Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
fernhalten von Gagrein.
„Röwe? Röwe!“ Gatter stieß ihm gegen den Arm.
„Was denn?“
„Entschuldigung, wir waren uns nicht sicher, ob du zuhörst.“ Gatter machte sich klein, zog die Schultern zusammen, wie Leo überraschend zur Kenntnis nahm.
Er kannte diese Geste. Sie bedeutete soviel wie Entschuldigung , wenn man einen Ranghöheren verärgert hatte. Seinem Vater gegenüber hatte er die Geste oft gesehen, aber noch nie sich selbst gegenüber.
Leo stellte fest, dass er das nicht mochte. Er legte Gatter die Hand auf die Schulter. Er selbst war es, der sich entschuldigen musste. Die Stallaufseher waren hier zusammengekommen um zu beraten, und er hing nur seinen Gedanken nach.
„Tut mir leid, ich bin erschöpft, da sind meine Gedanken wohl abgeschweift. Worum geht es denn?“
Die anderen sahen ihn seltsam an, und Leo wusste warum. Sein Vater hätte nie einen Fehler zugegeben. Aber er war nicht sein Vater.
„Wir haben gerade festgestellt, dass du es warst, der die Pferde gerettet hat und nicht Fork.“ Fellen sah ihn an, auch er zog die Schultern zusammen. Offensichtlich war es ihm immer noch peinlich, dass er mit einer Mistgabel auf ihn losgegangen war. Im Nachhinein schauderte es Leo bei dem Gedanken daran. Nur gut, dass die anderen auf ihn gehört und Fellen gestoppt hatten, ein wütender Gager mit einer Mistgabel war brandgefährlich.
„Naja“, sagte Leo, „Immer hin hat Fork viele von den Fohlen gerettet, und ihr könnt ihm wohl nicht vorwerfen, dass er einen Teil des Bebens verschlafen hat.“
Gatter sagte: “Hätte Fork nicht wieder so viel getrunken, wäre er wach gewesen.“
Die Tür flog ins Schloss; Fork war zu Hause, und er hatte die letzten Worte wohl gehört.
„Du hast Recht, Gatter, und das war mir eine Lehre.“ Er ging zur Anrichte, griff sich eine Möhre aus dem Korb und biss hinein. Keiner sagte etwas. Krachend und kauend aß Fork die gesamte Mohrrübe auf und trank ein großes Glas Wasser, bevor er weiter sprach.
„Von heute an ist Schluss mit dem Apfelschnaps. Solange alles gut läuft, ist Geselligkeit eine feine Sache, aber mir ist heute klargeworden, dass wir im Krieg sind. Nur Röwes Umsicht ist es zu verdanken, das s keinem der Pferde etwas zugestoßen ist. Das hat mich wachgerüttelt.“
Er nahm die Apfelschnapsflaschen aus der Eiskiste und leerte sie eine nach der anderen in die Spüle. Mit jedem neuen Glucksen schien Gatters Gesicht länger zu werden.
Schließlich wandte Gatter sich an Leo.
„Es ist schön zu sehen, wie Fork vernünftig wird, aber deine Eltern hätten auch gewollt, dass du herrschst.“
Leo lachte bitter. „Wer? Wirklich beide? Auch Trog? Oder nur meine Mutter?“
Gatter blieb stumm, senkte den Kopf.
„Also meine Mutter“, stellte Leo fest. „Und du sagst, deshalb soll ich es tun? Wohin soll das führen? Dahin, dass die Stuten die Hengste decken?“
Die anderen nickten beifällig. Jeder wusste genau, was galt. Der Mann bestimmte und basta.
Gatter begehrte auf.
„Natürlich nicht. Aber du musst auch sehen, was das Beste für alle ist. Die Leute sind verunsichert, die Pferde sind unruhig, wer weiß, was noch alles auf uns zukommt. Wenn wir jetzt auch noch mit den Traditionen brechen, wird es unser Volk spalten. Der Krieg kommt, und wir sind geschwächt. Und am Ende sind die Pferde die Verlierer. Du hast es doch gesehen: Wärst du vorhin nicht dagewesen, wäre jetzt ein Viertel der gesamten Herde tot.“
Leo schauderte es; was für eine furchtbare Vorstellung. Er warf einen Blick zu Fo rk, der lächelte.
„Röwe, von mir aus we rd´ du es, ich habe mir mein Leben lang keine allzu großen Hoffnungen gemacht, Häuptling zu sein.“
Leo war hin und hergerissen. Er fühlte, wie sehr die Gager ihn brauchten; nicht nur jemanden, der ihnen sagte wo es la ngging, nein, sondern auch jemanden, der Lösungen fand – auch wenn er dabei neue Wege gehen musste.
Er seufzte.
„Ich kann es nicht tun, ich, ich bin mit jemandem zusammen.“
Es brach beinahe ein Tumult aus.
„Na und?“ „Endlich!“ „Das wurde auch Zeit!“ „Wie heißt sie denn?“ riefen die Aufseher durcheinander.
Leo holte tief Luft.
„Es ist keine Sie , sondern ein Er . Ich will und werde nicht ohne ihn leben. Und er ist kein Gager.“
Jetzt war es heraus. Die einsetzende Stille war so tief, dass man beinah den Schnee vor dem Fenster fallen hören konnte.
Erstaunlicherweise stellte Fellen sich hinter ihn.
„Na und? Das kommt sogar bei Pferden vor, wenn auch
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