Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)
unterlagen einem
strengen Reglement- sie würden sie nie an einer Arbeitselfe
vergreifen - oder doch? Der Arbeiter hatte nicht wie ein Lügner
gewirkt, seine Wut war echt gewesen. Was für ein furchtbares
Missverständnis. Noch eine Sache mehr, zu der er seinen
Großvater befragen musste.
Die sandfarbenen Mauern wichen dem blassen Gelb der
Behausungen der Landbewahrer. Das Viertel war schnell
durchquert, die meisten von ihnen lebten im Umland, nur die
wenigen, die sich um den Wald und das Land um den Fürstenhof
herum kümmerten, lebten in diesen Häusern. Musste man im
Arbeiterviertel noch den Hals recken, um etwas Natur zu
erspähen, weil sich das Grün auf die Innenhöfe beschränkte, war
die Liebe zu den Pflanzen, die so typisch war für die
Landbewahrer, in diesem Teil der Stadt nicht zu übersehen.
Die Gehsteige waren breiter und gesäumt von Beeten, in
denen Pflanzen aller Art umherwuselten. Ein Beet, schon halb
von der Sonne beschienen während die anderen noch im Schatten
lagen, war offensichtlich besonders begehrt. Etliche
Rosenstämmchen drängten sich aneinander und versuchten etwas
von der Sonne abzubekommen. Ein ganz junges Stämmchen hatte
es so eilig, dass es gegen Daans Hosenbein lief. Zitternd blieb die
Pflanze stehen und zog die Wurzeln so eng an sich heran, dass sie
beinahe umfiel.
Daan gab der Rose einen Stups. Blitzschnell fuhr sie die
Wurzel wieder aus, hoppelte ins sichere Beet und vergrub ihre
Wurzeln im Erdreich. Zu anderen Zeiten hatte sich Daan hier
immer Zeit gelassen, er liebte den Duft in diesem Viertel, in dem
es mal nach Wicken und Rosen, dann wieder nach Lavendel und
Pinien roch. Doch Ria wartete. Er beschleunigte seinen Schritt und
war schon bald am Rand des Tal-Gürtels.
Von hier aus konnte man beinahe das ganze Tal
überblicken; die Mitte mit dem Waldring, in dem sich der Hof
befand, war wie immer von dichtem Nebel umgeben, aber der
Gürtel lag grün im strahlenden Sonnenschein. Eine Vielzahl
einzelner Häuschen, dem von Seny recht ähnlich, tupfte das
saftige Wiesengrün der umgebenden Gärten mit schweren
Erdfarben. Braun, ocker, ziegelrot und grau lagen die mit Reet
gedeckten Heimstätten der reinrassigen Elfen da, zierliche Wege
zwischen den großen Grundstücken ersetzten die Mauern und
Pfade der Vorstadt.
Daan suchte das Haus von Senys Eltern am Waldrand und
hielt darauf zu. Gleich daneben war ein Einlass, der ihn in den
Innenring bringen würde.
*
"Passierschein?!"
Blödmann , dachte Daan. Tharenos kannte ihn von klein auf, und er
war allein. Für wen spielte er dieses Theater?
"Tharenos, ich habe wenig Zeit. Und ich muss zu meinem
Großvater."
Daan trat einen Schritt näher. "Also würdest du mich bitte
durchlassen?"
"Tut mir leid." Die Hellebarde sackte zu Seite und versperrte
Daan den Weg. "Erst den Passierschein. Bitte."
Was war nur mit den Wachen los? Aus dem Augenwinkel sah
Daan eine Bewegung am Wächterhäuschen. Eine schwarze
Uniform blitzte auf, das Ende eines Bogens tauchte kurz auf und
verschwand wieder. Daher wehte der Wind. Hedon elandilih
schon am Durchgang? Daan seufzte, zog seinen Passierschein aus
dem Mantel und gab ihn Tharenos. Der schaute über die Schulter
Richtung Wachhaus, faltete das Papier auseinander, warf einen
Blick darauf und fiel dann erst auf das Knie.
"Naatil, Harath."
"Hast du mich doch noch erkannt." Daan konnte ihm seine
Reaktion nicht verübeln; die Garde war Legende. Sobald jemand
von der Garde des Fürsten in der Nähe war, hielten sich alle ans
Protokoll, er selbst eingeschlossen.
Daan nickte freundlich und Tharenos erhob sich.
"Tritt zur Seite, Tharenos."
Der wand sich sichtlich. "Das geht nicht, Harath, es ist- es ist nur
ein-"
Daan reichte es langsam. "Ein was?" sagte er unfreundlicher als
beabsichtigt.
Ein Schatten ragte plötzlich neben ihm auf; er hatte den Gardisten
nicht näher kommen hören.
"Ein B-Passierschein", sagte der Hedon elandilih leidenschaftslos.
Er nickte Tharenos zu und der rannte los, ohne sich noch einmal
umzusehen.
"Ihr müsst hier warten, bis die Wache nachgefragt hat." Er sah auf
den Schein, las den Namen, sank ungebührlich kurz auf ein Knie
und sagte "Naatil, Harath."
Daan wanderte ruhelos hin und her, lief bis zur Hütte, schaute in
die Schneise die durch den Grenzwald führte, lief zurück, kickte
einen Stein weg, lief zur Hütte, hielt kurz inne und nahm dann
seine Wanderung erneut auf. Von hier aus waren es etwa zehn
Wegminuten. Rechnete man den Gang des
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