Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
so ein Feld, und voilá, kein Mensch oder sonstiges Wesen hatte mehr Lust, das Hindernis zu überwinden.
Julie rief sich selbst zur Ordnung und sprang den Strohballen an, um etwas Kletterzeit zu sparen. Natürlich war das hier kein Spaß, es sollte auch keiner sein. Es herrschte Krieg und das hier war nötig, um eine winzige Chance im Kampf gegen die Gardesoldaten zu haben, die seit Kindertagen nichts anderes taten, als sich genau so vorzubereiten.
Sie schnaubte einen losen Strohhalm von der Oberlippe und ließ sich auf der Rückseite des Hindernisses vom Strohballen herunter gleiten. Die nächsten beiden Hindernisse mochte sie regelrecht.
Zuerst kamen mehrere lange Reihen von ausgelegten gestapelten Fassreifen, die es geschickt zu durchlaufen galt. Wenn man auch nur einmal fehl trat, fielen die lose aufgeschichteten Daubenhalter durcheinander und erzeugten fürchterlichen Lärm, was ziemlich peinlich war – immerhin wusste dann jeder, dass man es nicht hinbekommen hatte. Nach hinten hin wurden die Stapel immer höher, was es nicht leichter machte.
Doch Julie hatte keine Schwierigkeiten mit diesem Hindernis. Die ersten beiden Schritte machte sie immer vorsichtig, danach war sie so im Rhythmus, dass alles wie von selbst ging.
Inzwischen war sie am halben Feld der fortgeschrittenen Kämpfer vorbeigezogen, sie war gut in der Zeit. Knie um Knie zog sie hoch, auf den letzten Metern bis auf Hüfthöhe, dann war sie schon im Anlauf für das Ziehseil. Sie nutzte den Schwung des Anlaufs um die ersten Meter des steilen Hügels schnell hinaufzukommen, klammerte sich mit beiden Händen an dem rutschigen Seil fest und begann, sich in der Schlickrinne nach oben zu ziehen. So sehr Julie dieses Hindernis mochte – nicht zuletzt deshalb, weil ihr geringes Gewicht ihr hier gegenüber den Männern einen Vorteil verschaffte – so sehr hasste Aewore es wahrscheinlich. Die kam aus dem Fluchen gar nicht mehr heraus, wenn die abgekämpften Fortgeschrittenen nach ihrem Training ins Badehaus kamen und den ganzen Schlamm in den frei stehenden Holzzubern verteilten.
Julie tat die letzten Schritte und wuchtete sich über die Hügelkuppe. Da war ihr erster Feind. Das Balkenfeld.
Sie versuchte sich zu sammeln, aber sie spürte die Nervosität hundertmal deutlicher als den Funken Konzentrat ion, der ihr normalerweise half, ihre Mitte zu finden.
Sollte sie eine Weile stehenbleiben, um sich zu sammeln? Vielleicht wurde es dann besse r?
Keine Zeit für Ausflüchte, es würde nicht besser werden, sie musste es jetzt gleich versuchen, sonst verlor sie nur noch mehr Zeit.
Julie ließ noch einen Mitstreiter vorbei, dann stellte sie den rechten Fuß auf den ersten Balken und stemmte sich hoch.
Genau zwei Schritte weit schien alles gut zu gehen, dann stieg sie das erste Mal ab.
Inzwischen war das halbe Feld, das sie vorhin überrundet hatte, wieder an ihr vorbeigezogen, dabei war es nicht einmal besonders schlecht gelaufen. Julie war nur vier Mal von den Balken gefallen und dieses Mal nicht an der höchsten Stelle abgestiegen, die Anzahl der schmerzenden Prellungen hielt sich im Vergleich zu gestern also im Rahmen. Dennoch war ihre Laune auf dem Nullpunkt. Jetzt trennte sie nur noch das Schafott von dem Säcke-Feld mit den Pflaumenblütenpfählen, und dort würde Karim stehen und sie wieder so seltsam ansehen.
Die Wut über ihr e eigene Unzulänglichkeit gab Julie einen Adrenalinschub, wie jedes Mal an dieser Stelle. Vielleicht war das der Grund dafür, warum sie als einzige Frau keine Probleme mit dem Schafott, so nannten sie das klemmende, etwas über 1,50m lange Holzschott, welches den Durchgang zum Säcke-Feld versperrte und sich nur mit größter Kraftanstrengung nach oben aufschieben ließ. Es wirkte immer, als sei es total verkantet, bewegte sich dann aber sobald man es los ließ, mit unheimlicher Geschwindigkeit wieder nach unten. Julie hatte sich den Mechanismus einmal genauer angesehen, es handelte sich um eine armdicke Spiralfeder, die nur mit Mühe zusammenzuschieben war und sich sofort wieder auszudehnen versuchte – kein Wunder, dass das Holzschott so schwer zu bewegen war.
Die Anfänger durften nicht mehr damit trainieren, seit einem von ihnen fast der Arm abgetrennt worden war, als das Schafott zurückgeschnellt war. Die Heiler hatten alle Hände voll zu tun gehabt um das wieder in Ordnung zu bringen. Sie legte sich auf den Rücken, holte tief Luft, griff in die kleine Mulde am unteren Rand des Schotts und stemmte ihre
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