Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
Vom Netzwerk:
geben und auch sonst keinen mehr, wenn es nach mir geht.«
    Sanft fasste er nach ihrem Handgelenk.
    »Mecha ...«
    »Halt den Mund.« Sie riss sich los. »Lass mich das fertig verbinden, und dann setze ich dich vor die Tür.«
    Sie bedeckte die Wunde mit Mull, klebte ein Pflaster darüber, und dabei streifte sie mit den Fingerspitzen seinen Schenkel; trotz der Verletzung reagierte sein Körper auf die warme Berührung und ihre Nähe, die nach Schlaf und nach Bett roch. Unbewegt saß sie auf der Sofakante, als registrierte sie in aller Nüchternheit eine Tatsache, die mit ihnenbeiden nichts zu tun hatte, hob den Blick und sah ihm in die Augen.
    »Dreckskerl«, murmelte sie.
    Dann löste sie den Gürtel ihres Morgenmantels, hob ihr Seidennachthemd hoch und setzte sich rittlings auf Max.
    »Herr Costa?«
    Ein Unbekannter steht auf der Schwelle des Zimmers im Hotel Vittoria. Ein weiterer auf dem Flur. Die Instinkte schlagen Alarm, noch ehe das Gehirn die konkrete Gefahr erkannt hat. Mit dem abgeklärten Fatalismus eines Mannes, der sich nicht zum ersten Mal in einer derartigen Situation sieht, nickt Max nur wortlos und ergeben. Es ist ihm nicht entgangen, wie der Fremde beiläufig einen Fuß über die Schwelle geschoben hat, um zu verhindern, dass Max die Tür zuschlägt. Doch das hatte er gar nicht vor. Er weiß, dass es nichts nützen würde.
    »Sind Sie allein?«
    Starker Akzent. Kein Polizist. Oder zumindest – die Gedanken rattern in seinem Kopf – kein italienischer Polizist. Der Mann steht inzwischen nicht mehr auf der Schwelle, sondern mitten im Zimmer. Ungeniert ist er eingetreten und sieht sich um, der andere bleibt auf dem Flur stehen. Der Eindringling ist hochgewachsen und hat dunkelblonde, lange, glatte Haare. Er hat große Hände mit abgekauten schmutzigen Nägeln. Am kleinen Finger der linken Hand trägt er einen massiven Goldring.
    »Was wollen Sie?«, fragt Max schließlich.
    »Sie abholen.«
    Der Akzent ist slawisch. Russisch wohl. Was für einen Akzent sollte der Mann auch sonst haben. Max bewegt sich rückwärts auf den Nachttisch zu, wo das Telefon steht. Der andere beobachtet ihn gleichmütig.
    »Es wäre nicht zu Ihrem Vorteil, Radau zu schlagen, Herr Costa.«
    »Raus hier.«
    Max weist auf die offene Tür, durch die man den Mann auf dem Flur sieht: klein, untersetzt, beängstigend breite Schultern unter einer schwarzen, zu engen Lederjacke. Er wirkt, als wäre er gegen alle Eventualitäten gewappnet, sprungbereit. Der mit den glatten Haaren hebt die Hand mit dem Ring, als halte er darin ein unwiderlegbares Argument.
    »Wenn Sie italienische Polizisten bevorzugen, kein Problem. Sie haben die freie Wahl. Wir wollen nur mit Ihnen reden.«
    »Worüber?«
    »Das wissen Sie genau.«
    Max überlegt fünf Sekunden lang, dabei versucht er, der aufsteigenden Panik Herr zu werden. Sein Puls rast, und er spürt, wie ihm die Knie weich werden. Er würde sich gern aufs Bett setzen, wenn das nicht nach Kapitulation oder Schuldeingeständnis aussähe. Im Stillen verflucht er sich. Es ist dumm und unverzeihlich, dass er in diesem Hotelzimmer geblieben ist. Er hat einfach nicht damit gerechnet, dass sie ihn so schnell ausfindig machen würden. Ihn so bald identifiziert hätten.
    »Um was es auch gehen mag, wir können ebenso gut hier reden«, entgegnet er schließlich.
    »Nein. Da sind ein paar Herren, die sich gern woanders mit Ihnen treffen möchten.«
    »Und wo wäre das?«
    »Nicht weit von hier. Fünf Minuten mit dem Auto.«
    Der mit den glatten Haaren tippt bei diesen Worten auf das Glas seiner Armbanduhr, als wäre das ein Beweis für seine Vertrauenswürdigkeit. Dann nickt er dem Mann auf dem Flur zu, der kommt herein, schließt gemächlich die Tür und beginnt, das Zimmer zu durchsuchen.
    »Ich gehe nirgendwo hin«, wehrt sich Max mit einer Entschlossenheit, die er nicht im Entferntesten empfindet. »Dazu haben Sie kein Recht.«
    Als hätte er die Beschäftigung mit dem Hotelgast erst einmal aufgeschoben, entgegnet der mit den glatten Haaren nichts, er lässt seinen Kollegen einfach gewähren, der die Schubladen der Kommode öffnet und mit methodischer Gründlichkeit das Schrankinnere inspiziert. Dann hebt er die Matratze und den Lattenrost hoch. Nach einer Weile schüttelt er den Kopf und sagt etwas in einer slawischen Sprache, von der Max nur das russische Wort nichevo versteht: nichts.
    »Das ist vorläufig nicht so wichtig.« Der mit den glatten Haaren nimmt das Gespräch wieder auf. »Wer welches

Weitere Kostenlose Bücher