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Dreiländermord

Dreiländermord

Titel: Dreiländermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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fast
30 Kilometer lang der längste Sandstrand Spaniens.
    Sollte sich D. ausgerechnet in diesem Dorf aufhalten? Böhnke konnte
es sich nicht vorstellen. Costa Calma und der Doppelort Jandia/Morro Jable wurden
als durchaus akzeptable Dauerwohnsitze gepriesen, für Esquinzo traf diese Wohnqualität
keineswegs zu. Hotels, Appartements und zwei Ferienparks, damit hatte sich die Herrlichkeit
des Orts laut Reiseführer bereits erschöpft.
    »Lass dich überraschen«, sang ihm seine Apothekerin feixend ins Ohr.
»Find ich echt gut, wenn du im langweiligsten Ort der Insel landest. Das passt besser
zu deinem fortgeschrittenen Alter als wie ein zweiter Ballermann.«
    Böhnke musste unwillkürlich schmunzeln. Mit der Redewendung ›als wie‹
bei einem Vergleich gab sich jeder Eingeborene der Aachener Region unverwechselbar
zu erkennen. »Nirgendwo ist es schöner als wie zu Hause«, diesen Satz von Lieselotte
zu Beginn ihrer Beziehung würde er ebenso wenig vergessen wie ihre Gewohnheit, »ich
hab kalt« zu sagen.
    Ihm würde es bald warm sein, auch wenn es nicht schöner war als zu
Hause.
     
    Da Böhnke ein nicht gerade begeisterter und daher
nur seltener Fluggast war, sah er der Landung auf dem Flugplatz in Rosario mit gemischten
Gefühlen entgegen, nachdem er beim Start den Atem angehalten hatte und er während
des Fluges bei zwei Wacklern ängstlich Halt an der Seitenlehne gesucht hatte. Die
Piste direkt neben dem Meer in der schroffen Felslandschaft kam ihm nicht geheuer
vor. Fliegen musste nicht sein. Er fuhr am liebsten nach Holland, an die Nordseeküste,
in die Urlaubsorte Domburg oder Renesse, an den Strand der Aachener, knapp zwei
Stunden von Dom, Katschhof und Kaiser Karl entfernt. Nur zweimal war er seiner Liebsten
wegen nach Mallorca geflogen. Das hatte ihm gereicht.
    Er verkrampfte sich im Sitz, als das vollbesetzte
Charterflugzeug zur Landung ansetzte. Die Schieflage, das Ruckeln, das plötzliche
Absinken waren nicht unbedingt sein Fall. Aber da musste er durch; er hatte es so
gewollt und es war unvermeidlich. Dennoch wollte er sich nicht dem Beifall anschließen,
der von den Mitreisenden gespendet wurde, als der Pilot die Maschine auf der Landebahn
ausrollen ließ.
    Von Schildern zur Gepäckausgabe geleitet, ließ
sich Böhnke in der Ankunftshalle mit der urlaubsgestimmten Menschenmasse treiben.
Wie ihm erklärt worden war, machte er sich mit seinem Koffer zu einer jungen Frau
auf, die das Schild seiner Reisegesellschaft in die Höhe hielt. Er müsse zum Bus
27, erläuterte sie ihm freundlich, nachdem er sich vorgestellt und seine Reisepapiere
gezeigt hatte. Haltestelle 15, 100 Meter rechts vom Flughafen, gab sie ihm auf den
Weg. Zeit für eine Nachfrage blieb ihm nicht, hinter ihm drängte bereits der Nächste
nach einer Auskunft.
    Böhnke wunderte sich über den vielsprachigen Betrieb
im Terminal. Vornehmlich wurde Deutsch und Spanisch gesprochen, allerdings auch
Englisch, Dänisch, Norwegisch und Russisch; sogar niederländische Sprachfetzen vernahm
er. Fuerteventura schien offenbar ein international beliebtes Reiseziel zu sein,
dachte er sich, während er seinen Koffer durch die für ihn überraschend warme, trockene
Luft über den schmalen Gehweg zu den Bussteigen trug. Die vom wolkenlosen, blauen
Himmel strahlende Sonne ließ ihn auf dem Weg, der weitaus länger war als angegeben,
ordentlich schwitzen. Er war viel zu warm angezogen mit seiner Jacke, die in einen
nassen deutschen Spätherbst am Nordhang eines Mittelgebirges passte, jedoch nicht
in ein fast sommerliches Fuerteventura.
    Warum die Insel so beliebt war, wollte sich Böhnke
zunächst nicht erschließen, als er endlich in dem Reisebus saß, der ihn zu seinem
Urlaubsort bringen sollte. Er war geradezu erschrocken, als das volle Gefährt ihn
über eine Schnellstraße durch eine an Kargheit nicht mehr zu überbietende Landschaft
trug. Nacktes braunes oder graues Gestein, das sich zu Hügeln oder Bergen aufbaute,
säumte die Strecke über viele Kilometer, nachdem er Rosario und die ungeordneten
Gewerbegebiete beiderseits der Autobahn verlassen hatte. Wie aus dem Nichts tauchte
plötzlich eine Siedlung auf, die aus adretten Häusern, aber auch Hotelkomplexen
in einer sattgrünen Umgebung einschließlich eines frisch angelegten Golfplatzes
bestand, und sich in ihrer Farbenfreude geradezu schmerzhaft von der eintönigen
Wüstenlandschaft abhob. Dank künstlicher Bewässerung und Meerwasserentsalzungsanlagen
gaben die Menschen der Insel teilweise die

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