Dreimal im Leben: Roman (German Edition)
der ihm ein wenig zu weit war. Ein perfekter Scheitel teilte sein schwarzes Haar in zwei exakt gleiche Hälften, die nach hinten gekämmt waren und vor Brillantine glänzten.
»Ich fürchte, das war kein guter Anfang«, sagte der Unbekannte lächelnd. »Darum bitte ich Sie, meine Plumpheit zu verzeihen und mir eine zweite Chance zu geben«, fügte er in unbefangenem Ton hinzu. Und ohne eine Antwort abzuwarten, entfernte er sich ein paar Schritte, machte dann kehrt und kam erneut auf den Tisch zu. Irgendwie schien er Max mit einem Mal nicht mehr so harmlos. Und auch weniger schmächtig.
»Guten Abend, Herr Costa«, sagte der Mann ruhig. »Mein Name ist Rafael Mostaza, und ich habe eine wichtige Angelegenheit mit Ihnen zu besprechen. Wenn ich mich setzen dürfte, könnten wir uns bequemer unterhalten.«
Zwar lächelte er immer noch, doch hinter den Brillengläsern schien jetzt ein fast metallisches Funkeln auf. Max hatte die Gabel auf den Teller gelegt. Von der Überraschung halbwegs erholt, lehnte er sich in dem Rattansessel zurück und wischte sich mit der Serviette über den Mund.
»Wir haben gemeinsame Interessen«, beharrte der andere. »In Italien und hier in Nizza.«
Max warf einen Blick auf die Kellner in langen weißen Schürzen, die sich in einiger Entfernung bei den Blumenkübeln nahe der Tür aufhielten. Sonst war niemand im Lokal.
»Setzen Sie sich.«
»Danke.«
Als der Fremde sich auf dem Stuhl niederließ und den Pfeifenkopf leerte, indem er ihn behutsam auf den Fensterrahmen klopfte, fiel es Max wieder ein. Er hatte diesen Mannin den letzten Tagen zweimal gesehen: als er mit den beiden italienischen Agenten im Café Monnot sprach und bei seinem Treffen mit der Baronin Schwarzenberg im La Frégate auf der Promenade.
»Essen Sie bitte weiter«, forderte ihn der andere auf und schüttelte selbst den Kopf, als sich einer der Kellner näherte.
In den Sessel gelehnt musterte Max ihn und bemühte sich, seine Nervosität zu überspielen.
»Wer sind Sie?«
»Das habe ich Ihnen gerade gesagt. Rafael Mostaza, Handelsvertreter. Wenn Sie wollen, nennen Sie mich Fito. So werde ich normalerweise genannt.«
»Von wem?«
Der andere zwinkerte ihm zu, ohne zu antworten, als teilten sie ein lustiges Geheimnis. Max hatte den Namen noch nie gehört.
»Handelsvertreter, sagen Sie?«
»Genau.«
»Welche Branche?«
Mostazas Lächeln wurde ein wenig breiter. Er schien es mit der gleichen Unbekümmertheit zu tragen, wie er seine Fliege trug: markant, sympathisch und vielleicht ein bisschen zu groß. Doch das metallische Funkeln war noch immer in seinen Augen.
»Heutzutage sind doch alle Branchen miteinander verflochten, meinen Sie nicht? Aber das tut jetzt nichts zur Sache. Wichtig ist die Geschichte, die ich Ihnen zu erzählen habe ... Eine Geschichte über den Finanzmann Ferriol.«
Ohne die geringste Regung zu zeigen, führte Max das Weinglas zum Mund – einen hervorragenden Burgunder – und stellte es dann genau auf den Abdruck zurück, den es auf der weißen Leinentischdecke hinterlassen hatte.
»Verzeihung ... Über wen, sagen Sie?«
»Ach, kommen Sie schon. Ich bitte Sie. Glauben Sie mir,die Geschichte ist hochinteressant. Gestatten Sie, dass ich sie Ihnen erzähle?«
Max berührte das Weinglas, ohne es anzuheben. Trotz des offenen Fensters war ihm plötzlich heiß. Unbehaglich.
»Sie haben fünf Minuten.«
»Seien Sie nicht so kleinlich. Hören Sie mich erst einmal an, dann werden Sie mir schon mehr Zeit zugestehen.«
Mit gedämpfter Stimme begann Mostaza zu erzählen, wobei er gelegentlich am Mundstück der erloschenen Pfeife knabberte. Tomás Ferriol habe zu einer Gruppe von Monarchisten gehört, die im vergangenen Jahr den Militärputsch in Spanien unterstützt hätten. In Wahrheit sei er es gewesen, der das zunächst finanziert habe, und er tue dies auch weiterhin. Sein bekanntermaßen enormer Reichtum erlaube es ihm, als inoffizieller Geldgeber der Aufständischen zu agieren.
»Sie müssen zugeben», unterbrach er sich und deutete mit dem Pfeifenstiel auf Max, »dass meine Geschichte Sie zu fesseln beginnt.«
»Mag sein.«
»Ich habe es Ihnen ja gleich gesagt. Ich bin ein guter Erzähler.«
Und Mostaza fuhr fort: Ferriols Widerstand gegen die Republik sei nicht rein ideologisch gewesen. Er habe mehrere Anläufe genommen, mit den aufeinanderfolgenden republikanischen Regierungen zu paktieren, ohne dass etwas Konkretes dabei herausgekommen sei. Man habe ihm misstraut, und das nicht ohne
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