Drucke zu Lebzeiten
verabschiedete, dankte sie für die Entlas-
sung unter Tränen, wie für die größte Wohltat, die man
ihr hier erwiesen hatte, und gab, ohne daß man es von
ihr verlangte, einen fürchterlichen Schwur ab, nieman-
dem auch nur das Geringste zu verraten.
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Nun mußte die Schwester im Verein mit der Mutter
auch kochen; allerdings machte das nicht viel Mühe,
denn man aß fast nichts. Immer wieder hörte Gregor,
wie der eine den anderen vergebens zum Essen auffor-
derte und keine andere Antwort bekam, als: „Danke, ich
habe genug“ oder etwas Ähnliches. Getrunken wurde
vielleicht auch nichts. Öers fragte die Schwester den
Vater, ob er Bier haben wolle, und herzlich erbot sie
sich, es selbst zu holen, und als der Vater schwieg, sagte
sie, um ihm jedes Bedenken zu nehmen, sie könne auch
die Hausmeisterin darum schicken, aber dann sagte der
Vater schließlich ein großes „Nein“, und es wurde nicht
mehr davon gesprochen.
Schon im Laufe des ersten Tages legte der Vater die
ganzen Vermögensverhältnisse und Aussichten sowohl
der Mutter, als auch der Schwester dar. Hie und da stand
er vom Tische auf und holte aus seiner kleinen Wert-
heimkassa, die er aus dem vor fünf Jahren erfolgten Zu-
sammenbruch seines Geschäes gerettet hatte, irgendei-
nen Beleg oder irgendein Vormerkbuch. Man hörte, wie
er das komplizierte Schloß aufsperrte und nach Entnah-
me des Gesuchten wieder verschloß. Diese Erklärungen
des Vaters waren zum Teil das erste Erfreuliche, was
Gregor seit seiner Gefangenscha zu hören bekam. Er
war der Meinung gewesen, daß dem Vater von jenem
Geschä her nicht das Geringste übriggeblieben war,
zumindest hatte ihm der Vater nichts Gegenteiliges ge-
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sagt, und Gregor allerdings hatte ihn auch nicht darum
gefragt. Gregors Sorge war damals nur gewesen, alles
daranzusetzen, um die Familie das geschäliche Un-
glück, das alle in eine vollständige Hoffnungslosigkeit
gebracht hatte, möglichst rasch vergessen zu lassen. Und
so hatte er damals mit ganz besonderem Feuer zu arbei-
ten angefangen und war fast über Nacht aus einem klei-
nen Kommis ein Reisender geworden, der natürlich
ganz andere Möglichkeiten des Geldverdienens hatte,
und dessen Arbeitserfolge sich sofort in Form der Provi-
sion zu Bargeld verwandelten, das der erstaunten und
beglückten Familie zu Hause auf den Tisch gelegt wer-
den konnte. Es waren schöne Zeiten gewesen, und nie-
mals nachher hatten sie sich, wenigstens in diesem Glän-
ze, wiederholt, trotzdem Gregor später so viel Geld ver-
diente, daß er den Aufwand der ganzen Familie zu tra-
gen imstande war und auch trug. Man hatte sich eben
daran gewöhnt, sowohl die Familie, als auch Gregor,
man nahm das Geld dankbar an, er lieferte es gern ab,
aber eine besondere Wärme wollte sich nicht mehr erge-
ben. Nur die Schwester war Gregor doch noch nahe
geblieben, und es war sein geheimer Plan, sie, die zum
Unterschied von Gregor Musik sehr liebte und rührend
Violine zu spielen verstand, nächstes Jahr, ohne Rück-
sicht auf die großen Kosten, die das verursachen mußte,
und die man schon auf andere Weise hereinbringen wür-
de, auf das Konservatorium zu schicken. Öers wäh-
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rend der kurzen Aufenthalte Gregors in der Stadt wurde
in den Gesprächen mit der Schwester das Konservato-
rium erwähnt, aber immer nur als schöner Traum, an
dessen Verwirklichung nicht zu denken war, und die
Eltern hörten nicht einmal diese unschuldigen Erwäh-
nungen gern: aber Gregor dachte sehr bestimmt daran
und beabsichtigte, es am Weihnachtsabend feierlich zu
erklären.
Solche in seinem gegenwärtigen Zustand ganz nutzlose
Gedanken gingen ihm durch den Kopf, während er dort
aufrecht an der Türe klebte und horchte. Manchmal
konnte er vor allgemeiner Müdigkeit gar nicht mehr zu-
hören und ließ den Kopf nachlässig gegen die Tür schla-
gen, hielt ihn aber sofort wieder fest, denn selbst das
kleine Geräusch, das er damit verursacht hatte, war ne-
benan gehört worden und hatte alle verstummen lassen.
„Was er nur wieder treibt“, sagte der Vater nach einer
Weile, offenbar zur Türe hingewendet, und dann erst
wurde das unterbrochene Gespräch allmählich wieder
aufgenommen.
Gregor erfuhr nun zur Genüge – denn der Vater pfleg-
te sich in seinen Erklärungen
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