Kapitän den Befehl«, knurrte Mahmud, ließ Hassan mit dem Kapitän auf der Brücke zurück und ging nach unten zu seinen Männern. In ihm brannte das Feuer ungestillten Rachedurstes. Diese Spannung zehrte auch an der Euphorie seiner Leute. Sie hatten um Mittag einen Kampf erwartet, und nun mußten sie warten, im Mannschaftsquartier und in der Kombüse die Zeit totschlagen, Waffen reinigen, Karten spielen und von vergangenen Schlachten prahlen. Sie waren psychisch auf die Schlacht eingestellt und neigten dazu, sich selbst und den anderen durch gefährliche Messerspiele ihren Mut zu beweisen. Einer von ihnen hatte sich mit zwei Matrosen wegen einer angeblichen Beleidigung gestritten und beiden mit einem zerbrochenen Glas das Gesicht verletzt, bevor der Kampf unterbunden wurde. Jetzt ging die Besatzung den Feddajin möglichst aus dem Weg.
    Hassan fragte sich, wie er an Mahmuds Stelle die Leute behandeln würde. In letzter Zeit hatte er oft ähnliche Gedanken gehabt. Mahmud war immer noch der Kommandeur, aber Hassan hatte die ganze wichtige Arbeitgeleistet: Er hatte Dickstein entdeckt, die Nachricht von dessen Plan überbracht, sich die Kaperung durch die Feddajin einfallen lassen und den Standort der Stromberg festgestellt. Er begann, darüber nachzudenken, welche Position er in der Bewegung einnehmen würde, wenn alles vorbei war.
    Offenbar dachte Mahmud über das gleiche Problem nach.
    Nun, wenn es zu einem Machtkampf zwischen ihnen beiden käme, würde er abwarten müssen. Zuerst hatten sie die Coparelli zu kapern und Dickstein zu überfallen. Hassan wurde ein wenig übel beim Gedanken daran. Es mochte den schlachterprobten Männern unter Deck leichtfallen, dem Kampf entgegenzufiebern. Aber Hassan war nie im Krieg gewesen, hatte nie eine Waffe auf sich gerichtet gesehen – außer der Cortones in der verwüsteten Villa. Er hatte Angst vor der Auseinandersetzung und hatte sogar noch mehr Angst, sich dadurch mit Schande zu bedecken, daß er seine Furcht zeigte, daß er sich umdrehte und davonlief, daß er sich übergeben mußte wie in der Villa. Doch er war auch erregt, denn wenn sie siegten – wenn sie siegten!
    Um 16.30 Uhr wurde falscher Alarm gegeben, als sie ein anderes Schiff sichteten, das auf sie zukam, aber nachdem Hassan es durch sein Fernglas inspiziert hatte, verkündete er, daß es nicht die Coparelli sei. Als sie einander passierten, war der Name am Bug klar auszumachen: Gil Hamilton .
    Das Tageslicht verblich, und Hassan wurde immer nervöser. Bei diesem Wetter konnten zwei Schiffe nachts, sogar mit Positionslichtern, innerhalb einer halben Meile ahnungslos aneinander vorbeifahren.
    Und der geheime Sender der Coparelli hatte sich den ganzen Nachmittag hindurch nicht gemeldet, obwohl Yaacov berichtet hatte, daß Rostow versuchte, mit Tyrin Kontakt aufzunehmen. Um sicherzugehen, daß die Coparelli nicht nachts an der Nablus vorbeifuhr, wollten sie über Stag gehen, mit der Geschwindigkeit der Coparelli auf Genua zuhalten und die Suche erst am Morgen wiederaufnehmen. Aber bis dahin würde die Stromberg in der Nähe sein und die Feddajin die Chance verlieren, Dickstein in die Falle zu locken. Hassan wollte Mahmud, der gerade auf die Brücke zurückgekehrt war, den Sachverhalt erklären, als ein einzelnes weißes Licht in der Ferne blinkte.
    »Sie liegt vor Anker«, sagte der Kapitän.
    »Woher wissen Sie das?« fragte Mahmud.
    »Es ist an dem weißen Licht zu erkennen.«
    »Deshalb war sie also nicht vor Ibiza, als wir sie erwarteten«, meinte Hassan. »Wenn das die

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