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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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sehen.
    »Vermisst du deinen Mann?«, fragte Max.
    »Manchmal.« Mecha hatte eine Weile gebraucht, bis sie antwortete. »Aber an der Riviera ist es schön. Eine Art Fremdenlegion, in die nur Leute mit Geld aufgenommen werden: spanische Flüchtlinge beider Seiten, Italiener, die Mussolini nicht mögen, reiche Deutsche auf der Flucht vor den Nazis ... Mich stört nur, dass ich seit über einem Jahr nicht in Spanien gewesen bin. Dieser dumme, grausame Krieg.«
    »Nichts hindert dich, in die nationale Zone zu reisen, wenn dir danach ist. Die Grenze von Hendaya ist offen.«
    »Das mit der Dummheit und der Grausamkeit gilt für die einen wie für die anderen.«
    Noch einmal glomm die Glut auf. Dann kurbelte sie das Fenster herunter und warf den Zigarettenstummel in die Nacht.
    »Jedenfalls war ich nie auf Armando angewiesen.«
    »Du meinst, was Geld angeht.«
    »Deine teuren Klamotten tun deiner Unverschämtheit offenbar keinen Abbruch, mein Lieber.«
    Er wusste, dass sie ihn ansah, hielt den Blick aber fest auf das ferne Kreisen des Leuchtfeuers gerichtet. Mecha regte sich auf ihrem Sitz, und er spürte wieder die Nähe ihres Körpers. Warm war er, erinnerte er sich. Schlank, weich und warm. In Susana Ferriols Haus hatte er ihren nackten Rücken bewundert: den Ausschnitt im elfenbeinfarbenen Satin, die bloßen Arme, die Kurve, die der Hals beschrieb, wenn sie den Kopf neigte, ihre Gesten im Gespräch mit den anderen Gästen, ihr liebenswertes Lächeln. Ihr plötzlicher Ernst, wenn sie vom anderen Ende des Speisezimmers oder Salons aus seinen Blick spürte und einen doppelten Goldblitz auf ihn richtete.
    »Als ich Armando kennenlernte, war ich noch ein halbes Kind. Er hatte Lebenserfahrung und Phantasie.«
    Wogen der Erinnerung brachen sich in Max’ Kopf mit unangenehmer Wucht. Ein Übermaß an Empfindungen, dachte er, und der Begriff erschien ihm angemessener als das Wort Gefühle. Er musste sich zusammenreißen, um ihr weiter zuzuhören.
    »Ja«, sagte Mecha. »Das Beste an Armando war seine Phantasie ... Am Anfang war es das.«
    Sie hatte das Seitenfenster offen gelassen, und die nächtliche Brise wehte herein. Kurz darauf kurbelte sie es wieder hoch.
    »Er fing an, mir von anderen Frauen zu erzählen, die er kennengelernt hatte«, fuhr sie fort. »Für mich war es wie ein Spiel. Ich fand es erregend. Herausfordernd.«
    »Er hat dich auch geschlagen. Der Mistkerl.«
    »Nenn ihn nicht so ... Du verstehst das nicht. Das alles war Teil des Spiels.«
    Wieder bewegte sie sich, und Max hörte das feine Rascheln ihres Kleides auf dem Lederpolster. Beim Verlassen des Hauses von Susana Ferriol hatte er kurz ihre Taille berührt, als er ihr an der Tür galant den Vortritt ließ, um ihr dann die Treppe hinunter wieder voranzugehen. Doch in jenem Augenblick war er zu angespannt, zu gefangen in der unerwarteten Situation, um seiner Empfindungen – vielleicht waren es ja doch Gefühle, überlegte er jetzt – gewahr zu werden. Nun aber, in der intimen Atmosphäre des Autos, erinnerte er sich daran, wie sich das Abendkleid um ihre Hüften schmiegte, und dabei überkam ihn eine reale, äußerst körperliche Begierde. Ein ungeheures Verlangen nach dieser Haut und nach diesem Fleisch.
    »Irgendwann gingen wir dann von der Theorie zur Praxis über«, erzählte sie weiter. »Schauten anderen zu und ließen uns von anderen beobachten.«
    Ihm war, als kehrte er aus weiter Ferne zurück, und es dauerte einen Moment, bis er merkte, dass sie immer noch von Armando de Troeye sprach. Von der eigentümlichen Beziehung, deren Zeuge und verstörter Mitspieler Max selbst bei zwei Gelegenheiten in Buenos Aires gewesen war.
    »Ich fand unter seiner Anleitung Gefallen an wüsten Ausschweifungen. Entdeckte Gelüste, die ich mir nie zugetraut hätte. Und das stachelte die seinen an.«
    »Warum erzählst du mir das?«
    »Warum ich dir das jetzt und hier erzähle?«
    Sie schwieg lange. Irritiert von der Unterbrechung oder von seiner Frage. Ihre Stimme klang belegt, als sie wieder sprach.
    »Diese letzte Nacht in Buenos Aires ...«
    Unvermittelt brach sie ab. Sie öffnete den Wagenschlag, stieg aus und ging unter Pinien durch die Dunkelheit bis zu der Steinbrüstung. Max blieb einen Moment verwirrt sitzen, dann folgte er ihr.
    »Promiskuität«, hörte er sie sagen. »Was für ein hässliches Wort.«
    Draußen in der Nacht schienen die Lichter der Stadt zu flimmern, überstrahlt in regelmäßigen Intervallen vom Schein des Leuchtturms. Mecha hatte die

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