Dreimal im Leben: Roman (German Edition)
Mostazas über das der italienischen Spione und erfüllte ihn mit neuer Sorge. Im Grunde war der einzige wirklich einfache Tag in seinem Leben jeweils der, den er am Abend, wenn er in einen stets leichten, unruhigen Schlaf sank, hinter sich lassen konnte.
Mit einem Mal roch er ganz in der Nähe ein bestimmtes Parfüm. Arpège, dachte er instinktiv. Und als er sich umwandte – seit Bueno Aires waren neun Jahre vergangen – stand Mecha Inzunza vor ihm.
8 LA VIE EST BRÈVE
»Du rauchst immer noch diese türkischen Zigaretten», bemerkte sie.
Sie sah ihn eher neugierig als überrascht an – den gut geschnittenen Anzug, seine Gesichtszüge –, als suchte sie passende Stellen für verstreute Puzzleteile. Lichtreflexe schienen sich in ihren Wimpern verfangen zu haben. Der matte Glanz der nahen Lampen glitt über den elfenbeinfarbenen Satin ihres Abendkleides, das sich weich um Schultern und Hüften schmiegte, ihre bloßen Arme und den tiefen Rückenausschnitt. Ihre Haut war gebräunt, und sie trug das Haar nach der Mode, etwas länger als in Buenos Aires, leicht gewellt, seitlich gescheitelt, mit freier Stirn.
»Was machst du hier, Max?«
Die Frage kam nach einem kurzen Schweigen. Eigentlich war es keine Frage, sondern das Fazit einer Überlegung, und was sie damit sagen wollte, war eindeutig: Was hier geschah, war ausgeschlossen. Unmöglich konnte der Lebensweg des Mannes, den Mecha Inzunza an Bord der Cap Polonio kennengelernt hatte, auf natürliche Weise in dieses Haus geführt haben.
»Antworte mir. Was machst du hier?«
In ihrem Beharren lag eine gewisse Schärfe. Und Max, der nach dem ersten Schrecken und einer leichten Panikattacke allmählich seine Kaltblütigkeit wiedergewann, sah ein, dass es unklug wäre, weiter zu schweigen. Indem er den Impuls niederrang, davonzulaufen und sich irgendwo zu verstecken – er fühlte sich wie eine rohe Muschel, die gerade einen Spritzer Zitronensaft abbekommen hatte –, blickte er in das doppelte honigfarbene Funkeln und setzte ein alles dementierendes Lächeln auf.
»Mecha ...«, sagte er.
Es war nur ein Versuch, Zeit zu gewinnen. Ihr Name und sein Lächeln. Sein Kopf arbeitete auf Hochtouren. Ohne Erfolg. Mit einem raschen, verstohlenen Blick nach allen Seiten versicherte er sich, dass ihr Gespräch keinen der anderen Gäste aufmerken ließ. Als die Frau ihn dabei ertappte, wurde der goldene Glanz unter ihren gezupften und mit einem braunen Stift nachgezeichneten Brauen hart. Sie ist immer noch wunderschön, dachte er absurderweise. Reifer und weiblicher. Er schaute auf ihre halb geöffneten, knallrot geschminkten Lippen – ihren immer noch eher erwartungsvollen als zornigen Ausdruck – und ließ den Blick zu ihrem Hals hinabwandern. Und da sah er die Kette: herrliche Perlen, sanft schimmernd, fast matt, dreifach geschlungen. Darüber konnte er seine Verblüffung nicht verhehlen. Entweder sie sah genauso aus wie die, die er neun Jahre zuvor verkauft hatte, oder es war tatsächlich dieselbe Kette.
Womöglich war das seine Rettung gewesen, wie er später dachte. Seine Fassungslosigkeit, als er die Kette erkannte. Der plötzliche Triumph in ihren Augen, als sie seine Gedanken zu lesen schien. Der zuerst hochmütige, dann ironische Blick und schließlich ihr leises, unterdrücktes Lachen, das ihre Kehle und ihre Lippen erbeben ließ, fast ein Lachkrampf. Sie hob eine Hand – in der anderen hielt sie eine schmale Unterarmtasche aus Schlangenleder – und die Spitzen ihrer langen, feingliedrigen Finger mit den in der Farbe der Lippen lackierten Nägeln und dem Ehering als einzigem Schmuck legten sich auf die Perlen.
»Ich habe sie eine Woche später in Montevideo wiederbekommen. Armando hatte sie für mich gefunden.«
Flüchtig vergegenwärtigte sich Max das Bild ihres Mannes. Nach Buenos Aires hatte er ihn auf Fotos in Illustrierten gesehen, einige Male sogar im Kino in der Wochenschau, untermalt von den Klängen seines berühmten Tangos.
»Wo ist er?«
Hastig blickte er um sich, während er überlegte, inwieweit die Anwesenheit Armando de Troeyes die Lage verschärfen könnte, beruhigte sich aber, als er sie betrübt mit den Schultern zucken sah.
»Nicht da ... Er ist im Moment weit weg.«
Max war schon immer ein Mann, der sich zu helfen wusste, und mit den Jahren hatten ihn seine windigen Abenteuer charakterlich weiter gestählt. Dank der Fähigkeit, seine Gefühle zu zügeln, war er schon des Öfteren einem Fiasko entgangen. Und in diesem Moment, da er
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