Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
sah sie überrascht an.
Sie kann meine Gedanken nicht lesen, das hätte ich mit Sicherheit gemerkt, da ist sie wirklich ein kleines bisschen ungeschickt. Aber das sie aus dieser Höllenkammer wieder herausgekommen ist...Respekt.
„Danke!“ sagte J ulie.
„Wofür?“ fragte Mathys.
Himmel, sie konnte so leicht in die Gedanken anderer eindringen wie ein heißes Messer durch weiche Butter fuhr. Sie musste nur noch herausfinden, wie man sich abschottete – das war möglich, sie wusste es. Das musste eine der Fähigkeiten der Hüterinnen vor ihr sein. Julie beschloss, ihre neue Fähigkeit noch eine Weile für sich zu behalten.
„Für alles. Besonders für´s Warten hier, ich freu mich so, dich zu sehen.“
Mathys sah zu Boden, und Karim antwortete für ihn:
„ Anouk hat uns aufgetragen, dich hier abzupassen. Sie hat gesagt, wir sollen dich sofort zu ihr bringen, wenn du herauskommst.“
„Ich hätte aber sowieso hier auf dich gewartet“, sagte Mathys verstimmt.
Wieder vernahm Julie eine Stimme, die nicht laut zu sein schien, aber dennoch deutlich hörbar war, und noch etwas geschah: sie konnte die Stimme von der vorhin unterscheiden. Es mussten Karims Gedanken sein, die sie gerade wahrnahm:
Die Beleidigungen lasse ich lieber weg, Julie muss nach so einer Anstrengung nicht auch noch damit konfrontiert werden, das Anouk so schlecht über sie denkt...
Julie schluckte. Das tat echt weh.
„Da wird sie wohl noch etwas warten müssen. Ich will erst meinen Arm versorgen lassen und mich dann frisch machen. Und etwas essen.“
Sie würde Anouk noch früh genug Bericht erstatten, wenn die nicht warten wollte, konnte sie ja zu ihr kommen.
„Zeig doch mal deinen Arm“, sagte Mathys.
Julie streckte ihm den Arm vorsichtig ein Stück entgegen, am Ellenbogen unterstützt von der anderen Hand.
Unendlich behuts am löste Mathys den schiefen Knoten oben auf dem Taschentuch und zog die starren, blutgetränkten Zipfel auseinander.
Julie schloss die Augen. Der Anblick des herau sstehenden Knochens hatte ihr vorhin gereicht, noch einmal würde sie sich das nicht ansehen, wenn es sich vermeiden ließ.
„Julie, wo hast du denn die Verletzung?“ fragte Mathys erstaunt.
Sie öffnete die Augen wieder.
„Das ist doch wirklich nicht zu übers...“
Weiter kam Julie nicht. Das Blut auf dem Taschentuch war noch da, und das auf dem Arm auch, aber die Beule war weg und die Haut schien geschlossen. Mit der gesunden Hand betastete Julie die Stelle vorsichtig und bewegte den Arm probehalber. Nichts. Kein heraus stechender Knochen, kein Schmerz, nur glatte Haut. Mit geronnenem Blut verschmiert, aber heile.
War die Verletzung genau so eine Einbildung gewesen wie das Auftauchen von Anouk in der Kammer? Oder wurde sie jetzt auch schon seltsam, wie Anouk manchmal?
Julie spuckte auf einen der beiden sauberen Zipfel des Taschentuchs und rieb damit die Stelle sauber, an der der Knochen vorhin durch die Haut geschaut hatte. Erleichtert bemerkte sie die feine weiße Narbe an ihrem Arm. Die war vorher eindeutig noch nicht dagewesen. Vermutlich war sie beim Verlassen der Kammer durch irgendeinen Zauber geheilt worden. Umso besser, dann konnte sie sich gleich auf den Weg ins Badehaus machen. Ein schönes Bad und etwas Leckeres zu essen, dann konnte sie sich auch vorstellen, Anouk gegenüberzutreten und sich für das Eindringen in die Kammer zu entschuldigen.
Anouk lag auf einem Sofa am Fenster, und selbst das helle Nachmittagslicht konnte die dunklen Schatten unter ihren Augen nicht von ihrem Gesicht vertreiben. Anouk hielt sich nicht mit langen Vorreden auf.
„Da bist du ja. Was hast du dir nur dabei gedacht ?“
Nicht einmal ein Hallo oder ein schön, dass du noch lebst ? Das war echt traurig. Aber sie musste das Spiel ja nicht mitspielen.
„Hallo Anouk. Wie geht es dir? Du siehst blass aus.“
Julie nahm Anouks Gedanken nicht wahr, das war auch nicht weiter verwunderlich, denn sie und Chris waren, genau wie einige der anderen Ratsmitglieder, meist abgeschottet. Da sie gerne gewusst hätte wie Anouk wirklich dachte und sicher war, dass die erste Hüterin sich von einer Gedankensperre nicht hätte abhalten lassen, versuchte sie tastend, die Abschottung zu umgehen. Das hätte sie besser nicht getan.
Sie kam problemlos zu Anouks Gedanken durch, sobald sie den Vorsatz auch nur gefasst hatte, aber was stürmte da auf sie ein? Chaos. Dunkle Bilder, Angst, Wut, Verzweiflung – kaum klare Gedanken, meist Bruchstücke von
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