Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)
muss ich sagen: Den anderen Harald Schmidt, den traurigen Clown, der möglicherweise hinter dieser Maske des Zynikers steckt, habe ich nie kennengelernt. Ich glaube, es gibt ihn gar nicht gibt. Harald ist eins zu eins so, wie er im Fernsehen oder in seinen Interviews auftritt. Er ist ein leidenschaftlicher Zyniker, der unheimlich gern über andere Menschen herzieht, die es verdient haben. Er seziert sie und filetiert sie nach allen Regeln der Kunst, das ist sein Lebenselixier. Und wenn ihm dabei zwei Millionen zuschauen, ist es schön. Aber wenn es nur 150000 auf Sky sind, oder die zweihundert im Studio, dann ist es auch recht.
Nach der WM 2006 ist der Club dann trotz prächtiger Quoten postwendend gleich wieder aus dem Programm geflogen – den hohen Herren bei der ARD -Hauptversammlung in Schwerin, darunter CSU -Landtagspräsident Alois Glück als BR -Verwaltungsratsvorsitzender, war das Format zu bierselig. Nicht einmal Programmdirektor Günter Struve, der für mich kämpfen wollte, hatte eine Chance gegen diese Entscheidung. Ich war fix und foxi, und das habe ich Struve auch deutlich gemacht: »Herr Doktor, Sie haben mir gesagt, machen Sie erst mal ordentlich Quote, und dann wissen Sie ja, wie es bei der ARD läuft. Was soll ich denn mehr machen als 24 Prozent Marktanteil?«
Der Club war also mausetot und fand auch im Herbst 2006 nach der WM nicht mehr statt. Und weil ich mir auch nicht alles gefallen lasse, habe ich gesagt: »Okay, ihr mögt’s mich nicht, also mag ich auch nimmer. Ohne Club gibt es auch kein Waldi und Harry bei den Sommerspielen 2008 in Peking.« Hui, da war aber was los bei den hohen Herren! Struve hat es erst mal nicht geglaubt: Mit dem Guru Schmidt zusammen auf Sendung, das lässt sich Waldi nicht entgehen, da lach ich mich ja kaputt!
Kaputtgelacht hat er sich aber nur so lange, bis mein Freund Roland, der ab und zu Hintergrundgespräche mit den ARD -Granden führte, Struve noch einmal ausrichten ließ: »Waldi ist finster entschlossen, nicht nach Peking zu fahren.« Und ich war tatsächlich finster entschlossen, finster wie ein Radlfahrer ohne Licht nachts im Tunnel. Ab da hat auch Struve offenbar daran geglaubt. Und als NDR -Intendant Jobst Plog kurz darauf auf einer Intendantensitzung einen Überblick zur Olympiaplanung 2008 präsentierte, selbstverständlich inklusive Waldi und Harry , hat sich der Doktor erlaubt einzuwerfen, dass Waldi und Harry nicht kom men würde, weil die Sportchefs und Programmdirektoren den Club gekippt haben. Und dann kam die Frage, ob man da noch etwas ändern könne. Struve bejahte – wenn der Club weitergeht. So wird Fernsehprogramm gemacht bei der ARD .
Ergebnis: Allgemeine Zustimmung. Der Club ging 2007 wei ter, und 2008 in Peking gab es Waldi und Harry , Volume 2 . Und es war Sommer, und es war wieder ein Riesenspaß. Harald und ich hatten in Peking das Paradies auf Erden, der Gebührenzahler bekam richtig was geboten für sein Geld. Wir wohnten im Hotel Kempinski, in dem auch das Deutsche Haus war, die offizielle deutsche Olympiavertretung. Unten war unser Fernsehstudio. Ich weiß noch, wie ein sehr entspannter und zufriedener Harald einmal beim Runterfahren im Aufzug zu mir meinte: »Waldi, stell dir mal vor, wir fahren jetzt im Aufzug zur Arbeit und kriegen auch noch Geld dafür.«
Das Studio war herrlich. Kogel wollte den totalen China-Kitsch wie beim Chinesen daheim in Deutschland, mit Drachen und allen Schikanen. Mia san mia, mia san Mao! Harald und ich saßen als Kaiser und Kaiserin von China in der Pagode. Sensationell! Und im Gegensatz zu allem, was du davor in Deutschland in der Zeitung gelesen hast, waren es wunderbare Spiele. Harald ist auf der Chinesischen Mauer rumgekraxelt und konnte filmen, soviel er wollte. Von wegen: nur Smog und nur Chinesen-Stasi, die du aber vor lauter Smog gar nicht siehst! Es war toll, wenn auch recht heiß, weshalb wir unseren Hotelarbeitsplatz nur ungern verlassen haben.
Besonders gern erinnere ich mich an drei ganz spezielle Pekinger Momente. Zum Auftakt hatten wir Schumi zu Gast – aber nicht den Rennfahrer, sondern den Radfahrer Stefan Schumacher aus Haralds Heimatstadt Nürtingen, der in den Monaten zuvor so schnell unterwegs war wie sonst nur der echte Schumi im Auto. In Peking legte Nürtingen-Schumi aber ein wundersames Bremsmanöver hin, was sich im Nachhinein, sagen wir mal, mit Schwierigkeiten nach der Zuführung gewisser Substanzen erklären lässt.
Lustig war’s trotzdem mit ihm, wir haben in
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