Dreikönigsmord (German Edition)
erzählen, dass wir vor einer Frau Reißaus genommen haben.« Und nicht nur er , überlegte Albrecht düster. Wenn diese Geschichte die Runde macht, werden wir zum Gespött der ganzen Stadt.
Er trank einen großen Schluck Bier. »Was aber viel schwerer wiegt … Dem Bischof dürfte es ganz und gar nicht gefallen, dass du Josepha gegenüber behauptet hast, er hätte uns die Aufsicht über ihr Vermögen übertragen.«
»Ich dachte, diese Lüge würde sie zum Nachgeben bringen.« Kurt Weber seufzte gereizt. »Bei Gott, Albrecht, wir können ihr nicht einfach das Vermögen unseres Bruders überlassen. Es steht uns, seinen Brüdern, zu. Und nicht diesem jungen Ding, das er sich in seiner Alterstorheit ins Haus und ins Bett geholt hat.«
»Ich habe ganz und gar nicht vor, Josepha irgendetwas zu überlassen.« Albrecht schüttelte den Kopf. »Aber nach dem Vorfall heute Abend müssen wir diese Sache behutsam und geschickt angehen. Wir müssen den Bischof für uns gewinnen. Dann wird er sicher, was Gerhardts Testament betrifft, ein Auge zudrücken … Leider ist Leonard ja, anders als der Inquisitor Lutger, den Josepha schon gegen sich aufgebracht hat, nicht gerade glaubensstreng.«
»Du meinst, wir sollten den Bischof bestechen?«
Albrecht Weber lächelte dünn. »Ich würde eher sagen, wir sollten ihm die eine oder andere Spende zukommen lassen. Nach allem, was man so hört, ist er ja einem gewissen Luxus nicht abgeneigt.«
»Eine gute Idee.« Sein älterer Bruder nickte. »Lutgers Groll auf Josepha sollten wir uns aber auf jeden Fall auch zunutze machen.«
»Ja, außerdem wette ich mit dir, dass sie sich bald einen Liebhaber nimmt. Wenn sie nicht längst schon einen hat. Eine vom Glauben abgefallene Hure, die nicht einmal mehr der Bischof schützt, werden die Leute aus der Stadt jagen.«
»Wir sollten einen von ihren Bediensteten dafür bezahlen, dass er ein Auge auf sie hat.« Kurt Weber grinste.
»Ich weiß auch schon, wer sicher gern auf diesen Handel eingehen wird.« Albrecht Weber erwiderte das Grinsen seines Bruders und hob seinen Becher. »Lass uns darauf anstoßen, dass uns unsere geliebte Schwägerin bald ins Netz gehen wird.«
Während Jo die Gasse in der Nähe des Flusses entlangging, zog sie ihren Wollmantel eng um sich. Es war noch früh am Morgen. Eine blasse Sonne stand an dem milchigen Himmel, und es war bitterkalt. Sie sehnte sich nach ihrem gut gefütterten Anorak. Eine Gruppe von Kindern, die Schlitten hinter sich herzogen, lief fröhlich schwatzend an ihr vorbei. Ihre Gesichter waren von der Kälte gerötet, dennoch schienen ihnen die eisigen Temperaturen nichts auszumachen.
Nachdem Jo während der Nacht kaum ein Auge zugetan hatte, fühlte sie sich wie zerschlagen. Gereizt blieb sie stehen und blickte sich um. Die schmalen Häuser wirkten schäbig. Ihre Holz- und Fachwerkfassaden waren verwittert und schmutzig. Kein Wunder, dass Lutz Jägers Mittelalter-Ich ausgerechnet in dieser Gegend eine Kneipe betreibt, dachte sie bissig. Nicht weit entfernt entdeckte sie nun zwischen zwei Häusern einen kleinen Weg.
Wo befand sich nur die Kneipe? Sie hatte Katrein nicht danach fragen wollen, denn diese wäre bestimmt wieder in ein entsetztes Lamento ausgebrochen und hätte sie nicht allein gehen lassen wollen.
Der Weg mündete in eine weitere Gasse. Einige Jungen rannten lachend und schreiend auf dem flachgetretenen Schnee herum. Über ihnen, an einem zweistöckigen Fachwerkhaus, hing ein Wirtshausschild. Es zeigte eine in etwas verblasstem Grün gemalte Weinrebe. Während sie näherkam, sah Jo, dass die Jungen einen Kohlkopf zwischen sich hin- und herkickten.
Vor dem Fachwerkhaus blieb sie stehen. Überrascht stellte sie fest, dass die Gefache frisch gekalkt waren. Dann holte sie tief Luft und trat durch die niedrige Tür.
Jo benötigte einige Momente, bis sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten. Ein fast quadratischer Raum erstreckte sich vor ihr. Der Bretterboden war mit sauberem Sand bestreut. Roh behauene Balken trugen die Decke. Auch die Tische und Bänke wirkten einfach. Es roch durchdringend nach Bier, Zwiebeln und Rauch. Lutz Jäger saß vor einer offenen Feuerstelle, die von einem blakenden Talglicht beschienen wurde, und rührte in einem großen Bronzetopf herum.
Sie räusperte sich. »Guten Morgen …«
Er drehte den Kopf. »Oh, Sie … Morgen …« Er nickte ihr knapp zu, hörte jedoch nicht auf zu rühren.
Zögernd ging sie zu ihrem Kollegen. »Ähm … Draußen kicken
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