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Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition)

Titel: Dryadenliebe (Die Saga vom Waldvolk) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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atmete tief durch, strich
seinem Pferd noch einmal über den Hals und schloss die Augen
für den Übergang.
    Als er Tallynor hinter sich gelassen hatte, vergoldete die
Morgensonne den Wegesrand bis zur Brücke am Sägewerk. Es
war schon recht spät. Mhyrrdin trieb Tamarand zu einer
schnelleren Gangart an. Er wollte auf keinen Fall seine Ernte
verpassen. Waldmeisterduft stieg auf, als die Hufe seines Pferdes
die kleinen grünen Sterne streiften.
    Die Holzbohlen der Brücke am Sägewerk waren sicher noch
feucht vom Tau, also stieg er ab und führte die Stute. Auf der
anderen Seite, beim Sägewerk, hielt Mhyrrdin trotz seiner Eile
kurz inne, ließ sein Pferd aus dem Bach saufen und etwas von
dem saftiggrünen Gras fressen; bei den Sicca würde Tamarand
nicht viel finden. Ein erhebendes Gefühl das Sägewerk zu
betrachten; hier lebten Mathys erste Eltern, wie er erfahren hatte.
Und seit er letzte Nacht die Anwesenheit eines nahenden
Lebenslichtes gespürt hatte, war er recht sicher, dass sie bald
Grund zur Freude haben würden. Vielleicht würde er auf dem
Rückweg vorbeireiten und die gute Nachricht selbst überbringen?
Ach, nein, die Silbersterne. Er stieg auf Tamarand und gab ihr die
Hacken, dass der Jagdbusch nur so vorbeiflog und in der Ferne
schnell die gelben Baracken der Sicca zu sehen waren.
*
    Mhyrrdin schritt die Reihe zum dritten Mal ab. Er konnte es
nicht glauben. Die kleine Julie würde am Boden zerstört sein,
mehr noch, es würde sie ihre Seele kosten. Und er spürte noch
den Nachklang der anderen Seele, die gestern die dritte Ebene
passiert hatte auf ihrem Weg. Eindeutig keine Elfe, sondern
menschlich. Vielleicht war jemand anderes in dieser Nacht
schwanger geworden, zufällig? Aber dieser Reiz war niemals so
stark wie der eines Zurückgekehrten. Er verstand das einfach
nicht. Keine der Frauen vor ihm zeigte das charakteristische
Leuchten, welches er ohne Ausnahme bei Menschen, die
schwanger waren, wahrnahm. Er musste sich letzte Nacht
getäuscht haben. Es sei denn…
"Sind alle anwesend, die zu den Sicca gehören?" fragte er in
die Runde.
     
Ein freundlich aussehender Mann ganz vorn mit grauen Schläfen
meldete sich.
    "Fast alle, weiser Mhyrrdin. Nur Meike Bant nicht, ihr Mann
Faller ist Köhler, wisst ihr? Sie sieht im Morgengrauen immer mit
ihm nach den Meilern."
    "Aber das ist gegen die Regeln. Wenn ein Bundpartner stirbt, hat
sie die Siedlung zwei Monde lang nicht zu verlassen", sagte
Mhyrrdin ernst.
    "Hätten wir gewusst, dass ihr so früh kommt, wäre sie heute hier
geblieben, aber…" er stockte. "Es ist so, wir brauchen die Kohle
aus den Meilern. Die Eisebene ist nicht weit und es ist furchtbar
kalt hier im Winter. Letztes Jahr war es so kalt, dass
Griebelmücken in der Siedlung gesehen wurden. Wenn wir nicht
genug zum Heizen haben, dann ist es aus mit uns."
    "Schon gut, schon gut. ihr konntet nicht wissen, dass ich so früh
komme", antwortete Mhyrrdin. "Wann wird die Frau denn
zurückerwartet?" hakte er nach.
    "Gegen Mittag, zu der Zeit, zu der ihr das letzte Mal hier wart.
Wenn ihr in mein Haus kommen wollt, um zu warten, würde ich
mich sehr geehrt fühlen. Und meine Lissa natürlich auch."
Mhyrrdin seufzte. "Gegen Mittag, sagt ihr?"
    Er rieb sich das Kinn. "Nein, ich werde morgen früh noch einmal
wiederkommen. Sollte sie schwanger sein, wird sich das bis
morgen früh gewiss nicht ändern."
*
    Als er den letzten der acht Körbe voll hatte, beschloss Mhyrrdin,
es für dieses Mal gut sein zu lassen. Die Ernte war üppiger
ausgefallen als im letzten Jahr, obwohl er genug Blüten stehen
gelassen hatte um eine ordentliche Neuaussaat zu sichern.
Mit steifen Knien erhob er sich, steckte die Sichel in die
Halterungsschlaufe am Gürtel und strich seinen Kittel glatt.
    Dann trug er den Korb mit den silbernen Blüten in den Schatten
und verteilte den Inhalt wie die anderen Blüten auf den
ausgebreiteten Leinentüchern zur Trocknung. Es war Zeit
aufzubrechen und einen Boten zu Anouk zu schicken.
    Der Bote wartete schon am Portal, so wie vereinbart.
"Weiser Mhyrrdin, seid gegrüßt."
Mhyrrdin verbeugte sich, lächelte.
"Na, Timeon, alles in Ordnung bei Frau und Kindern?"
"Ja, Mhyrrdin, dank des Saftes den ihr mir gegeben habt, hustet
die Kleine auch nicht mehr."
     
"Sehr schön, dann zu unserem Auftrag. Richte der Hüterin aus,
dass…" er stockte.
    Ja, was eigentlich? Dass er zu neunundneunzig von hundert
Teilen sicher war, dass keine der Sicca schwanger war? Oder dass
er das Leben,

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