Dryadenmacht (Dryaden-Saga) (German Edition)
ihren Erfolg freuen, das wusste sie.
„Komm, ich bring dich raus“, sagte Chris. Er ging zur Tür und öffnete sie leise, hielt sie weit für Julie auf.
Anouk schien zu schlafen. Julie drehte auf der Ferse und trat durch die Tür auf den Flur, doch zu ihrer Verwunderung schob Chris die Tür nicht einfach wieder zu, sondern trat hinter ihr auf den Gang.
„Julie, du musst Anouk verstehen. Die Stelle als Hüterin ist alles, was sie hat...“
„Wieso, sie hat doch auch dich?“ fragte Julie.
Chris verzog das Gesicht, als habe er Zahnschmerzen. „Ich liebe Anouk über alles, aber wenn sie sich zwischen mir und Tallyn entscheiden müsste, wüsste ich wohl, wie diese Entscheidung ausfallen würde. Einerlei, jedenfalls ist sie in letzter Zeit nicht sie selbst, nimm ihr das nicht übel.“
Er griff nach Julies Hand und gab etwas hinein, sah sie eindringlich an und legte den Finger auf die Lippen.
„Zu keinem ein Wort, nur zur Sicherheit“, flüsterte er.
Julie konnte es kaum fassen. Chris setzte sich über Anou k hinweg und gab ihr Faneas Zettel? Denn um was sollte es sich sonst handeln?
„Chris?“ Anouks Stimme war ohnehin schwach und durch die Tür noch mehr gedämpft, aber Julie konnte sie gut hören.
Julie umklammerte den Zettel in ihrer Hand.
„Sie ruft dich“, sagte sie.
Chris sagte: „Wie? Wie kannst du...“ Ein Lächeln ging über sein Gesicht. „Ahh, Elfenblut. Sie hat immer davon geträumt, auch einmal in diese Kammer zu gehen, weißt du das?“
Ein letztes Türenklappern, dann stand Julie allein auf dem Gang. Sie sah in ihre Hand. Tatsächlich, ein Zettel, aber nicht aus dem Pergament, auf dem Fanea ihre Botschaften verfasste. Auch die Schrift war nicht die von Fanea, wenngleich sie Julie bekannt vorkam. Es dauerte einen kleinen Moment, aber dann erkannte sie, dass die Formel Chris Schriftzüge trug und verstand, was passiert war:
Er würde sich niemals offen gegen Anouk stellen, aber er hatte ihr die Formel unbemerkt kopiert. Nur zur Sicherheit. Es musste wirklich schlecht um Anouk stehen.
Sie war noch nicht weit gekommen, als ihr Daan und Tari auf dem Flur entgegen kamen.
„Julie!“
Tari stürmte auf sie zu, umschlang sie fest mit beiden Armen.
„Ich habe es schon gehört! Du hast die Kammer geschafft, das ist großartig!“
Sie sah zu Julie auf. „Du siehst tatsächlich verändert aus, irgendwie – weiser...“ witzelte Tari.
Julie lächelte die kleine Elfe an, drückte sie ebenfalls, während Daan nicht so recht wusste, wohin er gucken sollte bei all der Umarmerei. Doch auch er freute sich sie zu sehen, das war ihm deutlich anzumerken.
„Glückwunsch, Julie, was für eine Leistung“, sagte er.
„Danke, ihr beiden.“ Julie strahlte. „Wo wollt ihr denn hin?“
Daan räusperte sich.
„Anouk hat uns einbestellt.“
„Alle beide?“ fragte Julie verdutzt. Selbst wenn sie Daan die gute Nachricht von der Rettungsmöglichkeit für die Portale persönlich überbringen wollte, sah es der alten Hüterin doch nicht ähnlich, zu so einer Besprechung ein Kind zuzulassen. Nun gut, Tari war nicht so jung, wie sie wirkte. Aufgrund der Vorsicht ihrer Eltern mit dem Aussehen einer Sechsjährigen geschlagen, musste sie sich manchmal fühlen wie Fanea damals, denn immerhin war sie schon dreizehn, aber selbst das schien Julie reichlich jung für eine solche Unterredung.
„Ja, alle beide“, antwortete Daan. „Ria fand das auch ziemlich empörend, zumal sie ausdrücklich nicht eingeladen war.“ Die Falte auf seiner Stirn zeigte Julie, wie seltsam er die Anweisung fand, aber sein abweisender Ton machte deutlich, dass er das nicht vor Tari diskutieren würde. Julie konnte das gut verstehen, die kleine Familie hatte eine harte Zeit hinter sich und bei Pubertierenden konnte eine einzige falsche Bemerkung für Tage die Stimmung verderben. Aber worum es ging hätte sie schon gerne gewusst, vielleicht hatte es auch etwas mit Tari selbst zu tun?
„Hat Anouk irgendetwas gesagt, worum es geht?“ fragte sie.
„Nein.“
Die Tür zu Anouks Kammer öffnete sich und Chris trat auf den Flur.
„Wusste ich doch, dass ich etwas gehört habe. Kommt herein, man lässt Anouk nicht warten“, sagte Chris.
„Nur einen Augenblick noch“, sagte Julie. Sie nahm Daan am Arm. „Hast du schon Nachricht von deiner Großmutter?“ fragte sie.
„Nicht ein einziges Wort“, antwortete Daan.
Ohne es zu wollen , fand Julie sich in Daans Gedanken wieder, und was sie sah, erschreckte sie
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