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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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du die Mittel, deinen Lebensstil beizubehalten?«
    »Das mit Spanien war ja abzusehen, also hatte Armando Vorkehrungen getroffen. Und ich kenne die entsprechenden Leute, damit gewisse Dinge ihren ordnungsgemäßen Gang gehen, bis dieser Irrsinn vorbei ist.«
    Max sah dem rotierenden Schein des Leuchtfeuers zu und sagte nichts, denn er sann über die entsprechenden Leute nach, die von ihrem Geld beschützt wurden, und fragte sich, was Susana Ferriols Gäste wohl unter dem ordnungsgemäßen Gang der Dinge verstanden. Er wischte diese Überlegungen beiseite, als er den vertrauten Stich sehr alter Ressentiments spürte. Wenn man bedachte, wie es in der Welt zuging, war es im Grunde gar nicht so weit hergeholt, dass Armando de Troeye von seiner Pförtnerin verraten und von Milizionären ins Gefängnis geworfen wurde. Ab und zu musste nun einmal jemand im Namen oder anstelle der entsprechenden Leute bezahlen. Und damit kamen die noch zu billig davon. Dennoch war das Wort Irrsinn, mit dem Mecha die Lage in Spanien bezeichnet hatte, ziemlich zutreffend. Mit seinem venezolanischen Pass war Max ein paar Monate zuvor geschäftlich in Barcelona gewesen. Ein paar Tage hatten ausgereicht, das ganze traurige Spektakel der in chaotischer Auflösung begriffenen Republik zu erkennen: Katalanische Separatisten, Kommunisten, Anarchisten, Sowjetagenten metzelten sich gegenseitig nieder, jeder gegen jeden. Rechneten wie besessen miteinander ab, mit einer Entschlossenheit, die sie nicht einmal im Kampf gegen die Franquisten aufgebracht hatten. Neid, Verrohung und Niedertracht, so Mechas klarsichtige und präzise Diagnose.
    »Zum Glück habe ich keine Kinder«, sagte sie. »Es ist nicht ganz einfach, mit einem Kind in den Armen zu rennen, wenn Troja in Flammen steht. Hast du welche?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    Kurzes Schweigen. Lauernd, so kam es ihm vor. Er wusste, welche Frage nun käme.
    »Und geheiratet hast du auch nicht?«
    Er lächelte in sich hinein. Mecha konnte sein Gesicht nicht sehen.
    »Auch nicht. Soweit ich weiß.«
    Sie ging auf seinen Scherz nicht ein und verstummte neuerlich. Die Lichter von Nizza zeichneten geschlängelte Linien auf das schwarze, stille Wasser zehn Meter unterhalb der steinernen Brüstung der Aussichtsplattform.
    »Einmal glaubte ich, dich von weitem gesehen zu haben. Auf der Pferderennbahn in Longchamps vor drei Jahren ... Kann das sein?«
    »Möglich«, log er, obwohl er nie in Longchamps gewesen war.
    »Ich habe mir von meinem Mann das Fernglas geben lassen, aber dann konnte ich mich nicht vergewissern. Ich habe dich nicht mehr ausmachen können in der Menge.«
    Max’ Augen schweiften in die Richtung der Felsen des Lazareto, die in der Dunkelheit verborgen lagen. Susana Ferriols Villa war ein kleiner schwarzer Schattenriss zwischen den schemenhaften Pinien. Er sollte es von dort aus versuchen, überlegte er. Vom Ufer kommend dürfte es kein Problem sein, unauffällig über die Mauer zu klettern. Auf alle Fälle würde er alles unbedingt noch einmal bei Tageslicht in Augenschein nehmen müssen. Das Gelände gründlich inspizieren. Den Weg hinein und vor allem den Weg hinaus.
    »Ich habe seltsame Erinnerungen an dich, Max ... Der Tango de la Guardia Vieja . Unser kurzes Abenteuer.«
    Ihre Worte holten ihn zurück in die Gegenwart. Zu ihrem Profil in der Dämmerung.
    »Seit Jahren höre ich diese Melodie«, sagte sie. »Überall.«
    »Ich nehme an, dein Mann hat die Wette mit Ravel gewonnen.«
    »Das weißt du noch?« Sie wirkte erstaunt. »Du erinnerst dich an die Wette Tango gegen Bolero? Es war sehr lustig. Und Ravel hat sich als guter Verlierer erwiesen. Noch am Abend der Uraufführung in der Salle Pleyel in Paris gestand er seine Niederlage ein und bezahlte uns ein Essen im LeGrand Véfour mit Strawinsky und noch ein paar Freunden.«
    »Dein Mann hat einen großartigen Tango geschaffen. Einfach perfekt.«
    »Eigentlich haben wir ihn zu dritt geschaffen ... Hast du je dazu getanzt?«
    »Sehr oft.«
    »Mit anderen Frauen, natürlich.«
    »Natürlich.«
    Mecha legte den Kopf an die Rückenlehne.
    »Was ist aus meinem Handschuh geworden? Dem weißen, weißt du noch? Den du als Einstecktuch getragen hast. Habe ich den eigentlich wiederbekommen?«
    »Ich denke schon. Ich kann mich nicht erinnern, ihn behalten zu haben.«
    »Schade.«
    Ihre Hand mit der Zigarette lag auf dem Lenkrad, und wenn der Strahl des Leuchtturms vorüberglitt, waren im Gegenlicht die aufsteigenden Rauchspiralen zu

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