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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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sich zwang, schnell und präzise zu denken, verlieh ihm die Gewissheit, dass ihn jedes Anzeichen von Nervosität einem französischen Gefängnis näher brachte, das nötige Rüstzeug, um der Lage wieder Herr zu werden. Oder zumindest, den Schaden zu begrenzen. Paradoxerweise, sagte ihm sein Instinkt, könnte die Kette mein Ausweg sein.
    »Die Kette«, sagte er, ohne zu wissen, wie er fortfahren sollte, nur um Zeit zu gewinnen und sich eine Verteidigungsstrategie zurechtzulegen. Aber das genügte. Erneut berührte sie die Perlen. Diesmal ohne zu lachen, doch wieder mit diesem herausfordernden Blick. Dem triumphierenden Lächeln.
    »Die argentinische Polizei erwies sich als sehr hilfsbereit. Sie nahm die Anzeige auf, als mein Mann das Verschwinden der Perlen meldete, und stellte den Kontakt zu den uruguayischen Kollegen her. Armando fuhr nach Montevideo und kaufte die Kette von dem Mann zurück, an den du sie verschachert hattest.«
    Er hatte seine Zigarette zu Ende geraucht, und mit dem qualmenden Rest zwischen den Fingern sah er sich angelegentlich nach einem Platz dafür um, als erforderte das seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Schließlich entdeckte er auf einem nahen Tischchen einen schweren Aschenbecher aus geschliffenem Kristall.
    »Tanzt du nicht mehr, Max?«
    Endlich sah er sie an. Blickte ihr so gelassen wie irgend möglich in die Augen. Was ihm offensichtlich recht gut gelang, denn nachdem sie ihm in bissigem Ton diese Frage gestellt hatte, schaute sie ihm eine Weile ins Gesicht, ehe sie stumm zu einem Gedanken nickte, der ihm verschlossen blieb. Sie schien erstaunt und amüsiert zugleich über die Ruhe dieses Mannes. Seine ungerührte Dreistigkeit.
    »Ich führe jetzt ein anderes Leben«, sagte er.
    »Die Riviera ist dafür kein schlechter Platz. Woher kennst du Suzi Ferriol?«
    »Ich bin mit einer Freundin hier.«
    »Mit wem denn?«
    »Mit Asia Schwarzenberg.«
    »Ah.«
    Nach und nach begaben sich die Gäste ins Speisezimmer. Die junge Blonde kam, gefolgt von ihrem Begleiter, mit dem sie sich auf Französisch gestritten hatte, an ihnen vorbei, wobei sie einen aufdringlichen Parfümschweif hinter sich herzog und er auf seine Taschenuhr sah.
    »Mecha. Du bist ...«
    »Lass gut sein, Max.»
    »Ich habe den Tango gehört. Tausendmal.«
    »Ja. Das ist anzunehmen.«
    »Ich würde dir gern ein paar Dinge erklären.«
    »Erklären?« Wieder der zweifache goldene Blitz. »Das sieht dir aber gar nicht ähnlich. Auf den ersten Blick dachte ich, du hättest dich in all diesen Jahren ein bisschen gebessert. Mir ist dein Zynismus lieber als deine Erklärungen.«
    Max hielt es für gescheiter, darauf nicht zu antworten. Erblieb an ihrer Seite, aufrecht und anscheinend vollkommen ruhig, vier Finger der rechten Hand in der Jackentasche, und sah sie leise schmunzeln, als machte sie sich über sich selbst lustig.
    »Ich habe dich eine ganze Weile beobachtet«, sagte sie, »ehe ich auf dich zugekommen bin.«
    »Ich habe dich nicht gesehen. Tut mir leid.«
    »Ich weiß, dass du mich nicht gesehen hast. Du wirktest etwas in dich gekehrt. Ich habe mich gefragt, was dir wohl durch den Kopf geht. Was du hier machst und woran du denkst.«
    Sie wird mich nicht bloßstellen, dachte Max. Zumindest nicht heute Abend. Nicht vor dem Kaffee und der Zigarette. Trotz dieser momentanen Sicherheit war ihm jedoch bewusst, dass er sich auf schwankendem Boden bewegte. Er brauchte Zeit zum Überlegen. Um abzuwägen, inwieweit das Auftauchen von Mecha Inzunza eine Komplikation darstellte.
    »Ich habe dich sofort erkannt«, sagte sie weiter. »Ich war nur zuerst unschlüssig, wie ich mich verhalten sollte.«
    Sie deutete auf die andere Seite des Vestibüls, wo eine Treppe ins obere Stockwerk führte. Am Fuß der Treppe standen Kübel mit großen Gummibäumen und ein Tisch, von dem ein Kellner soeben ein paar leere Gläser nahm.
    »Du bist mir aufgefallen, als ich dort herunterkam. Du warst einer der wenigen, die standen ... Es gibt Männer, die sich setzen, und Männer, die herumstehen. Die Letzten machen mich meistens misstrauisch.«
    »Seit wann?«
    »Seit ich dich kenne ... Ich erinnere mich, dass ich dich kaum je habe sitzen sehen. Weder auf der Cap Polonio noch in Buenos Aires.«
    Sie gingen ein paar Schritte in Richtung des Speiseraums und hielten an der Tür inne, um sich auf dem Schild nocheinmal der ihnen zugedachten Plätze zu vergewissern. Max bereute, beim ersten Mal nicht alle Namen aufmerksam gelesen zu haben. Denn dort stand der ihre:

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