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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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Nizza.«
    »Du bist verrückt. Nizza ist dreißig Jahre her.«
    Mecha antwortet nicht. Sie raucht und sieht ihn an, alswäre damit alles gesagt und der Rest nicht mehr ihre Angelegenheit. Sie findet das lustig, denkt er plötzlich mit Schrecken. Die Situation und meine Bestürzung machen ihr Spaß.
    »Du meinst also, ich soll in die Räume der russischen Delegation einbrechen, Sokolows Schachbuch finden und dir bringen. Und wie soll ich das anstellen? Wie um alles in der Welt soll ich das anstellen?«
    »Du hast die nötigen Kenntnisse und Erfahrungen. Dir wird schon etwas einfallen.«
    »Sieh mich an.« Er beugt sich zu ihr und berührt sein Gesicht, als stünde dort alles geschrieben. »Ich bin nicht mehr der, den du in Erinnerung hast. Weder der aus Buenos Aires noch der aus Nizza. Ich habe jetzt ...«
    »Etwas zu verlieren?« Ihr Blick ist distanziert, herablassend und kalt. »Ist es das, was du sagen wolltest?«
    »Derartige Risiken bin ich schon lange nicht mehr eingegangen. Ich habe hier ein ruhiges Leben, ohne Probleme mit der Polizei, ich habe mich aus diesem Geschäft endgültig zurückgezogen.«
    Brüsk steht er auf und geht in der Laube auf und ab. Mit einem unbehaglichen Gefühl betrachtet er die ockerfarbenen Mauern des von den Russen bewohnten Gebäudes, das ihm mit einem Mal düster erscheint.
    »Außerdem bin ich zu alt für solche Sachen«, gibt er mit ehrlicher Verzagtheit zu. »Es fehlt mir körperlich und geistig an Kraft dafür.«
    Er hat sich Mecha wieder zugewandt. Sie sitzt da, raucht und schaut ihn ungerührt an.
    »Warum sollte ich das tun?«, wehrt er sich. »Sag es mir. Warum sollte ich mich in meinem Alter auf eine so riskante Angelegenheit einlassen?«
    Sie öffnet den Mund, als wollte sie etwas sagen, bleibt dann aber stumm. Sekundenlang sitzt sie da und mustert Max, die Zigarette zwischen den Fingern. Schließlich drücktsie den Stummel heftig auf die marmorne Tischplatte, als bräche ein lange im Zaum gehaltener Zorn unvermittelt aus ihr heraus.
    »Weil Jorge dein Sohn ist, du verdammter Idiot.«
    Seinen Besuch bei ihr in Antibes hatte er vor sich selbst als Vorsorgemaßnahme gerechtfertigt. Es wäre unverantwortlich, sagte er sich, sie in diesen Tagen unbeaufsichtigt zu lassen. Zu riskieren, dass sie Susana Ferriol gegenüber etwas ausplauderte, das ihn in Gefahr bringen könnte. Es war nicht schwierig, an ihre Adresse zu kommen. Ein Anruf bei Asia Schwarzenberg genügte, die ihrerseits nur wenige Nachforschungen anzustellen brauchte, damit Max zwei Tage nach dem Wiedersehen mit Mecha Inzunza am Tor einer von Lorbeerbäumen, Akazien und Mimosen umstandenen Villa in der Nähe von La Garoupe aus einem Taxi steigen konnte. Auf dem sandbestreuten Gartenweg parkte der Citroën, und Max ging unter Zypressen, deren Zweige ein schemenhaftes Geflecht vor der stillen, leuchtenden Oberfläche des nahen Meeres bildeten, zu dem Haus auf einem kleinen, steilen Hügel: einem Bungalow mit großer Terrasse und einer Sonnenveranda unter weiten Bögen, die sich zum Garten und zur Bucht hin öffneten.
    Sie schien nicht sonderlich überrascht. Nachdem ein Dienstmädchen die Tür geöffnet hatte und geräuschlos verschwunden war, empfing sie ihn mit verblüffender Selbstverständlichkeit. Sie trug einen japanischen Hausanzug aus Seide mit geraffter Taille, der ihre schlanke Gestalt streckte und schmiegsam den Rundungen der Hüften folgte. Sie hatte im Innenhof die Pflanzen gegossen, und ihre bloßen Füße hinterließen feuchte Abdrücke auf dem schwarzweißen Fliesenboden, als sie Max in den Salon führte. Dieser war im camping style eingerichtet, was in den letzten Jahren ander Riviera groß in Mode gekommen war: zusammenklappbare Stühle und Tische, Einbauschränke, Glas, Chrom und ein paar wenige Bilder an den nackten, weißen Wänden; ein schönes, großzügiges Haus von schlichter Klarheit, wie man es nur mit viel Geld bewohnen konnte. Mecha servierte ihm einen Drink, sie rauchten und tauschten gesittet Banalitäten aus, als wären ihre letzte Begegnung und der Abschied nach dem Essen bei Susana Ferriol völlig normal verlaufen: über die Villa, die sie gemietet hatte, bis sich die Lage in Spanien gebessert hätte, darüber, dass es ein idealer Ort zum Überwintern sei; über den Mistral, der für einen immer blauen, wolkenlosen Himmel sorge. Als ihnen die Gemeinplätze ausgingen und die Oberflächlichkeiten lästig wurden, schlug Max vor, irgendwo in der Nähe etwas essen zu gehen, in

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