Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
gehört hatte. Er sprang auf die Füße und lief seinem Freund nach.
Leo schüttelte die Wassertropfen aus dem Fell. Es regnete seit Stunden und zu allem Überfluss war es stockdunkel vor der Höhle. Er musste der Wahrheit ins Gesicht sehen: Einen Wolf , der nicht gefunden werden wollte, fand man eben nicht in dieser Schlucht.
Ihm war eiskalt. Er zündete ein Feuer an und hoffte, das Ronan den Flammenschein sehen und nach Hause kommen würde.
Leo trocknete sich ab, ganz langsam, im Stillen hoffte er Ronan würde im Höhleneingang auftauchen und sehen, wie sehr er ihn gesucht hatte. So sehr, dass er Wind und Kälte und Nässe getrotzt hatte, um ihn zu finden.
Und er hasste Wind und Käl te und Nässe. Leo schniefte. Verdammt, er liebte Ronan. Er konnte das nicht, sein Platz war doch hier, an Ronans Seite. Die Gager brauchten ihn nicht, schlimmer noch, sie hatten ihn nie gewollt, nie verstanden. Ronan verstand ihn. Und jetzt war er da draußen und fror wahrscheinlich genauso, wie er gerade gefroren hatte und das war alles seine Schuld.
Le o zog sein Lager so dicht an den Höhleneingang, dass das Bettzeug gerade nicht nass wurde, kroch unter die Decke und legte den Kopf in die Ellenbeuge. So würde er Ronan auf jeden Fall sehen, sobald er nach Hause kam. Er starrte in die Dunkelheit, an Blaus Kruppe vorbei auf den Rand der kleinen Lichtung vor der Höhle, inständig hoffend, dort Wolfsaugen funkeln zu sehen.
Als ihm bewusst wurde, was er da tat, lachte Leo bitter auf. Er war wahrscheinlich der einzige verdammte Gager im ganzen Universum, der sic h wünschte, dass im Gebüsch neben seinem Pferd ein Wolf herumschleicht.
Das Feuer musste ihn einfach anlocken.
Irgendwann war auch diese Hoffnung dahin und Leo weinte sich in den Schlaf.
Leo schlug die Augen auf und schüttelte sich. Es regnete immer noch.
„Brrr.“
Seine Decke war nass, der Wind musste in der Nacht gedreht und den Regen direkt in die Höhle getrieben haben.
Er musste nicht neben sich fassen, um das Unglaubliche zu wissen: Der Platz neben ihm war zum ersten Mal seit vielen Jahren leer.
Leo s tand trotzdem auf, bürstete sein Fell, das durch den Regen erstaunlich weich geworden war, putzte sich die Zähne und machte Tee. Bestimmt hatte Ronan die Nacht bei seiner Schwester verbracht, warm und trocken. Da war er sicher. Und wenn Ronan gleich heimkam, mochte er auch Tee, nach diesem Wetterumschwung.
Wasser holen, Blau füttern, Blau tränken, Feuer neu entfachen, Teeblätter wegschütten.
Mit jeder Bewegung schob Leo die dunkle Ahn ung weiter von sich, dass es Ronan in der Nacht vielleicht doch nicht so gemütlich gehabt hatte und immer noch da draußen durch den Regen irrte.
Es war schon fast gegen Mittag, als Leo es nicht mehr aushielt und wieder in den Regen hinauslief. Wenigstens war es nun hell im Wald, gestern hatte man ja die Hand nicht vor den Augen gesehen. Er schaute hinter jeden dickeren Baum und jeden buschigen Strauch, denn inzwischen war er fast sicher, dass Ronan etwas zugestoßen sein musste. Er würde ihn doch nicht so lange allein lassen, halb verrückt vor Sorge, und dabei gemütlich bei Sarba einen Tee nach dem anderen trinken. Nein, dafür war Ronan einfach nicht der Typ.
Inzwischen rannte er mehr, als das er ging. Mal hierhin, mal dahin – war er an dieser Stelle nicht schon gewesen? Vielleicht war Ronan auch verletzt? Er lief schneller, doch nach einer Weile musste er stehen bleiben.
Leo keuchte, die Lunge tat ihm weh. Hier war er tatsächlich schon gewesen, er erkannte den bemoosten Felsen wieder. Wie lange suchte er schon planlos nach Ronan? So würde das nichts werden, er brauchte ein System.
Leo rief sich das Waldstück um die Lichtung herum ins Gedächtnis und zeichnete es mit einem Stöckchen unter einer Eibe in die Erde, weil es dort trocken war. Nachdem er die Umrisse festgelegt hatte, teilte er das Gebiet in neun kleinere Quadrate ein. Wen n er ihn so nicht fand, musste er mit Blaus Hilfe den Radius erweitern.
„Ronan.“ „Roonan!“ Leos leichte Sorge war massiver Panik gewichen. Acht der neun Quadranten waren sorgsam abgesucht, und zwischendurch war er sogar bei Sarba gewesen, doch auch dort keine Spur von Ronan. Zumindest hatte seine Schwester zugesagt, ihn suchen zu helfen, wenn er bis zum Einbruch der Nacht nicht wieder auftauchte, obwohl er ihr den Grund für ihren Streit gar nicht genannt hatte. Leo sah besorgt zum Himmel, der sich über den Wipfeln der Tannen im letzten Quadranten inzwischen
Weitere Kostenlose Bücher