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Drimaxid 01 - Die Zelle

Drimaxid 01 - Die Zelle

Titel: Drimaxid 01 - Die Zelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Bader
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Kopf wurde ruckartig nach hinten und in den Nacken gerissen, sodass seine Wirbel hörbar knackten. Aus Fantasie wurde Wirklichkeit. Er spürte reale Schmerzen.
    Scheiße, ich habe mich wohl geirrt , stellte der logische Menschenverstand fest.
    Fingernägel bohrten sich in seine Kopfhaut. Ein feiner Blutstrom rann an seinem rechten Ohr herab. Adams Hände packten die kalten Finger. Die körperlose Hand hielt sich in seinen krausen Locken festgeklammert.
    Adam riss sein Bein nach oben. Das militärische Training hatte ihn beweglich gemacht. Er traf die Hand. Seine nackten Zehen knirschten.
    Adam ließ sich an der Wand hinab gleiten und lag plötzlich flach auf dem Boden. Über ihm schnappte die Hand gierig auf und zu. Sie hatte ihm ein paar Haare ausgerissen, die wie Spinnweben von den starren Fingern herabhingen. Er behielt die Hand genau im Auge, während er auf dem Rücken in die Mitte des Raumes kroch.
    Die Hand in der Ecke, die aus dem Boden gewachsen war, schien zu spüren, dass er näher kam. Ihre Bewegungen wurden hektischer. Fordernder. Adam richtete sich auf. Vor ihm ragte die zweite körperlose Hand aus der Wand. Er trat nach ihr und brach das Handgelenk. Die Hand hing jetzt regungslos herab, doch die Finger zuckten immer noch wie staksige Spinnenbeinchen.
    Was zum Teufel geht hier vor? , fragte er sich.
    Seltsam, dass er sich diese Frage erst jetzt stellte. Bisher hatte sein Bewusstsein die seltsamen Geschehnisse unbekümmert akzeptiert. Er hatte das Erlebte in einer vernebelten Benommenheit wahrgenommen. Ob man ihm Medikamente gegeben hatte? Drogen?
    Er erinnerte sich daran, dass er geschlafen hatte.
    Warum taten sie das?
    Eine Prüfung? Ein Test?
    Wollten sie herausfinden, ob er einer von »ihnen« geworden war? Einer der deformierten, schwarzen Scherenschnittmänner aus seinen Träumen?
    Etwas stieß von unten gegen seinen Fuß. Es kitzelte. Er hob sein Bein und blickte darunter. Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen, als sich eine weitere Hand aus dem Boden schob. Es schien so, als würde die Metallplatte sich verflüssigen und die einzelnen Moleküle langsam auseinander gleiten. Ein Wirbelsturm aus Atomen, ähnlich dem am Badewannenabfluss, wenn man das Wasser ablaufen lässt.
    Die Hand kroch aus dem Boden. Eine krebsähnliche Wesenheit ohne Augen. Die Faust öffnete sich, ein totenbleicher Schmetterling, der seine Flügel entfaltet, und die Finger schnappten nach Adam.
    Geistesgegenwärtig machte dieser einen Schritt zur Seite und entging den spitz zulaufenden Fingernägeln, die auf seine empfindlichen Zehenspitzen gezielt hatten. Dafür prallte seine Ferse gegen einen Widerstand, der jäh hinter ihm aufgetaucht war. Adam stolperte und fiel. Sein Hinterkopf prallte wuchtig gegen die Wand.
    Aber da war kein hartes Metall mehr, sondern nur weiches Fleisch. Hände! Dutzende Hände, die sich ihm gierig entgegenstreckten. Die sich in Haare und Haut krallten. Die seine Schultern packten und seine Arme.
    Jetzt boxte ihn niemand. Die gegenüberliegende Wand war voller zuckender Hände, aber keine reichte weit genug, um ihm Schaden zufügen zu können. Die gesamte Zelle war nun voller Hände. Hände hingen an der Decke; lebende Tropfsteine. Hände wuchsen aus dem Boden; wogende Grashalme im Wind. Hände ragten aus den Wänden; skurrile Jagdtrophäen.
    » Ohmmm «, machten die Zellenwände.
    Sie hatten seinen Laut aufgefangen und gespeichert. Sie hatten ihn konserviert, so wie ein Schmetterlingssammler die Falter auf einem Kissen mit Nadeln feststeckt und sie haltbar macht. Nun präsentierte ihm der »Jäger« stolz seine »Beute«.
    » Ohmmm. «
    Der Kubus des Schreckens , wie Adam die Zelle jetzt nannte, vibrierte, als würde er im Inneren einer Stimmgabel sitzen.
    Der feine Blutstrom von vorhin wurde zu einem reißenden Bach. Das Blut floss in Strömen über sein Gesicht und verklebte Adams Augen. Er prustete und hustete und blies die widerlich schmeckende Flüssigkeit von seinen Lippen.
    Die körperlosen Hände berührten ihn überall. Sie hielten ihn fest. Sie begrapschten ihn. Sie erforschten seinen Körper. Abgründe seiner verbogenen, sexuellen Fantasie taten sich auf. Er genoss ihre Berührungen, sog den Schmerz gierig in sich auf, leckte das Blut genüsslich mit der Zunge von seinen Lippen. Aber nur für einen kurzen Moment. Dann verschwand die Faszination wieder und was blieb war blanke Angst, die sich wie ein blitzendes Küchenmesser in seinen Verstand bohrte.
    Verschwinde! Weiche Dämon! Weiche!

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