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Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition)

Titel: Dritte Halbzeit: Eine Bilanz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldemar Hartmann
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gemacht – auch wenn sich einige Zuschauer darüber beklagt haben, dass man mit Schnauzbart keine Nachrichten im Fernsehen präsentieren dürfe, weil dann das Lippenlesen nicht funktioniert.
    Das Sahnehäubchen war, dass ich das Radio nicht aufgeben musste, denn ich musste ja erst um halb vier nachmittags zur ersten Rundschau -Sitzung antreten. An manchen Tagen habe ich in der Früh in BR 3 das Morgentelegramm gemacht, im Jobsharing mit Sandra Maischberger oder Günther Jauch, und dann am Abend Fernsehen. Bis 1984 wurde der BR zum RH , zum Radio Hartmann. Ich habe dort alles gemacht: Zeitfunk, Verkehr, Regionalprogramm, Sport, nur keine Musiksendungen. In dieser Zeit habe ich den Hauptunterschied zwischen Radio und Fernsehen gelernt: Wenn du im Radio nichts sagst, ist Sendepause. Im Fernsehen ist es dagegen gut, wenn du mal ruhig bist. Leider hat das nicht jeder Kollege verstanden, den ich in den darauf folgenden drei ßig Jahren kennenlernen durfte.
    Bloß mit dem Sport im Fernsehen hat es vorerst nicht geklappt. Der damalige Fernsehsportchef Eberhard Stanjek kam zwar auf der Funkausstellung 1981 in Berlin mit einem Angebot auf mich zu, und Lust hätte ich auch gehabt, aber es scheiterte einfach an der Frage der Gage – die Rundschau zahlte zu gut. Die Kohle saß mit freundlicher Unterstützung des Gebührenzahlers damals locker beim Bayerischen Rundfunk. Es gab 1000 Mark am Abend für die Moderation von drei Rundschau -Ausgaben, eine Schweinekohle. Die Wochenendausgaben waren nicht so beliebt bei den Kollegen, die bei ihrer Familie sein wollten – also wurde ich auch noch zum Wochenend-Waldi. Ich hatte damit kein Problem, mir machte das ja Spaß. Eine Schicht dauerte von Freitag bis zum darauffolgenden Sonntag, also zehn Tage am Stück. Das war für ein Arbeiterkind wie mich der Wahnsinn, so viel Geld auf einmal!
    Aus diesem Grund befand sich der TV -Sportreporter Waldemar 1981 noch im Wartezustand. Das änderte sich erst 1984 mit dem sogenannten Kabelpilotprojekt München. Helmut Kohls Kabelfernsehen, sein mediales Herzensprojekt, brachte mich doch noch zum Sport. Der Altkanzler war also nicht nur an der Einheit schuld, sondern auch an mir.
    Und das lief so: Es gab in München, ähnlich wie in Lud wigshafen und Dortmund, zwei Kabelkanäle, die aus politischen Gründen vom BR bespielt werden mussten. Spektakuläre 700 Haushalte konnten zuschauen in der neuen Fernsehwunderwelt, taten dies aber nur theoretisch. In Wahrheit sah kein Mensch zu, wie uns schnell klar wurde. Ich weiß noch, wir haben mal ein Preisausschreiben gemacht: Rufen Sie uns an, Sie können 200 Mark gewinnen. Die Quizfrage laute: »Ohne Flei… kein Prei… Ersetzen Sie die fehlenden Buchstaben.« Also richtig anspruchsvoll. Niemand hat angerufen.
    Die Abwesenheit von Zuschauern änderte aber nichts daran, dass ein Programm hermusste. Und zwar viel Programm! Was gesendet wurde, war dabei so gut wie egal. Unsere Sendungen trugen unglaublich spannende Titel wie Freising im Bild . Ehrlicherweise war das der komplette Irrsinn – aber hinter dem Kabelprojekt stand nun einmal hohe bis allerhöchste bayerische Medienpolitik. Und natürlich musste auch der BR -Sport seinen Beitrag leisten zum fernsehzuschauerlosen Fernsehen der frühen Achtzigerjahre. Sportsendungen mussten gemacht werden, und Sportsendungen mussten moderiert werden.
    Auftritt Waldemar Hartmann.
    Die Kabelnummer war eine wunderbare Spielwiese. Man konnte alles ausprobieren. Und wenn etwas schiefging, war’s völlig wurscht. Es schaute ja keiner zu. So kam ich zum Sport im Fernsehen, war aber gleichzeitig fester Hauptmoderator der Rundschau , neben Annemarie Sprotte-Cramer und Petra Schürmann. Gleichzeitig habe ich die BR-Abendschau gemacht mit Sabine Sauer. Und mit Petra Schürmann den Samstagsclub .
    Mein Vorgesetzter war damals BR -Chefredakteur Franz Schönhuber. Und ich muss sagen, er war ein guter Chef, ein hervorragender Journalist, auch wenn sein späterer politischer Werdegang absolut indiskutabel war. Wenn Schönhuber nach Freimann kam, mit dem Taxi, zur Redaktionssitzung, lief das ungefähr so ab: Schönhuber fragt: »Was habt ihr heute als Themen?« Dann wurde brav vorgetragen: »Pressekonferenz Bayerische Landesbank« und ähnliche fade Themen. Schönhuber schaute dann kurz leidend und schlug seine eigenen Themen vor – also die, die die Leute wirklich interessierten: »Der Taxifahrer hat mir grad was erzählt – das ist eine Geschichte!« Das Motto vieler

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