Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dreiländermord

Dreiländermord

Titel: Dreiländermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Lehmkuhl
Vom Netzwerk:
Vegetation zurück, die sie ihr in einem
Raubbau über Jahrhunderte genommen hatten, in denen Wälder abgeholzt wurden, um
Brennstoff für die Kalköfen und Baustoff für Häuser und Schiffe gewonnen wurden.
Deswegen war der Grundwasserspiegel gesunken und das Salzwasser hatte langsam das
Süßwasser verdrängt. In Plantagenkulturen, so hatte er vor einigen Jahren gelesen,
wurden Tomaten und vornehmlich Aloe vera gezüchtet. Ansonsten war die verwüstete
Insel der Kanaren auf permanente Belieferung von Lebensmitteln aus Spanien und dem
nahe gelegenen Westafrika angewiesen. Diese Informationen hatte Böhnke aktuell seinem
Reiseführer entnommen.
    Doch scherte die Inselgeschichte die wenigsten
Touristen. Sie wollten Sonne, Wärme, Meer, Strand und eine gepflegte Umgebung in
einem künstlich angelegten Refugium. Von den ursprünglichen Fischerdörfern an der
Ostküste war nicht mehr viel übrig geblieben.
    Morro Jable war ursprünglich eines dieser Fischerdörfer
gewesen, dann entwickelte sich entlang der Playa de Jandia bis zum dortigen Leuchtturm
der Tourismus, der mit Hotels und Einkaufszentren den kleinen Ort zur Seite schob
und zum südlichen Anhängsel des Touristenzentrums Jandia gestaltete. Was der durchaus
kritische Reiseführer beschrieb, wollte Böhnke in der Realität erleben. Wer weiß,
was mich tatsächlich erwartet, sagte er sich beim Blick aus dem Fenster in die karge
Landschaft, in der sich zwischen den Steinen und Geröllhalden gelegentlich magere
Ziegen sehen ließen.
    Costa Calma war die nächste Station des Zubringerbusses. Wieder prägten
große Hotels das Bild, die aneinandergereiht waren und parallel zum Strand verliefen.
Zum Teil waren prächtige Bauten im modernen Stil darunter, vor denen der Bus hielt,
um einige Touristen abzusetzen.
    Der Ort befand sich fest in deutscher Hand, wie Böhnke glaubte, an
den Straßenamen festmachen zu können: Avenida de Jahn oder Passo del Neckermann
machten jedem deutlich, wer hier seit langer Zeit die Spielregeln bestimmte.
    Wieder ging es raus in die Wildnis, vorbei an
einer Reihe von Windrädern auf einer Anhöhe, die nicht so recht in das Bild einer
Wüste passten, doch zugleich in Böhnke eine gewisse Erleichterung hervorriefen,
nicht ganz von der modernen Welt abgeschnitten zu sein.
    Die nächste Schlucht, eher ein Einschnitt in eine Bergkette, umsäumt
von Schotterfeldern, folgte. El Gorriones, groß, exklusiv, von Palmen umwachsen
in einer farbenprächtigen Naturlandschaft. Wieder ein Zufluchtsort in einer heilen
Urlauberwelt, dachte sich Böhnke, gespannt darauf, was ihn in Esquinzo erwarten
würde.
    Über eine verschlungene Aneinanderreihung von Kreisverkehren und Stoppstraßen
bog der Bus von der Schnellstraße in den Ort ein. Hotel Monte del Mar verkündete
der Busfahrer laut, während er ausstieg, um die Kofferklappe zu öffnen. Böhnke stieg
als Einziger aus.
    »Viel Spaß im Rentnerparadies!«, hörte er hinter sich, begleitet von
einem lauten Gegröle. Die meisten Businsassen wollten ohne Zweifel nach Jandia,
der Endstation, dem belebten Touristenzentrum im Süden der Insel, in dem rund um
die Uhr Kneipenkultur gepflegt werden konnte.
    Davon war Esquinzo weit entfernt, und Böhnkes Unterkunft allemal. Es
war ein einfaches, schlichtes Appartementhotel, in dessen Rezeption ihn eine Deutsche
freundlich willkommen hieß.
    Wenige Augenblicke später hatte ihn ein spanischer
Mitarbeiter in blauer Arbeitsmontur zu seinem Appartement gebracht und den Koffer
im Eingang abgestellt. Mehr als ausreichend war die Bleibe mit zwei Zimmern, einer
Küchenzeile, einem geräumigen Bad und einem Balkon, auf den eine nicht gerade stabil
wirkende Tür führte – und mit einem beißenden Geruch von Desinfektionsmittel erfüllt.
Da hatte wohl die Reinigungskraft vergessen, das Zeug mit Wasser zu verdünnen, bevor
sie zum großen Putzen geschritten war.
    In der Hoffnung mit dem lauen Wind und einem Durchzug den unangenehmen
Gestank zu vertreiben, riss Böhnke die Balkontür und das Fenster des zweiten Zimmers
auf.
    Das fing ja gut an!
     
    Aus welchem Grund wollte Rennickens bloß in diese Abgeschiedenheit?
Freiwillig und allein hätte Böhnke sich niemals in diesem Ort eingenistet, an diesem
Flecken der Erde war es ihm wirklich zu abgelegen und ruhig. Dagegen war Huppenbroich
ein Zentrum ausschweifender Lebendigkeit. Es gab für den pensionierten Hauptkommissar
nur einen einzigen Grund, warum Rennickens sich für dieses Reiseziel entschieden
hatte: Er wollte sich mit

Weitere Kostenlose Bücher