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Dringernder Verdacht

Dringernder Verdacht

Titel: Dringernder Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Ich musterte Curtis’ Gesicht. »Und was
haben Sie daraus geschlossen?«
    »Daraus hab ich geschlossen, dass er’s
war. Haben Sie einen Freund?«
    »Er ist Polizist.«
    »Sie verschaukeln mich. Das glaub ich
nicht. Wie heißt er?«
    »Lieutenant Dolan.«
    »Was macht er?«
    »Mordkommission, Stadtpolizei Santa
Teresa.«
    »Gehen Sie nie mit anderen Männern
aus?«
    »Dazu ist er viel zu eifersüchtig. Er
würde Ihnen den Kopf abreißen, wenn er wüsste, dass Sie sich an mich ranmachen.
Haben Sie sonst je mit David Barney gesprochen?«
    »Außer im Bau und im Gericht? Glaube
nicht. Nur die beiden Male.«
    »Es kommt mir komisch vor, dass er so
was gesagt haben soll.«
    »Wieso? Das möcht ich wissen.« Er
stützte das Kinn auf die Faust, offenbar bereit, mich in einen längeren Disput
zu verwickeln.
    »Der Mann kennt Sie doch kaum, Curtis.
Wieso sollte er Ihnen etwas so Wichtiges anvertrauen? Noch dazu mitten im
Gericht...«, ich legte die eine Hand ans Ohr, »wo das Pochen des Richterhammers
noch nicht ganz verklungen ist.«
    Curtis runzelte nachdenklich die Stirn.
»Das müssen Sie ihn fragen, aber wenn Sie mich fragen, würd’ ich sagen,
weil er wusste, dass ich aus dem Knast kam. Vielleicht hat er mir einfach mehr
getraut als seinen hochgestochenen Freunden. Und wieso sollte er’s mir nicht
sagen? Der Prozess war doch vorbei. Was sollten sie denn schon machen? Selbst
wenn es jemand mitgekriegt hätte, hätten sie ihm doch nicht mehr ans Leder
gekonnt, weil sie ihn ja nicht zwei Mal vor Gericht stellen können.«
    »Wo hat sich dieser Wortwechsel
abgespielt?«
    »Gleich vor der Tür. Abteilung sechs.
Er kam raus, und ich hab ihm auf die Schulter geklopft und die Hand geschüttelt
—«
    »Und die Journalisten? War er denn in
dem Moment nicht von Reportern umlagert?«
    »Klar doch, und wie. War alles voll.
Sie haben seinen Namen gerufen, ihm Mikrofone unter die Nase gehalten und ihn
gefragt, wie er sich fühlt.«
    Ich merkte, wie meine Skepsis wuchs.
»Und mitten in dem ganzen Rummel hat er das gesagt?«
    »Ja, so war’s. Er hat sich zu mir
hingebeugt und mir ins Ohr geflüstert, genau wie ich gesagt habe. Sind Sie
Privatdetektivin?«
    Ich zuckte im Geist mit den Schultern
und fing an, seine Aussage schriftlich festzuhalten. »Das ist mein Job.«
    »Das heißt, wenn ich hier rauskomme und
ein Problem habe, kann ich Sie im Telefonbuch finden?«
    Ich achtete nicht sonderlich auf ihn,
da ich damit beschäftigt war, seine Worte in eine schriftliche Form zu bringen.
»Theoretisch schon.« Wenn du lesen kannst.
    »Wie viel nehmen Sie für so was? Was
kostet das?«
    »Kommt darauf an, worum es geht.«
    »Nur so etwa?«
    »Dreihundert die Stunde«, log ich
automatisch. Fünfzig würde er am Ende noch berappen können.
    »Ey, Mann, das glaub ich nicht.«
    »Plus Spesen.«
    »Verdammt, das kann doch nicht sein.
Wollen Sie mich verarschen oder was? Dreihundert die Stunde? jede
Stunde, die Sie arbeiten?«
    »So ist es.«
    »Da machen Sie ja eine Menge Geld. Für
eine Frau? Heiliger Strohsack«, sagte er. »Könnten Sie mir nich’ was pumpen?
Fünfzig oder hundert. Nur bis ich draußen bin, dann kann ich’s Ihnen
zurückzahlen.«
    »Ich finde, Männer sollten sich von
Frauen kein Geld leihen.«
    »Von wem soll ich mir’s denn sonst
leihen? Ich kenn keine Männer, die Kohle haben. Außer, sie sind Drogen-Bosse
oder so was. Und hier in Santa Teresa gibt’s noch nicht mal richtig dicke
Fische. Hier gibt’s höchstens Heringe.« Er lachte verächtlich. »Haben Sie eine
Kanone?«
    »Natürlich«, sagte ich.
    Er erhob sich halb von seinem Sitz und
spähte durch die Glasscheibe, als hätte ich womöglich einen Trommelrevolver an
der Hüfte hängen. »Hey, zeigen Sie mal her.«
    »Ich habe sie nicht dabei.«
    »Wo ist sie?«
    »In meinem Büro. Ich habe sie immer
dort liegen, für den Fall, dass jemand seine Rechnung nicht bezahlen will.
Können Sie das hier mal durchlesen und schauen, ob es Ihre Schilderung des
Gesprächs mit Mr. Barney zutreffend wiedergibt?« Ich schob das Blatt samt Stift
unter der Glasscheibe durch.
    Er sah kaum darauf. »So in etwa schon. Hey,
Sie können ja toll Druckschrift schreiben.«
    »Ich war ein Ass in der Grundschule«,
sagte ich. »Dürfte ich Sie um Ihre Unterschrift bitten?«
    »Wieso?«
    »Damit wir eine schriftliche
Zeugenaussage von Ihnen haben. Dann können wir vor Gericht Ihr Gedächtnis wieder
auffrischen, falls Sie bis dahin etwas vergessen.«
    Er kritzelte seine Unterschrift
darunter

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