Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
die Stellung halten, nicht wahr, Palaron?“
Palaron schaute Julie offen a n.
„Zeit hätten wir schon, und es wäre nicht das erste Mal, dass jemand hier seinen Posten für ein paar Stündchen verlässt; passiert ist dabei noch nie etwas. Aber ich werde euch trotzdem nicht begleiten. Dieser Landstrich macht mir eine Heidenangst, ihr werdet merken was ich meine, wenn ihr einen Fuß über die Grenze gesetzt habt. Wenn es nötig ist, werde ich es tun, aber da ihr drei alleine ganz gut zurechtzukommen scheint...“
Mathys antwortete.
„Ist schon gut, wir brauchen keine Begleitung. Wir sollen nur eine Blume pflücken, das werden wir schon noch hinbekommen, oder?“
Er sah sich zu Daan und ihr um, und Julie wurde es nun doch ein bisschen mulmig. Sie hatte Palaron als todesmutig kennengelernt. Damit, dass er hier Nerven zeigte , hatte sie nicht gerechnet. Ihr war nicht wohl dabei, aber sie nickte.
„Sicher. Wir kommen alleine zurecht. Zeigt uns nur den besten Eingang.“
Palaron nahm Go, der sich inzwischen vollends beruhigt hatte, am Zügel und führte sie wortlos zu einer Stelle, die genauso aussah wie alle anderen. Sicher, sie führte auf eine schneebedeckte Fläche, aber ansonsten war kein Unterschied zwischen der Stelle, an der sie standen und dem nächsten kleineren Felsen zehn Fuß weiter zu erkennen.
Palaron lächelte. „Ich habe es beim ersten Mal auch nich t gesehen“, sagte er. „Viel Glück.“
Von einem Augenblick auf de n anderen war der Mann verschwunden und ein pechschwarzer Wolf verschwand mit großen Sprüngen zwischen den Findlingen hinter ihnen.
Julie wäre am liebsten umgekehrt, dieser Ort ließ ihr die kleinen Härchen an den Armen zu Berge stehen, aber es gab kein Zurück. Sie musst diese Blume holen, für Tallyn und für die, die sie liebte.
Wenn sie es schon tun musste, konnte sie es genauso gut schnell tun. Julie trieb Go die Fersen in die Flanke, doch statt los zu galoppieren, dreht er den Kopf nach links und tänzelte nur auf der Stelle. Erst in diesem Moment sah Julie, warum Go ihrem Befehl nicht gefolgt war. Daan stand neben ihm, hielt ihn am Zügel fest.
„Hast du nicht was vergessen?“ fragte er.
Julie starrte auf den Tiegel in seiner Hand. Sie hasste die Eisebene jetzt schon.
Wie lange waren sie bereits unterwegs? Julie wusste es nicht. Die wenigen schwarzen Felsflecken in der endlosen Weiße waren schon vor langer Zeit verschwunden, nichts als blendende Helle umgab sie. Wäre Julie nicht von Zeit zu Zeit abgestiegen, um sich der Richtung zu vergewissern, sie hätte geglaubt sich überhaupt nicht von der Stelle zu bewegen. Das lag sicher auch daran, dass dieser unheimliche Schnee jeden ihrer Fußabdrücke löschte, sobald ihr Fuß ihn nicht mehr berührte. Vor ihr, hinter ihr, neben ihr – alles sah gleich aus. Nicht einmal der Wolfsschrund war eine Hilfe, denn schon nach wenigen Metern in der eisigen Wüste war eine Art milchiger Nebel aufgestiegen und hatte alles vor und hinter ihnen bedeckt.
Julie ging hinunter auf ein Knie und legte den Kopf schief. Die Linien zumindest waren deutlich erkennbar, si e waren auf dem richtigen Weg.
Sie wusste inzwischen, was Palaron gemeint hatte. Dieser Ort zog sie in seinen Bann, ganz ähnlich, wie es damals im Wächterswinkel der schwarze Arm getan hatte. Die Schneekristalle lockten glitzernd, sie zu kosten.
Wieder war eine Weile vergangen und Julie begann, trotz der warmen Kleidung zu frieren. Seltsamerweise war ihr an den Armen und Beinen sowie am Rumpf kälter als im Gesicht und an den Handgelenken; dort, wo sie die stinkende Paste aufgetragen hatte, war ihr fast warm. Julie spürte aber auch, dass sie einige Stellen im Nacken ausgelassen hatte. An diesen Stellen war es so kalt, dass sie meinte, Frostbeulen zu bekommen.
„Kalt, oder?“ rief Mathys.
„Das ist selbst mir zu viel!“ gab Daan zurück.
Julie schauderte vor Kälte. Sie zog einen Handschuh aus und legte Go die Hand auf die Schulter. Er fühlte sich genauso warm an wie immer. Wi e konnte das sein?
Vielleicht wurde es besser, wenn sie sich bewegten, so wie die Pferde?
„Wir steigen ab“, rief sie den anderen zu.
Im Gänsemarsch ging es weiter durch die lautlose Ebene, und tatsächlich schien die Bewegung der schmerzenden Kälte Einhalt zu gebieten. Julie bückte sich erneut, kniete sich, vorsichtig darauf bedacht nichts von dem tückischen Schnee an die Hände zu bekommen, hin und legte den Kopf schief.
Sie blinzelte verwirrt. Bisher waren immer
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