Dreiländermord
versucht«, brüllte der Mann
vehement, um gleich darauf wieder zusammenzusacken. »Unser Kind ist tot und keinen
interessiert’s«, murmelte er gebrochen.
»Mich interessiert es«, entgegnete Böhnke. »Allerdings habe ich so
gut wie keine Möglichkeit, etwas zu unternehmen.«
»Ist schon komisch«, unterbrach ihn die Frau. »Fast die gleichen Worte
hat vor ein paar Tagen ein junger Mann gesagt, als er uns besuchte.«
»Hieß er vielleicht Geffert?«
»Ja, so war sein Name. Er hat sich seither auch nicht mehr gemeldet.
War bestimmt nur so ein Sensationsjournalist, der nicht uns helfen wollte, sondern
einfach auf eine Geschichte für sich aus war.«
Wie sollte er sich auch melden, sinnierte Böhnke. Aus seiner letzten
Ruhestätte unter der Grasnarbe war das schlecht möglich.
Für Minuten saßen sie stumm nebeneinander und gingen ihren Gedanken
nach. Die Eheleute hatten nichts mehr zu sagen, Böhnke fiel nichts mehr ein. Er
beeilte sich, trank schnell den letzten Schluck und erhob sich. »Wenn ich Ihnen
sage, ich kümmere mich darum, dann ist das keine leere Floskel. Ich werde mich mit
Ihnen auf jeden Fall in Verbindung setzen, egal, ob ich etwas erreiche oder nicht.«
Mit einem müden Händedruck verabschiedete ihn Angelikas Vater im Hausflur.
»Passen Sie auf sich auf«, riet er dem Gast freundlich. Er hatte es wahrscheinlich
als Höflichkeitsfloskel gemeint, wollte es aber als Warnung verstanden wissen. Der
Letzte vor Böhnke, der mit ihm und seiner Frau gesprochen hatte, hatte nicht mehr
lange gelebt.
»Übrigens.« Böhnke stand bereits im kleinen Vorgarten, als ihm die
Frage einfiel. »Haben Sie mit jemandem über Gefferts Besuch gesprochen?«
Der Mann schüttelte verneinend den Kopf.
11.
Was hatte er zu verlieren? Es würde ihm garantiert nicht so ergehen
wie Geffert nach dessen Besuch bei Angelikas Eltern. Ein Selbstmord kam für ihn
nicht in Frage, deswegen ermordet zu werden, schien nicht plausibel. Böhnke war
auf seiner Rückfahrt nach Huppenbroich guter Dinge und überlegte den nächsten Schritt.
Langsam fing die Ermittlungsarbeit an, ihm Spaß zu machen, auch ohne ein klar zu
definierendes Ergebnis. Er hatte einiges erfahren, sagte sich Böhnke, und wenn es
nur der Umgang der Belgier untereinander war.
Von dieser Erfahrung berichtete er am Abend gerne seiner Liebsten.
Den Besuch in Stolberg nach dem Arzttermin verschwieg er. Sie würde dafür kein Verständnis
aufbringen, wenn er eine makabre Parallelität mit Geffert andeuten würde.
»Was hast du vor?« Lieselottes Frage war rein
pragmatisch.
»Wenn du mal wieder etwas Zeit für sinnvolle Dinge
hast, könntest du dich ja um die Reparatur der Dachrinne kümmern. Die tropft bekanntermaßen.«
An diesen zu behebenden Defekt hatte er keinen
Gedanken mehr verschwendet. Diese Reparatur musste unbedingt sein, und zwar so schnell
wie möglich. Nur noch wenige Tage, und der nasse Herbst und danach der eisige Winter
würden Einzug in die Eifel halten. Bis dahin musste der Schaden behoben sein, um
nicht letztendlich einen deutlich größeren Schaden zu erleiden.
»Ich kümmere mich drum«, versprach er und beglückwünschte sich insgeheim
zu seiner Idee, die ihm gerade gekommen war.
Ob er ihm Ratschläge für eine Dachsanierung geben könne, fragte er
dummdreist den Bauunternehmer Wirthding, bei dem er sich unter der Angabe, Bauherr
zu sein, einen Termin verschafft hatte. Es konnte doch nicht ihm angelastet werden,
wenn die Sekretärin seinen Anruf derart falsch interpretierte und ihn als einen
solventen Investor für Bauprojekte ansah.
Ein Blick, gemischt aus Verblüffung und Verärgerung, war Antwort genug,
als Böhnke Wirthding in dessen Büro in einem Gewerbegebiet zwischen Langerwehe und
Gürzenich an der Bundesstraße ansprach. Der Unternehmer wusste nicht, ob er seinen
älteren Besucher hochkantig hinauswerfen oder ihn mitleidsvoll aufklären sollte.
Der Mann in seinem Büro, der sich als Schmitz aus Stolberg vorgestellt hatte, schien
ein harmloser, alter Spinner zu sein, obendrein nur wenig vertraut mit der Geschäftsführung
eines bedeutenden Bauunternehmens aus dem Dürener Land.
»Hören Sie, Herr Schmitz«, brummte Wirthding in einem tiefen Bass,
der zu seinem großen, massigen Körper passte, »da gehen Sie besser in einen Baumarkt.
Ich kann Ihnen in dieser Sache nicht weiterhelfen. Dieser Auftrag unterbietet meine
Fähigkeiten.« Wirthding hatte ein bedauerndes Lächeln aufgelegt. Seine braunen Augen
betrachteten ruhig
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