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Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
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natürlich kam auch das Einbrecherpaar nicht vor, ein Mann und eine Frau, die er im Herbst 1931 in Biarritz in der Bar Chambre d’Amour kennengelernt hatte, ihre vorübergehende Geschäftsverbindung, das Zerwürfnis, weil die Frau – eine schwermütige, attraktive Engländerin mit Namen Edith Casey, die darauf spezialisiert war, gut betuchte alte Junggesellen auszunehmen – die Zusammenarbeit mit Max auf eigene Faust so eng gestaltete, dass ihrem Partner die Intimität zu weit ging. Dieser Partner, ein weltgewandter, aber brutaler Schotte, der sich wahlweise McGill oder McDonald nannte, war aus mehr oder weniger berechtigten Gründen so eifersüchtig, dass daran ihre einträgliche Arbeitsgemeinschaft zerbrach, nachdem es zu einer unerfreulichen Szene zwischen den beiden Männern gekommen war, bei der sich Max gezwungen sah – zur Verblüffung des Paares, das ihn stets für einen friedfertigen, höflichen jungen Mann gehalten hatte –, ein paar schmutzige, in Afrika erlernte Legionärstricks anzuwenden, mit denen er McGill, McDonald oder wie immer er in Wahrheit heißen mochte, in einem Hotelzimmer am Golf von Deauville auf den Teppich schickte, um dann unter den wüsten Beschimpfungen Edith Caseys für immer aus ihrem Leben zu verschwinden.
    »Und du?«
    »Ach, ich ...«
    Sie hatte ihm aufmerksam zugehört. Auf Max’ Frage runzelte sie die Stirn und lächelte.
    »Die Welt der Reichen und Schönen. So heißt es doch in den Illustrierten, nicht wahr?«
    Er hätte gern die Hand ausgestreckt und ihr die Brille abgenommen, um ihre Augen zu sehen, wagte es jedoch nicht.
    »Ich habe nie verstanden, wie dein Mann ...«
    Er unterbrach sich, und sie sagte auch nichts. Max sah sein Spiegelbild in ihren dunklen Gläsern. Sie schien darauf zu warten, dass er seinen Satz zu Ende brachte.
    »Wie er ...«, setzte er noch einmal an, bevor er wieder verlegen stockte. »Ich weiß nicht. Du und er und ...«
    »... unsere Dreier? Ist es das, worauf du hinauswillst?«
    Langes Schweigen. Lautes Grillenzirpen aus den Pinien.
    »Buenos Aires war nicht das erste und auch nicht das letzte Mal«, sagte Mecha endlich. »Armando hat eine spezielle Sicht der Dinge. Auf die Beziehungen zwischen den Geschlechtern.«
    »Auf alle Fälle eine recht eigentümliche Sicht.«
    Ein freudloses Auflachen. Trocken. Ihre Handbewegung suggerierte ein Erstaunen.
    »Diese Prüderie hätte ich dir gar nicht zugetraut, Max. In Buenos Aires hast du nun wirklich nicht so gewirkt.«
    Mit der Fußspitze zeichnete sie etwas in den Sand. Könnte ein Herz werden, dachte er. Doch sie wischte es weg, als er eben glaubte, einen Pfeil zu erkennen.
    »Zuerst war es ein Spiel. Provokation. Die eigenen Moralvorstellungen herauszufordern. Später gehörte es einfach dazu.«
    Sie ging zwischen den Algenbüscheln auf das Ufer zu, bis sie vom blendenden Türkis des Wassers wie eingerahmt war.
    »Es war immer schon ein Thema, und es entwickelte sich eben. Schon am Morgen nach unserer Hochzeitsnacht richtete Armando es so ein, dass uns die Kellnerin, die das Frühstück brachte, nackt im Bett beim Liebesakt vorfand. Und wir lachten uns halb tot.«
    Um sie im Gegenlicht sehen zu können, musste Max die Augen mit der Hand abschirmen. Dennoch vermochte er ihren Gesichtsausdruck nicht zu erkennen. Nur eine Schattengestalt im Glanz der Bucht, die mit monotoner Stimme weitererzählte. Fast teilnahmslos.
    »Einmal gingen wir im Anschluss an ein Abendessen nach Hause. Ein Freund begleitete uns, ein italienischer Musiker, sehr attraktiv, mit gewelltem Haar und trägen Bewegungen. D’Ambrosio hieß er. Armando brachte den Italiener und mich dazu, vor seinen Augen miteinander zu schlafen. Er machte erst mit, nachdem er uns lange gebannt zugesehen hatte, mit einem Lächeln und einem sonderbaren Glanz in den Augen. Und dieser nahezu mathematischen Eleganz, die so charakteristisch ist für ihn.«
    »Hast du es immer ... als angenehm empfunden?«
    »Nicht immer. Vor allem am Anfang nicht. Eine bürgerlich-katholische Erziehung lässt sich nicht so leicht abschütteln. Aber Armando gefiel es, gewisse Grenzen zu überschreiten ...«
    Max klebte die Zunge am Gaumen. Die Sonne war heiß, und er hatte großen Durst. Auch empfand er eine seltsame Ernüchterung. Ein körperliches Unwohlsein. Am liebsten hätte er sich an Ort und Stelle zu Boden sacken lassen. Er bereute es, den Hut im Haus gelassen zu haben, wusste andererseits aber, dass es weder die Sonne noch die Hitze war, worunter er

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