Dreimal im Leben: Roman (German Edition)
Haushälterin war«, präzisiert der andere.
Max sieht den Capitano an, der verschmitzt grinst. Dann dreht er sich wieder zu Lambertucci.
»Hast du ihm das etwa schon erzählt?«
»Na klar. Wem soll ich meine Neuigkeiten denn sonst erzählen? Außerdem habe ich dich noch nie so schick gesehen wie an diesem Abend. Und dann musste ich auch noch so tun, als ob ich dich nicht kennen würde. Gott weiß, was du im Schilde geführt hast!«
»Du hast ja auch mächtig die Ohren gespitzt, um es herauszufinden.«
»Ich konnte mir kaum das Lachen verkneifen, du als Galan, in deinem Alter. Du kamst mir vor wie Vittorio De Sica als falscher Aristokrat.«
Die Fischer heben Kisten von Bord und auf die Kaimauer, und die Brise, die zwischen den aufgehäuften Netzen und Schleppangeln hindurchstreicht, riecht nach Fisch, Salz und Teer.
»Ihr seid zwei alte Waschweiber. Klatschbasen.«
Lambertucci nickt zutraulich.
»Überspring den Vorspann, Max. Zur Sache.«
»Sie ist nur ... Besser gesagt, sie war ... Sie ist eine alte Bekannte.«
Die beiden Schachspieler tauschen einen komplizenhaften Blick.
»Und Kellers Mutter«, ergänzt Lambertucci. »Guck doch nicht so, wir haben ihr Foto in der Zeitung gesehen. Sie war leicht wiederzuerkennen.«
»Es hat mit Schach nichts zu tun. Auch nicht mit ihrem Sohn ... Wie gesagt, sie ist eine alte Freundin.«
Bei diesen letzten Worten blickt er in zwei skeptische Gesichter.
»Eine alte Freundin«, erwidert Lambertucci, »wegen der wir eine halbe Stunde lang über russische Schachspieler und den KGB reden.«
»Was ja ein durchaus spannendes Thema ist«, versichert Tedesco. »Nichts dagegen einzuwenden.«
»Gut. Ihr habt recht ... Hört jetzt auf damit.«
In noch immer schalkhaftem Ton lenkt Lambertucci ein.
»Wie du willst. Jeder hat seine kleinen Geheimnisse, und das ist deine Angelegenheit. Aber es wird dich etwas kosten. Wir wollen Eintrittskarten für die Partien im Vittoria. Bislang konnten wir nicht hingehen, zu teuer. Doch wenn du jetzt Beziehungen hast, ändert sich die Sachlage.«
»Ich werde sehen, was ich tun kann.«
Lambertucci zieht so lange an der Zigarette, bis ihm die Glut die Finger verbrennt. Dann wirft er den Rest ins Wasser.
»Es ist ein Kreuz mit dem Alter. Sie war einmal eine sehr schöne Frau, was? Das sieht man sofort.«
»Ja, das Gefühl habe ich auch.« Max schaut auf den Zigarettenstummel, der dicht an der Mauer auf dem öligen Wasser schwimmt. »Dass sie einmal sehr schön war.«
Durch ein breites Fenster warf die Sonne ein großes helles Rechteck auf den Dielenboden zu Max’ Füßen. Er saß an seinem Lieblingsplatz in dem Restaurant auf der Jetée-Promenade, einem luxuriösen Bauwerk, das vor dem Hotel Ruhl auf Stelzen im Meer errichtet war und von dem aus man das Ufer von Nizza, den Strand und die Promenade des Anglais überblicken konnte, als säße man auf einem dicht vor der Küste ankernden Boot. Durch das Fenster neben seinem Tisch schaute er auf den östlichen Teil der Engelsbucht und konnte in der Ferne gut den Schlosshügel, die Hafenmündung und das Kap von Nizza erkennen, über dessen grüne Felsen sich die Straße nach Villefranche schlängelte.
Er bemerkte den Schatten, bevor er den Mann sah, und nahm als Erstes den Geruch wahr. Max saß über seinen Teller geneigt und aß eben den letzten Rest Salat auf, als ihn das Aroma des englischen Pfeifentabaks erreichte, der Boden leise knirschte und eine dunkle Silhouette in das leuchtende Rechteck trat. Er hob die Augen und erblickte ein höfliches Lächeln, eine runde Schildpattbrille und die Hand mit der Pfeife – die andere hielt einen zerknautschten Panamahut –, die auf den freien Stuhl auf der anderen Seite des Tisches wies.
»Guten Abend. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich einen Moment zu Ihnen setze?«
Die ungewöhnliche, in perfektem Spanisch vorgetragene Bitte machte Max einen Moment lang sprachlos. Die Gabel immer noch in der Schwebe, sah er den Fremden an – den Störenfried, das war das richtige Wort –, unschlüssig, wie er auf diese Zumutung reagieren sollte.
»Natürlich«, antwortete er, als er sich wieder gefasst hatte. »Ich habe etwas dagegen.«
Der andere blieb stehen und lächelte weiter, war aber offenbar verunsichert. Er war nicht besonders groß. Im Stehen, schätzte Max, würde er ihn um mindestens einen Kopf überragen. Er wirkte gepflegt und harmlos, eine hagere, schmächtig wirkende Gestalt mit Brille, Weste und Fliege in einem kastanienbraunen Anzug,
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