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Drift

Drift

Titel: Drift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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einem halben Jahr bei dir und dann können wir nochmals darüber reden. Ich hab die Typen nämlich gesehen.«
    Vedran sah zu Fred, dann fixierte er Martin im Rückspiegel.
    »Wie viele waren es?«
    Martin sah weg, aus dem Fenster, wo die Landschaft vorbeiraste, und Fred antwortete auf die Frage.
    »Fünf.«
    »Fünf?«
    »Fünf.«
    »Feige Fotzen.«
    »Das kannst du laut sagen.«
    »Komm, mach das Radio an, genug von dem Scheiß, ich werde mich für den Rest meines Lebens daran erinnern, jeden Morgen, wenn ich in den Spiegel sehe.«
    Das leuchtete den beiden auf den vorderen Sitzen ein und Vedran machte das Radio an, aber es kamen Nachrichten und Fred suchte, bis er einen alten Song von Meri und dem schlecht singenden Spalato fand: »Konoba.«
    Die erste Strophe war gerade fertig und alle drei stiegen in den Refrain ein: »Konobo moja – radosti sva …«
    Sie sangen aus voller Kehle, Martin bei den Strophen zögernd, weil er die Worte nicht alle auswendig kannte, umso lauter aber beim Refrain.
    Vedran überholte und Martin und Fred winkten den Leuten in den überholten Fahrzeugen singend zu, und noch als sie auf dem Parkplatz des Flughafens die Bagagen aus dem Kofferraum hoben, |265| sangen sie den Refrain, wieder und wieder, und als sie Vedran singend bezahlten und ein dickes Trinkgeld drauflegten und ein Polizeiwagen mit runtergelassenen Scheiben langsam an ihnen vorbeirollte, sangen sie einfach weiter, hielten die Daumen hoch und sangen noch, als der Polizist auf dem Beifahrersitz aus dem Wageninnern rief: »Jungs, seid ihr in Ordnung?«
    »Konobo moja, radosti sva …«
    Vedran zuckte mit den Schultern, um zu signalisieren, die Jungs seien betrunken, er aber am Arbeiten und nur am Mitsingen, um ein besseres Trinkgeld zu bekommen … und die Polizisten lachten und fuhren weiter.
    Sie verabschiedeten sich von Vedran – Fred mit dem Versprechen, sich bei ihm zu melden – und betraten die für einen internationalen Flughafen winzig kleine Halle.
    Martin kaufte sich ein Ticket und sie aßen im Buffet je ein Sandwich, tranken ein paar Biere und konsumierten das restliche Koks, indem sie sich abwechselnd aufs Klo begaben – mit dem Resultat, dass sie im Flugzeug so high waren, dass sie sich gegenseitig ermahnen mussten, die Lautstärke ihres Gesprächs zu drosseln und keinen allzu offensichtlich drogeninduzierten Quatsch zu labern.
     
    In Zürich angekommen, rissen sie sich am Riemen, so gut es ging – denn auch wenn sie nichts mehr bei sich hatten, verspürten sie nicht die geringste Lust, die erniedrigende Prozedur einer körperlichen Durchsuchung über sich ergehen lassen zu müssen, nur weil sie im falschen Moment lachten oder einen für sie witzigen und für jeden Nüchternen nur durchgeknallten Kommentar von sich gaben.
    »Was jetzt?«, fragte Martin, nachdem sie alle Schranken passiert hatten und in Zürichs Abflughalle standen, die fünf Mal größer war als die in Zadar. Fred sah auf die Uhr und legte die Finger ans Kinn, als würde er überlegen.
    »Jetzt, mein Freund, schließen wir unsere Bagagen weg und besorgen uns Drogen. Mein Flug geht erst in sechs Stunden.«
    |266| Sie verstauten ihre Sachen in Schließfächern und begaben sich mit dem Zug in die Stadt. Unterwegs telefonierte Fred und eine Viertelstunde später trafen sie sich mit einem Dealer namens Daniel. Er sah brutal aus: großgewachsen, mit langem, schwarzen Haar, totenbleichem Gesicht und eingefallenen Wangen und Augenhöhlen. Er brachte das Geschäft mit Fred mit ein paar wenigen Worten über die Bühne und flatterte, Martin hätte das vor jedem Gericht bestätigt, in den dunklen Hintergassen der Langstraße davon wie eine riesige Fledermaus.
    »Der Typ ist ein Vampir«, sagte Martin und starrte in den wolkenlosen Nachthimmel über der Stadt.
    »Darauf würde ich meinen Hintern verwetten, sagte Fred und zog Martin am Ärmel in die nächste Bar, die, wie sich herausstellte – kaum hatten sie den Laden betreten, wurden sie schon von zwei hellbraunen Schönheiten angeflirtet – eine brasilianische Nuttenbar und absolut die richtige Wahl für die beiden in ihrem Zustand war.
    »Wow«, sagte Martin und grinste Fred an, während ihm »seine« Brasilianerin mit spitzen Fingern übers Pflaster und mit den langen Fingernägeln der anderen Hand über die Genitalien strich und etwas Unverständliches ins Ohr flüsterte, »das ist genau das, was ich jetzt brauche …!«
    »Jetzt trinken wir eine oder zwei Flaschen Champagner mit ihnen, dann

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