Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
in Wirklichkeit war. Doch Daan war weit weg, immer noch in Telemnar, und nachdem Ria aufgehört hatte sich über seine plötzliche Abreise aufzuregen, hatte sie die Ärmel hochgekrempelt und sich allein um alles gekümmert. Das war nicht ohne Verluste abgegangen: erst vorgestern war ihr Zeigefinger einem Hammerschlag im Weg gewesen, und nun reichte es gerade noch so zum Kochen und Limonade machen.
Julie mac hte es nichts aus zu helfen; wofür hatte man Freunde? Aber sie wünschte sich trotzdem inständig, dass Daan bald wieder auftauchte. Zum einen, weil sie sich Sorgen um ihn machte und er Mathys fehlte, zum anderen, weil Ria ohne ihn irgendwie nicht vollständig war. Sicher, sie bekam alles hin, aber sie lächelte kaum und war oft gereizt. Das wiederum bedrückte Tari, und da ihre Verbindung zum Wald noch schneller und direkter zu sein schien als die von Dendra, atmete der gesamte Wald Traurigkeit.
„Was meinst du, wann kommt er wieder?“ fragte Ria.
Eine ausw eichende Antwort war hier wohl besser, denn auf der dritten Ebene liefen die Uhren einfach anders. Wenn Daan da nur für zwei Stunden aufgehalten wurde, war er hier gleich einen Tag und eine Nacht länger fort, das wusste Ria genauso gut wie sie. Julie glaubte auch nicht, dass ihre Freundin von ihr einen exakten Zeitpunkt erwartete, eigentlich wollte sie wohl eher etwas Beruhigendes hören, denn genau wie Julie machte auch sie sich Sorgen.
„Sicher bald.“
Ria schien nicht gerade getröstet und Julie konnte es ihr nicht verdenken. Was, wenn einer der Risse genau auf seinem Weg aufgetreten war? Was, wenn Bamoth ihn gefangen genommen hatte? Es gab so viele Unwägbarkeiten.
Tari war au s dem Gebüsch aufgetaucht, die Haare verstrubbelt, einen großen Zweig hinter sich herziehend. Sie ließ den Zweig achtlos fallen und umarmte ihre Mutter.
„Ja, ganz bald. Heute.“
Ria hielt ihre Tochter auf Armeslänge von sich ab und sah sie an.
„Woher willst du das denn schon wieder wissen, kleiner Naseweis?“
„Er ist gerade wieder auf unsere Ebene gekommen, das spüre ich. Und so lange geht man doch nicht vom Portal bis hierher?“
Ria zuckte mit den Schultern. „Einen halben Tag vielleicht. Bist du dir ganz sicher?“
„Warum?“ fragte Tari.
„Nun, wenn du es bist, könnte Julie ihm entgegen reiten und ihm sein Pferd bringen. Also falls du Zeit hast“, schränkte Ria ein.
Taris Gesicht bekam einen abwesenden Ausdruck, sie schien durch sie beide hindurchzusehen.
„Tari!“
Ria stupste ihr e Tochter an der Schulter.
Tari schreckte auf. „Nein. Nicht ganz sicher. Aber sicher genug, um alles schön zu machen , falls er doch heute kommt.“ Sie zerrte den Ast an den Rand der kleinen Lichtung unter ihrem Baumhaus und legte ihn dort ab. Die Zweige hatten den Boden noch kaum berührt, da war sie schon auf der Leiter.
„Ich geh mein Zimmer aufräumen und da nn baden“, rief sie.
„Was war das denn gerade?“ fragte Julie.
„Wenn ic h raten müsste, würde ich sagen Daan kommt heute nach Hause, aber sie will nicht dass du ihm entgegen reitest“, sagte Ria.
Julie lachte. „Kleines Luder. Sie weiß ganz genau, dass ich dann nicht bei den Vorbereitungen helfen kann. Na, Daan war tagelang zu Fuß unterwegs, da wird ihn das kleine Stück nicht schrecken.“
Ria nickte fröhlich. „Ich werde ihm ein ganz besonderes Essen kochen, bestimmt ist er hungrig.“
Sie zupfte an ihrem Verband. „Den brauche ich, glaube ich, nicht mehr“ – Ria wurde rot, löste den Verband ganz – „ich will nicht, dass er mich so sieht.“
Der Finger war noch blau, aber der Nagel schien sich nicht zu lösen. Und nun, da Daan wieder zurückkam, würden auch keine neuen Verletzungen mehr hinzukommen, dachte Julie erleichtert. Alles war wieder wie es sein sollte; Tari rumorte oben in ihrem Zimmer, Ria suchte würzige Kräuter zusammen und Daan kam nach Hause. Summend begann Julie, den kleinen Platz zu fegen.
Keine drei Stunden später trat Daan auf die Lichtung. Er sah blass aus. Mathys und Julie sprangen auf, ließen aber Ria und Tari den Vortritt.
Ria stürzte sich auf ihren Mann, küsste ihn u nd besah ihn sich genau.
„Geht es dir gut? Du bist nicht verletzt, nein?“ fragte sie.
Daan schüttelte den Kopf. „Es geht mir gut.“
Tari war auch auf ihren Vater zugelaufen, blieb aber zwei Schritte vor ihm stehen und sah ihn aufmerksam an. Erst als er sagt e: „Komm ruhig her, meine Kleine!“ tat sie die letzten beiden Schritte und umarmte ihn
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