Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Dreimal im Leben: Roman (German Edition)

Titel: Dreimal im Leben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arturo Pérez-Reverte
Vom Netzwerk:
Salle Pleyel mit Serge Lifar und Bühnenbildern von Picasso.«
    »Ein erfolgreicher Mann«, bemerkte Max sachlich.
    »Und was ist Erfolg für Sie, Max?«
    »Ein festes Jahreseinkommen ab fünfhunderttausend Peseten aufwärts.«
    »Ach ... Viel verlangen Sie ja nicht.«
    Er glaubte, einen gewissen Sarkasmus herauszuhören, und sah sie neugierig an.
    »Wo haben Sie Ihren Mann kennengelernt?«
    »Bei Eugenia de Errazuriz. Sie ist meine Patentante.«
    »Sie führen ein aufregendes Leben mit ihm, nehme ich an.«
    »Ja.«
    Die einsilbige Antwort kam brüsk. Ausdruckslos. Ihr Blick verlor sich jenseits der Rettungsboote, wo die steigende Sonne den Dunst graugolden zum Leuchten brachte.
    »Und was hat der Tango damit zu tun?«
    Er sah sie den Kopf senken, als gäbe es mehrere mögliche Antworten, die sie eine nach der anderen erwog.
    »Armando ist ein Spaßvogel«, sagte sie schließlich. »Er spielt gern. In jeder Hinsicht, nicht nur, was seine Arbeit betrifft ... Verwegene Spiele. Das ist es auch, was Djaghilew an ihm so fasziniert hat.«
    Sie machte eine Pause und betrachtete den Buchumschlag: das Bild eines elegant gekleideten Mannes, der an einem fernöstlich anmutenden, palmengesäumten Strand aufs Meer blickt.
    »Er sagt immer«, fuhr sie dann fort, »ihm sei es egal, ob eine Musik für Klavier, Geige oder die Trommel eines Marktschreiers geschrieben wurde ... Musik ist Musik, behauptet er. Und damit basta.«
    Die Brise war schwach, kaum mehr als der Fahrtwind des Ozeandampfers. Die Sonne, immer heller und blendender, heizte das Holz der Bank auf. Mecha Inzunza erhob sich, und Max tat es ihr sofort nach.
    »Und dieser eigentümliche Sinn für Humor, der so typisch ist für meinen Mann«, sprach sie im leichten Plauderton weiter. »Einem Journalisten hat er einmal gesagt, am liebsten hätte er, wie Haydn, für einen Monarchen gearbeitet. Eine Symphonie? Voilà, Majestät. Und wenn sie Euch nicht gefällt, kann ich sie zu einem Walzer umschreiben und einen Text dazudichten ... Er gibt gern vor, auf Bestellung zu komponieren, auch wenn das gar nicht stimmt. Das ist seine Art von Augenzwinkern. Seine Koketterie.«
    »Es gehört große Intelligenz dazu, die eigenen Gefühle als Schwindel zu tarnen«, sagte Max.
    Das hatte er irgendwo gehört oder gelesen. In Ermangelung echter eigener Bildung hatte er es im Aufschnappen kluger Aussprüche anderer zu wahrer Meisterschaft gebracht. Und in der Auswahl des passenden Moments, sie in seine Rede einzuflechten. Mecha Inzunza sah ihn leicht verdutzt an.
    »So, so. Mag sein, dass wir Sie unterschätzt haben, Herr Costa.«
    Er schmunzelte. Gemächlich schlenderten sie zum Heck.
    »Max«, erinnerte er sie.
    »Max ..., klar.«
    Sie stellten sich an das Geländer, stützten sich darauf und schauten auf das Treiben unter ihnen: Reisekappen, weiche Hüte und weiße Panamahüte, Hüte mit breiten Krempen,modisch flache Damenhüte aus Filz mit bunten Bändern. Auf dem Deck der ersten Klasse, wo sich die Gänge von backbord und steuerbord auf der kleinen Terrasse des Fumoirs vereinigten, waren alle Tische im Freien von Passagieren besetzt, die das ruhige Meer und die milde Temperatur genossen. Es war die Stunde des Aperitifs, und ein Dutzend Kellner ging in kirschroten Jacketts zwischen den Tischen umher und balancierte Tabletts mit Getränken und Kanapees, während ein uniformierter Oberkellner aufpasste, dass alles so war, wie man es für den stolzen Fahrpreis erwarten konnte.
    »Sie wirken so gutgelaunt«, bemerkte sie. »Fröhliche Kellner ... Ob das am Meer liegt?«
    »Das sind sie aber nicht. Sie leben in Angst und Schrecken vor ihrem Chef und den Offizieren. Die gute Laune gehört einfach zu ihrer Arbeit. Sie werden dafür bezahlt, dass sie lächeln.«
    Wieder sah sie ihn überrascht an. Auf eine andere Art.
    »Sie scheinen etwas davon zu verstehen«, vermutete sie.
    »Allerdings ... Doch wir waren bei Ihrem Mann. Seiner Musik.«
    »Ah, ja. Ich wollte sagen, dass Armando gern in alten Sachen wühlt, Veraltetes ausgräbt. Er arbeitet lieber mit der Kopie als mit dem Original, lässt hier und da diesen oder jenen anklingen, Schumann, Satie, Ravel ... Er versteckt sich hinter einem Flickwerk. Er parodiert sogar, und vorzugsweise solche, die selbst parodieren.«
    »Ein ironischer Plagiator?«
    Wieder musterte sie ihn schweigend, durchdringend.
    »Viele nennen das Modernität«, milderte er den vorigen Ausdruck ab, weil er fürchtete, zu weit gegangen zu sein. Dazu das Lächeln eines

Weitere Kostenlose Bücher