Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drift

Drift

Titel: Drift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
Vom Netzwerk:
Hinterhof steht, der früher mal ein schöner Hof mit Garten, Blumen und einem Hund gewesen sein muss, und Marko öffnet die Tür und man betritt das Haus, das alt riecht, sehr alt, keine Zentralheizung hier drin, denkt man, und dann alte, knorzige Treppen hoch und rein in eine Wohnung, in der die Gruppe sitzt und ihre Waffen putzt und Magazine lädt, freundliche Gesichter, als man hinter Marko zum Vorschein kommt, man könne sich dort hinten umziehen, bedeutet einem Nada, und man geht in das Zimmer, auf das sie deutet, kommt schließlich nach einer Weile im Tarnanzug heraus und Josko pfeift, man sehe ja richtig toll aus. »Nur die Haare, die müssen noch weg!«, sagt Boro, und Marina sagt, sie sollen einen in Ruhe lassen, und Nada findet die Uniform sexy und will wissen, was man da hat, und meint das eingepackte Gewehr.
    »Keine Ahnung«, sagt man und Tomo macht Platz auf dem Tisch und winkt einen zu sich.
    »Na los, zeig mal her!«

|124| CLUB
    Als Helena um zwei Uhr morgens noch nicht nach Hause gekommen war, beschloss Martin, auszugehen. Er hatte nicht die Kraft, gegen die Bilder anzukämpfen, die sein Hirn produzierte: Helena im Restaurant, einem Typen im Anzug gegenüber, der ihr ab und zu zärtlich über die Hand fuhr und sie zum Lachen brachte, Helena in einer Bar, der Blickfang des ganzen Ladens, die Hand des Typen auf ihrer Hüfte und am Ansatz ihres Hinterns tolerierend und genießend, tief in einen Flirt verwickelt; Helena nackt in seinem Bett, sich windend, stöhnend, seine Stöße genießend und mit Gegendruck erwidernd – Martin hatte seiner Paranoia nichts mehr entgegenzusetzen.
    Er packte seine Lederjacke, steckte Portemonnaie, Zigaretten und, beim Gedanken daran, dass er vielleicht Julien treffen würde, auch das Diktafon ein. Er musste seinen Kopf abstellen, dringend, egal wie. Die zwei Flaschen Wein hatten nicht geholfen, im Gegenteil, es war ihm, als würde der Alkohol den Film in seinem Kopf noch farbiger und lebendiger machen. Smudo, der Goldie, lag vor der Tür und folgte Martins Befehl, aus dem Weg zu gehen, nur widerstrebend, als wüsste er um dessen Gefühlszustand und Pläne, was vermutlich auch der Fall war.
    Martin ging in die Kneipe, die er früher bei Exzessen, wie er ihn für die heutige Nacht plante, immer als erste angesteuert hatte – dieselbe Kneipe, in der er mit Julien zum ersten Mal ein seriöses Interview geführt hatte.
    Die Bar war zum Überlaufen voll und Martin bahnte sich einen Weg durch die gegen die laute Musik anschreienden jungen Männer und Frauen, die sich angetrunken zu unterhalten versuchten. Er erreichte die Bar und winkte der knochigen Kellnerin, aber es war ihr Freund, ein bärtiger, tätowierter Südamerikaner, der ihn zuerst erblickte und zu ihm kam, um die Bestellung entgegenzunehmen.
    |125| »Whisky, dreifach, zwei Stück, ohne Eis!«, schrie Martin, und der Barkeeper nickte und entfernte sich, um die Drinks einzuschenken.
    Martin sah zwei hübsche Dinger, die sich am anderen Ende der Bar unterhielten und ihm halb verstohlene, halb offensichtlich interessierte Blicke zuwarfen, was Martin einerseits schmeichelte, und er sah sich schon hinübergehen, andererseits wollte er sich nicht in ein Gespräch verwickeln, um es anschließend mit irgendeiner faulen Ausrede unterbrechen zu müssen; heute musste Heroin her und dazu nahm er keine Mädels mit.
    »Hier!«, rief der Barkeeper und stellte Martin die zwei Whiskys hin. Martin zahlte und schüttete den ersten Whisky in sich hinein. Er holte tief Luft, um das anfängliche Brennen erträglicher zu machen, dann nickte er den beiden Girls zu, lächelte, trank den zweiten Whisky aus und verließ den Laden, das Handy schon in der Hand.
    Er öffnete das Namensverzeichnis und gab die Buchstaben »Dea« ein, worauf eine ganze Liste Namen erschien, denen Martin ein »Dea« vorangestellt hatte: alle Dealer, die er kannte. Er wählte Dea Kurt und nach dreimaligem Klingeln nahm der ab.
    »Ich bin’s«, sagte Martin.
    »Wer ist ich?«
    »Martin.«
    »Welcher Martin?«
    »Der-immer-saubere-große-Bilder-von-dir-will-Martin.«
    »Aha, klar. Der Martin.«
    »Bist du unterwegs?«
    »Ja.«
    »Links oder rechts?«, fragte Martin und meinte die Straßenseite.
    »Richtung Brücke.«
    »Gut. Mach schon ein Bild parat, bin in einer Minute da.«
    »Okay, bis gleich.«
     
    |126| Mit dem Gramm Heroin ging Martin direkt in die »Hütte«, einen Laden, der oben eine Bar und im Untergeschoss einen Club betrieb. Der Rausschmeißer kannte

Weitere Kostenlose Bücher