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Drucke zu Lebzeiten

Drucke zu Lebzeiten

Titel: Drucke zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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verabschiedete, dankte sie für die Entlas-
    sung unter Tränen, wie für die größte Wohltat, die man
     ihr hier erwiesen hatte, und gab, ohne daß man es von
    ihr verlangte, einen fürchterlichen Schwur ab, nieman-
    dem auch nur das Geringste zu verraten.
    [  ]
    Nun mußte die Schwester im Verein mit der Mutter
    auch kochen; allerdings machte das nicht viel Mühe,
    denn man aß fast nichts. Immer wieder hörte Gregor,
    wie der eine den anderen vergebens zum Essen auffor-
    derte und keine andere Antwort bekam, als: „Danke, ich 
    habe genug“ oder etwas Ähnliches. Getrunken wurde
    vielleicht auch nichts. Öers fragte die Schwester den
    Vater, ob er Bier haben wolle, und herzlich erbot sie
    sich, es selbst zu holen, und als der Vater schwieg, sagte
    sie, um ihm jedes Bedenken zu nehmen, sie könne auch 
    die Hausmeisterin darum schicken, aber dann sagte der
    Vater schließlich ein großes „Nein“, und es wurde nicht
    mehr davon gesprochen.
    Schon im Laufe des ersten Tages legte der Vater die
    ganzen Vermögensverhältnisse und Aussichten sowohl 
    der Mutter, als auch der Schwester dar. Hie und da stand
    er vom Tische auf und holte aus seiner kleinen Wert-
    heimkassa, die er aus dem vor fünf Jahren erfolgten Zu-
    sammenbruch seines Geschäes gerettet hatte, irgendei-
    nen Beleg oder irgendein Vormerkbuch. Man hörte, wie 
    er das komplizierte Schloß aufsperrte und nach Entnah-
    me des Gesuchten wieder verschloß. Diese Erklärungen
    des Vaters waren zum Teil das erste Erfreuliche, was
    Gregor seit seiner Gefangenscha zu hören bekam. Er
    war der Meinung gewesen, daß dem Vater von jenem 
    Geschä her nicht das Geringste übriggeblieben war,
    zumindest hatte ihm der Vater nichts Gegenteiliges ge-
    [  ]
    sagt, und Gregor allerdings hatte ihn auch nicht darum
    gefragt. Gregors Sorge war damals nur gewesen, alles
    daranzusetzen, um die Familie das geschäliche Un-
    glück, das alle in eine vollständige Hoffnungslosigkeit
     gebracht hatte, möglichst rasch vergessen zu lassen. Und
    so hatte er damals mit ganz besonderem Feuer zu arbei-
    ten angefangen und war fast über Nacht aus einem klei-
    nen Kommis ein Reisender geworden, der natürlich
    ganz andere Möglichkeiten des Geldverdienens hatte,
     und dessen Arbeitserfolge sich sofort in Form der Provi-
    sion zu Bargeld verwandelten, das der erstaunten und
    beglückten Familie zu Hause auf den Tisch gelegt wer-
    den konnte. Es waren schöne Zeiten gewesen, und nie-
    mals nachher hatten sie sich, wenigstens in diesem Glän-
     ze, wiederholt, trotzdem Gregor später so viel Geld ver-
    diente, daß er den Aufwand der ganzen Familie zu tra-
    gen imstande war und auch trug. Man hatte sich eben
    daran gewöhnt, sowohl die Familie, als auch Gregor,
    man nahm das Geld dankbar an, er lieferte es gern ab,
     aber eine besondere Wärme wollte sich nicht mehr erge-
    ben. Nur die Schwester war Gregor doch noch nahe
    geblieben, und es war sein geheimer Plan, sie, die zum
    Unterschied von Gregor Musik sehr liebte und rührend
    Violine zu spielen verstand, nächstes Jahr, ohne Rück-
     sicht auf die großen Kosten, die das verursachen mußte,
    und die man schon auf andere Weise hereinbringen wür-
    de, auf das Konservatorium zu schicken. Öers wäh-
    [  ]
    rend der kurzen Aufenthalte Gregors in der Stadt wurde
    in den Gesprächen mit der Schwester das Konservato-
    rium erwähnt, aber immer nur als schöner Traum, an
    dessen Verwirklichung nicht zu denken war, und die
    Eltern hörten nicht einmal diese unschuldigen Erwäh- 
    nungen gern: aber Gregor dachte sehr bestimmt daran
    und beabsichtigte, es am Weihnachtsabend feierlich zu
    erklären.
    Solche in seinem gegenwärtigen Zustand ganz nutzlose
    Gedanken gingen ihm durch den Kopf, während er dort 
    aufrecht an der Türe klebte und horchte. Manchmal
    konnte er vor allgemeiner Müdigkeit gar nicht mehr zu-
    hören und ließ den Kopf nachlässig gegen die Tür schla-
    gen, hielt ihn aber sofort wieder fest, denn selbst das
    kleine Geräusch, das er damit verursacht hatte, war ne- 
    benan gehört worden und hatte alle verstummen lassen.
    „Was er nur wieder treibt“, sagte der Vater nach einer
    Weile, offenbar zur Türe hingewendet, und dann erst
    wurde das unterbrochene Gespräch allmählich wieder
    aufgenommen.
    
    Gregor erfuhr nun zur Genüge – denn der Vater pfleg-
    te sich in seinen Erklärungen

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