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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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bin zweiundfünfzig Jahre alt. Zu alt, um weiter Schlösser zu knacken und im Dunkeln durch fremde Häuser zu schleichen. Außerdem habe ich sieben Jahre hinter Gittern verbracht. Ich bin Witwer mit zwei unverheirateten Töchtern. Du glaubst gar nicht, wie man sich da auf seinen Patriotismus besinnt. Den Arm ausstreckt und grüßt, was einem über den Weg läuft ... Italien hat Zukunft, wir sind auf der richtigen Seite. Wir haben Arbeit, es werden Häuser, Stadien und Panzerkreuzer gebaut, und den Kommunisten verpassen wir Rizinusöl undeinen Tritt in den Arsch.« Nach diesem lockeren Finale seiner ernsten Ansprache zwinkerte Fossataro dem immer noch ungerührt dastehenden Barbaresco zu. »Abgesehen davon ist es angenehm, die carabinieri zur Abwechslung mal nicht gegen sich zu haben.«
    Zwei gutgekleidete Frauen gingen auf klappernden Absätzen vorbei in Richtung der Rue Centrale: Hüte, Handtaschen, schmal geschnittene Röcke. Eine von ihnen war sehr hübsch, und für einen Moment kreuzte sich ihr Blick mit dem von Max. Fossataro sah ihnen hinterher, bis sie um die Ecke bogen. Sex und Geschäfte darf man niemals vermischen, hatte Max ihn früher oft sagen hören. Außer wenn der Sex den Geschäften förderlich ist.
    »Weißt du noch, damals in Biarritz?«, fragte Fossataro. »Die Geschichte im Hotel Miramar?«
    Er lächelte versonnen, was sein Gesicht verjüngte und seinen trüben Augen plötzlich etwas Glanz verlieh.
    »Wie lange ist das her?«, fragte er weiter. »Fünf Jahre?«
    Max nickte. Der genießerische Gesichtsausdruck des Italieners rief ihm Holzstege am Meer in Erinnerung, Strandbars, geschniegelte Kellner, Frauen in enganliegenden Anzügen mit weiten Hosenbeinen, braungebrannte nackte Rücken, prominente Gesichter, Feste mit Filmstars, Sängern, Geschäftsmännern und Menschen aus der Modebranche. Wie Deauville und Cannes war Biarritz im Sommer ein gutes Jagdrevier voller Gelegenheiten, sofern man ein Auge dafür hatte.
    »Der Schauspieler und seine Verlobte«, sagte Fossataro, noch immer lächelnd.
    Dann erzählte er Barbaresco vergnügt, wie Max und er im Sommer 1933 ein raffiniertes Netz um eine Filmschauspielerin namens Lili Damita gesponnen hatten, die Max auf dem Golfplatz von Chiberta kennengelernt und drei Tage lang, morgens am Strand, nachmittags in der Bar und abendsbeim Tanz, umgarnt hatte. Bis in der entscheidenden Nacht – als Max sie zum Tanzen ins Hotel Miramar ausführen wollte, während Fossataro in ihre Villa einbrechen würde, um Schmuck und Geld im Wert von geschätzten fünfzehntausend Dollar zu erbeuten – plötzlich ihr Zukünftiger, ein berühmter Hollywoodstar, der seine Dreharbeiten geschmissen hatte, vor dem Hotel auftauchte. Zwei glückliche Umstände jedoch waren Max’ Rettung: Zum einen hatte der eifersüchtige Bräutigam unterwegs eine Menge Alkohol zu sich genommen, sodass er, als seine Liebste an Max’ Arm aus dem Taxi stieg, nicht ganz sicher auf den Beinen war und taumelte, wodurch der Faustschlag, den er dem Nebenbuhler zugedacht hatte, ins Leere ging. Und zum anderen saß Enrico Fossataro, der sich eben auf den Weg machen wollte, um die Villa auszuräumen, nur zehn Meter entfernt am Steuer eines Leihwagens und beobachtete den Vorfall. Er stieg aus, trat hinzu, und während Lili Damita kreischte wie ein Huhn, das mitansehen muss, wie sein Küken massakriert wird, verabreichten Fossataro und Max dem Amerikaner in aller Ruhe und systematisch eine Tracht Prügel – der die Portiers und Pagen des Hotels voller Genugtuung zuschauten, denn der Schauspieler war wegen seiner üblen Trinkexzesse im Hause sehr unbeliebt –, als Entschädigung für die fünfzehntausend Dollar, die ihnen durch die Lappen gegangen waren.
    »Und soll ich dir sagen, wer der Kerl war?«, fragte Fossataro Barbaresco, der mit sichtlichem Interesse zuhörte. »Kein Geringerer als Errol Flynn!« Er lachte schallend und klopfte Max auf den Arm. »Dieser Typ hier und ich haben Captain Blood höchstpersönlich die Fresse poliert!«
    »Weißt du, was beim Schach das Buch ist, Max? Nicht ein Buch, sondern das Buch?«
    Sie spazieren im Garten des Hotels Vittoria, auf einemSeitenweg, dicht gesäumt von Bäumen, durch deren Zweige grell das Sonnenlicht fällt. Jenseits der von Kletterpflanzen bewachsenen Lauben segeln Möwen über der steilen Felsküste von Sorrent.
    »Ein Spieler ist seine Vorgeschichte«, erzählt Mecha weiter. »Seine Partien und Analysen. Hinter jedem Zug auf dem Brett stecken Hunderte

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