Dreiländermord
registrierte Böhnke, dass er einer der jüngsten Cafébesucher
war. Von den umliegenden Seniorenheimen aus war das am Waldrand gelegene Schloss
Burgau eine beliebte Anlaufstelle und das Café ein geschaffener Rastplatz für laufmüde
Senioren. Nur mit Mühe fand Böhnke zwei freie Stühle, die er sofort für sich in
Beschlag nahm.
»Äver nit zu lang«, mahnte ihn der Wirt. »Wenn ’se allein blievst,
nemm ich dich der Stoll av.«
Küpper, der glücklicherweise rasch und pünktlich erschien, bewahrte
Böhnke vor einem Disput mit dem energischen Wirt, der durch mangelnde Stühle seinen
Umsatz beeinträchtigt sah. Allerdings wurde er versöhnlich, geradezu kumpelhaft,
als er Küpper erblickte.
»Näh, dat ich dat noch erläve darf. Dat du noch lävst. Ich han dich
lang nit mie jesinn. Wat mähst de?«
Böhnke verstand nur bruchstückhaft das Platt. Aber er ahnte den Sinn
der Frage, als Küpper ausführlich und untertreibend aufklärte, dass er zurzeit in
Düsseldorf bei der Kripo tätig sei.
Mit einer Bestellung versehen, eilte der Wirt zufrieden hinter seine
Theke. Küpper schaute sich um. »Nett hier, nicht wahr?«
Böhnke nickte. Die Gebäude waren eindrucksvoll, das Café gemütlich.
Es war in der Tat nett. »Und erst die Menschen hier, die sind noch netter als die
Umgebung.«
Sie warteten, bis der dampfende Kaffee und das prachtvolle Kuchenstück,
es gab Schwarzwälder Kirsch, vor ihnen stand, ehe Böhnke zu seinem Anliegen kam.
Ausführlich berichtete er von seiner Unterredung mit Wirthding.
»Kannst du nicht in den Akten herausfinden, ob es stimmt, was er mir
gesagt hat?«
Der Bernhardiner schluckte. »Erstens, warum, und zweitens, wie sollte
ich?«
»Später kann ich dir vielleicht eine umfassende Antwort geben«, antwortete
Böhnke ausweichend. »Momentan habe ich nur Ahnungen und ein Gespür, dass etwas nicht
stimmt. Und außerdem bist du es, für den ich tätig bin.«
»Super Ermittlungsbasis«, knurrte Küpper und stocherte in seinem Tortenstück
herum. »Am besten erzähle ich dir, wie ich die Geschichte erlebt habe, soweit ich
mich erinnern kann.« Damals hätten die Kollegen aus Stolberg um Unterstützung gebeten
in einer Vermisstenangelegenheit. »Die Sache mit dem Mädchen Angelika, du weißt?«
Küpper kaute und schluckte wieder. »Die Kollegen nannten uns den Namen Wirthding.
Ich wollte ihn befragen, bin allerdings nicht dazu gekommen. Als der Termin war,
wurde ich kurzfristig auf einen Banküberfall angesetzt.«
»Und wer hat die Anhörung von Wirthding übernommen?«
»Wer schon? Mein spezieller Freund im Präsidium.« Küpper funkelte böse
mit den Augen, wurde jedoch sofort wieder sachlich. »Wirthding hat wohl eine ausführliche
Aussage gemacht, die von Zeugen bestätigt wurde.«
»Stimmt«, unterbrach Böhnke. »Euer unlängst verstorbener
Landrat hat mit ihm und einem mir unbekannten Dritten Skat gespielt. Sagt Wirthding
jedenfalls.«
»Und es gibt keine Zweifel an der Richtigkeit«,
fuhr Küpper fort. Er griff zur Kaffeetasse. »Als die Leiche des Mädchens gefunden
wurde, haben die Kollegen noch einmal mit Wirthding gesprochen. Sie haben trotzdem
keine anderen oder neuen Erkenntnisse gewonnen.« Er grinste kurz. »Bevor du mich
fragst, warum ich als Mordermittler nicht dabei war: Ich hatte zu diesem Zeitpunkt
Urlaub und außerdem war ich nicht zuständig, weil der Tatort nicht im Kreis Düren
lag.« Später habe er sich nicht mehr um die Angelegenheit gekümmert. »Warum auch?«
Für Minuten beschäftigten sich die beiden Männer
mit ihren beachtlichen Tortenstücken. Böhnke beendete schließlich die Gesprächspause.
»Mich würde interessieren, wer der dritte Mann bei der Skatrunde war.«
»Warum?«
»Nur so, weil es mich halt interessiert.«
»Man merkt, dass du kein Kripomann mehr bist«, lästerte Küpper. »Du
benimmst dich wie ein Amateur.«
»Dem du selbstverständlich gerne hilfst. Blickst du einmal in die Akten?
Bitte.«
Küpper stimmte zu. »Wenn es mir gelingt. Du weißt, ich habe keinen
Zugang mehr.«
»Du hast doch noch etwas gut bei Wenzel.« Böhnke schmunzelte. »Hast
du jedenfalls behauptet.«
Wieder schwiegen sich die beiden für geraume Zeit kauend an. Dann ergriff
Küpper das Wort. »Ist irgendwie eigentümlich. Da gibt es einen zweiten Fall in meiner
Laufbahn, bei dem ich abgezogen wurde, als es interessant werden konnte. Das war
der Mord an dem Lebensmittelhändler. Du erinnerst dich an den Auftragsmord im Musikerviertel?
Ich war bei der ersten
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